Eine digitale Baudokumentation sorgt für Kosteneffizienz und Prozessoptimierung. Wichtig sind klare Strukturen und eine hohe Usability, damit die vorhandenen Tools auch tatsächlich genutzt werden. Der Bau & Immobilien Report zeigt, worauf es bei den digitalen Lösungen ankommt und was sie können.
Bei der klassischen, analogen Baudokumentation werden Informationen oft handschriftlich auf der Baustelle festgehalten, sie stehen nicht sofort zur Verfügung und müssen zudem weiterverarbeitet werden. Das ist das Einfallstor für zahlreiche Probleme. »Es können Fehler passieren oder Informationen verloren gehen. Das kann vor allem beim Mängelmanagement fatale Folgen haben und teuer werden«, erklärt Ines Mansfeld, Architektin und Produktmarketing-Managerin bei 123erfasst.
Viele Informationen werden in Papierform festgehalten und erst im Nachhinein aus der Erinnerung ergänzt. Das ist zeitaufwändig und fehleranfällig. Nicht nur Lucas Winter, Managing Director Contakt GmbH, ist deshalb überzeugt, dass die Zukunft der Baudokumentation digital sein muss, um kosteneffizient und prozessoptimiert arbeiten zu können.
Technologisch ist das kein Problem, Lösungen dafür gibt es genug. Woran es oft scheitert, ist der Widerstand der handelnden Personen. »Die größte Herausforderung ist, ein offenes Mindset für Veränderungen zu schaffen«, sagt Winter. Baudokumentation muss gelebt werden – von allen Beteiligten. »Dokumentation kann nicht entstehen, wenn Werkzeuge nicht genutzt werden«, sagt auch Robert Hauptmann, Vorstand Project Networld AG.
Einigkeit herrscht auch darüber, dass eine hohe Usability enorm wichtig ist, um die Akzeptanz zu erhöhen. Außerdem basiert erfolgreiche Baudokumentation auf klaren Strukturen. Es muss klar definiert werden, wann wer welche Unterlagen zur Verfügung stellen muss. »Diese organisatorischen Spielregeln und Vorgaben finden sich im Idealfall in einem sogenannten Projekthandbuch wieder«, erklärt Hauptmann.
Aktuelle Lösungen im Überblick
- 123erfasst: Diese App wurde von einem Bauunternehmer speziell für den Bedarf auf der Baustelle entwickelt. »Damit kann die komplette Baustelle praxisnah vom Anfang bis zum Ende gemanagt werden – ohne Datenverlust«, erklärt Daniela Hetz. Der Funktionsumfang reicht von der Zeiterfassung über die Datenübergabe an die Lohnabrechnung, die Fotodokumentation, das Bautagebuch und die Disposition bis zu der Möglichkeit, in der App mit Formularen zu arbeiten.
Mit 123erfasst können Bautagebücher geführt werden und sind zentral verfügbar.
Für die Kommunikation stehen eine DSGVO-konforme Chatfunktion sowie Kommentarfunktionen zur Verfügung. Hinzu kommen noch die Erweiterung für das Mängelmanagement mit der App 123quality und der Desktopanwendung 123fleet für das Flottenmanagement mit der automatisierten Geräteverwaltung und -wartung.
»Alle diese Anwendungen arbeiten auf der Basis derselben zentralen Stammdaten«, erklärt Hetz. Mit diesem System aus einer Hand können viele Arbeitsschritte automatisiert erfolgen. »Jeder Kollege sieht, welcher Baustelle er zugeteilt ist und mit welchen Kollegen er arbeiten wird. Somit bedeutet der Einsatz von 123erfasst für uns eine bessere Übersicht sowie eine bedeutende Zeitersparnis. Darüber hinaus gewinnen wir Erkenntnisse für die Kalkulation neuer Projekte«, erklärt 123erfasst-Kunde Benedikt Egert vom Dachdeckerbetrieb Prange GmbH.
- Contakt: Die Baustellensoftware Contakt nutzt die Vorteile von Lean-Management und BIM, um Bauprojekte digital zu steuern und zu dokumentieren. »Eine zielgerichtete Baustellenplanung, die Erfassung der Felddaten mittels IoT und Apps ermöglichen die lückenlose und digitale Abwicklung und Dokumentation des Bauprojektes, erklärt Lucas Winter.
Beim Strabag-Projekt The Marks war es so möglich, rasch auf Abweichungen & Störquellen zu reagieren und geplante Tages- und Wochenziele einzuhalten. In einem Dashboard mit allen erfassten Daten wurden alle Bauleistungen überprüft und Taktabweichungen sichtbar. Ähnliche Arbeitspakete im Rohbau, etwa Wände, Decken, Stützen, wurden gegenübergestellt. »Damit wurde die beste Arbeitsweise sichtbar, was zu einer steilen Lernkurve innerhalb des Bauprojektes führte«, erklärt Winter.
- Projectnetworld: Diese All-in-One Cloud-Lösung mit einer Vielzahl an Bauprojektmanagement-Lösungen verspricht mit über 250 Features einfaches, schnelles und flexibles Arbeiten. »Mit einer einzigen Plattform werden alle Aufgaben im Bauprojekt abgedeckt«, erklärt Robert Hauptmann. Die Plattform ermöglicht es, das gesamte Projekt-Know-how digital zu dokumentieren und bestehendes Wissen nach Abschluss wieder in neue Vorlagen oder Projekte einzubringen. Die größten Unterschiede zu anderen Lösungen liegen laut Hauptmann in der Einfachheit, der Selbstadministration und der Flexibilität.
Durch die Selbstadministration können bei projectnetworld Projekträume selbst eingerichtet und bereits bestehende Daten importiert werden.
Die flexible Anpassung ermöglicht in wenigen Stunden eine maßgeschneiderte Arbeitsumgebung für die Projektteilnehmer*innen. Durch die Selbstadministration behält der Kunde die Hoheit über das System. »Freischalten, anpassen, arbeiten. Projekträume können selbst eingerichtet und bereits bestehende Daten importieren werden«, so Hauptmann.
Am wichtigsten sei aber die hohe Benutzerfreundlichkeit der Lösung. »Unsere Kunden haben wir vor allem mit Usability gewonnen«, ist Hauptmann überzeugt.
- Q Point: »Der wesentliche Erfolgsfaktor für eine kundenorientierte Baustelldokumentation ist eine kontinuierliche, automatisch erstellte und individualisierbare Dokumentation«, erklärt Thomas Leopoldseder, CEO Q Point Group.
Durch die Verwendung der Q Point Produkte entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von der Einbauplanung über die Bestellung und Lieferung bis zur Abrechnung, stehen dem Bauunternehmen detaillierte Informationen für die Baustellendokumentation zur Verfügung.
»Die cloud-basierten Systeme von Q Point erlauben einerseits einen langfristigen Zugang und andererseits auch den individuellen Zugriff des Kunden«, erklärt Leopoldseder. Standardisierte und durchgängige Dokumente oder individuelle Reports können auf Basis der großen Datenbasis für den gesamten Wertschöpfungsprozess sowohl für die Planung als auch für die Durchführung (»As-build-Dokumentation«) automatisiert bereitgestellt werden.
Neben Bausoftware, die für Aufgaben wie Mängelmanagement, Baudokumentation, Reporting, Abnahmen, Bestandsaufnahmen, Beweissicherung, Due Diligence, Zertifizierungen oder zur Aufgabenzuweisung eingesetzt werden, gibt es auch zahlreiche andere aktuelle Beispiele und Lösungen. Eine Übersicht ohne Anspruch auf Vollständigkeit:
- Autonome Maschinen, d. h. humanoide Roboter oder selbständig agierende Fahrzeuge, versprechen am Bau schnellere Abläufe, geringeres Verletzungsrisiko, weniger Personalkosten. 2020 haben Bauunternehmen weltweit rund 1,4 Milliarden US-Dollar in Roboter investiert.
- Künstliche Intelligenz und Big Data treiben Digitalisierung der Baubranche voran.
- BIM ist die Haupttechnologie im modernen Designwesen, visualisiert Projekte, schafft Flexibilität bei Prozessen und macht Änderungen und Entwicklungen leichter nachvollziehbar.
- Mit 3D-Druck werden Gebäude und Gebäudeteile rascher errichtet, der Materialverbrauch wird reduziert und ausgefallene Designmöglichkeiten ergeben sich.
- Mit IoT lassen sich Geräte einfach lokalisieren, ihr Verbrauch lückenlos überwachen, Wartungsbedarf wird automatisch erfasst und die Dokumentation und Berichterstellung vereinfacht.
- Drohnen sind fliegende Helfer bei Inspektionen, der Visualisierung des Baufortschritts und bei der Vermessung.
- Cloud-Dienste bieten hohe Mobilität, den Aufbau einer kostengünstigen eigenen IT-Infrastruktur, sprengen Grenzen der Datenspeicherung und helfen bei der Synchronisation.
- Die Virtual Reality ermöglicht die Navigation in einer realistischen, digitalen Umgebung, in der auch in Echtzeit mit Objekten interagiert werden kann. Die Augmented Reality besteht aus einer virtuellen Erweiterung der Realität um dreidimensional registrierte und in Echtzeit interaktive Elemente.
- Digitale Zwillinge bieten die Möglichkeit, verschiedene Szenarien mithilfe von Simulationen zu testen.
- Die Blockchain-Technologie bringt Transparenz während der Bauprozesse, macht sie offen, rationalisiert den Projekt-Workflow und erleichtert Zusammenarbeit sowie zeitnahe Entscheidungsfindung z. B. beim Zahlungsprozess, den Gebäudeinspektionen und Sicherheitsprotokollen.