Beton stellt seit jeher einen der wichtigsten Baustoffe für Industrie, Wohnbau und öffentliche Infrastruktur dar. Was bei der Ansicht eines Gebäudes allerdings die wenigsten bedenken, ist die genaue Zusammensetzung des Stoffs. Die FOTEC, das Forschungsunternehmen der FH Wiener Neustadt, untersucht in einem Forschungsprojekt tausende verschiedene Rezepturen und entwickelt Systeme, um die Qualitätssicherung einfacher, effektiver und sicherer zu gestalten.
Druckfestigkeit, Luftgehalt, Wassergehalt – das sind nur drei von mehr als 20 Parametern, in denen sich Betonrezepturen voneinander unterscheiden können. Dementsprechend viele verschiedene Betonsorten sind daher auch in der heutigen Produktion verfügbar: Mehr als 20.000 verschiedene Rezepturen kommen bei Betonherstellern wie Wopfinger Transportbeton Ges.m.b.H. zum Einsatz.
Um eine verlässliche Qualitätssicherung garantieren zu können, sind üblicherweise alle 400m³ (bzw. alle 200m³ bei besonderen Rezepturen) Betonprüfungen durchzuführen. Anstatt vieler physischer Messungen mittels Probekörperherstellung und Festigkeitsbestimmung im Betonlabor soll eine Möglichkeit geschaffen werden, die Druckfestigkeit anhand der Betonrezeptur zu berechnen. Hier kommen Algorithmen aus dem Bereich des Machine Learnings zum Einsatz.
„Mit verschiedenen Algorithmen erschaffen wir sozusagen Familien, damit in Zukunft mithilfe von künstlicher Intelligenz jede Betonrezeptur einer passenden Familie zugeordnet werden kann. Das führt im Überprüfungsverfahren im Rahmen der Qualitätssicherung zu mehr Effizienz“, erzählt FOTEC-Geschäftsführer Helmut Loibl.
Zusammenarbeit von Industrie und Wissenschaft
Im ersten Schritt des Projekts erfolgen Evaluierung und Vorbereitung der bestehenden Druckfestigkeitsalgorithmen sowie der vorhandenen Betonrezepturen, in einem zweiten Schritt wird ein Messsystem zur Ermittlung der Betonfestigkeiten etabliert. Danach werden Testszenarien, sogenannte Betoncluster erstellt und Übereinstimmungen mit den Testergebnissen aus den Ähnlichkeitsalgorithmen evaluiert.
Möglich macht das ein Projekt der FOTEC mit der Wopfinger Transportbeton – die Spezialistinnen und Spezialisten des Betonherstellers liefern das Know-how zum Herstellungsprozess von Beton, die FOTEC und Experten der FH Wiener Neustadt stellen ihr Wissen im Bereich der Technologien zu künstlicher Intelligenz zur Verfügung. Gefördert wird das Projekt vom Amt der NÖ Landesregierung im Rahmen des FTI-Programmes.
„Durch die Zusammenarbeit mit FOTEC können wir erstmals die Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz im Bereich von Qualitätssicherung und Produktoptimierung anwenden. Langfristig sehen wir darin ein hohes Potential zur Differenzierung in unserer traditionell konservativen Branche“, erklärt Hans-Jürgen Zeiler, Verantwortlicher für Qualitätsmanagement bei Wopfinger Transportbeton.
Vielversprechende Zwischenergebnisse
Wopfinger übernimmt die Probenherstellung, Messungen und bringt das Domänenwissen mit ein. Für die Gewinnung und Analyse der Daten ist FOTEC verantwortlich, ebenso wie für die Auswahl einer geeigneten Sensorik inklusive Datenaufbereitung für die Parameterfindung zur Erstellung der Betonfamilien.
Die ersten Ergebnisse sind bereits vielversprechend, eines ist aber dennoch klar: Der neue Ansatz wird eine echte Messung aufgrund der Betonnorm nie komplett ersetzen - jedoch den Aufwand und die Anzahl der echten Messungen entscheidend reduzieren.