Das neue Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetz führt zu einer völligen Umgestaltung des Fuhrparks. Bis zur verpflichtenden nachhaltigen Baustelle ist es nicht mehr weit.
Von Stephan Heid und Berthold Hofbauer, Heid und Partner
Die Begriffe »Nachhaltigkeit« und »Klimawandel« sind mittlerweile feste Bestandteile unseres Sprachgebrauchs geworden und somit auch Bestandteile unserer intersubjektiven und folglich gesellschaftspolitischen Realität. Konsequent findet diese (neue) Wirklichkeit schrittweise ihren normativen Niederschlag und zeigt dadurch den starken Umsetzungswillen des Europäischen Green Deals. Anders ausgedrückt: Die Umsetzung der Nachhaltigkeitswende wird rechtlich flankiert, wobei dem Bereich des öffentlichen Beschaffungswesens eine ganz besondere Bedeutung zukommt (vgl. Arztmann/Reisner, Green Public Procurement – Nachhaltigkeit in der Vergabe, NR 2021, 43).
Ein eindrucksvoller Beleg dafür ist der jüngst veröffentlichte Entwurf des Bundesgesetzes über die Beschaffung und den Einsatz sauberer Straßenfahrzeuge vom 3.5.2021 (u.a. abrufbar unter https://www.bmj.gv.at/themen/vergaberecht), der sich in seiner Wirkung auf alle öffentlichen Auftraggeber erstreckt (nicht nur auf Verkehrsbetriebe) und nichts weniger als die Umgestaltung des vorhandenen Fuhrparks vorschreibt. Für einen ersten Überblick legen wir die drei wichtigsten Punkte des Gesetzesentwurfes dar:
Neue Pflicht für die öffentliche Hand
Alle öffentlichen Auftraggeber sind ab dem 2.8.2021 dazu verpflichtet, bei der Beschaffung von Straßenfahrzeugen sowie bei deren Nachrüstung einen gewissen Mindestanteil an »sauberen« Fahrzeugen sicherzustellen (dies gilt unter anderem ab einem Gesamtauftragswert der Beschaffung von netto über 214.000 Euro). Bei Nichterreichung der »sauberen« Mindestanteile drohen hohe Geldbußen von bis zu maximal 450.000 EUR.
Saubere Fahrzeuge
Darunter sind emissionsfreie und emissionsarme Straßenfahrzeuge der Klasse M (leichtes Nutzfahrzeug und Bus) und der Klasse N (Lkw) zu verstehen. Als saubere schwere Straßenfahrzeuge (Lkw, Bus) gelten ausschließlich alternativ betriebene Fahrzeuge (z.B. Elektro, Wasserstoff, Biogas). Die Definition eines sauberen leichten Nutzfahrzeuges basiert hingegen auf bestimmten, maximalen Auspuffemissionen hinsichtlich CO2 und Luftschadstoffen. Konkret darf ein leichtes Fahrzeug nicht mehr als 50 g CO2 pro km ausstoßen und den Emissionsgrenzwert an Luftschadstoffen von 80 Prozent nicht überschreiten.
Bezugszeiträume
Im Gesetzesentwurf sind zwei Zeiträume mit unterschiedlichen Mindestquoten festgelegt, wobei sich der zweite Zeitraum mitsamt seinen Quoten ex lege automatisch wiederholt. So müssen im ersten Zeitraum bis 2025 10 Prozent der Lkws, 38,5 Prozent der Pkws und 45 Prozent der Busse »sauber« sein. Im zweiten Bezugszeitraum werden die Quoten erhöht, 15 Prozent der Lkws, 38,5 Prozent der Pkws und 65 Prozent der Busse müssen saubere Fahrzeuge im Sinne des Straßenfahrzeug-Beschaffungsgesetzes sein.
Auch wenn gegenständlich nur die zentralsten Verpflichtungen dargestellt wurden, verdeutlicht die gezeigte (empfindliche) Beschränkung des grundsätzlich freien öffentlichen Beschaffungswillens den steigenden Handlungsdruck auf die gesamte (Bau-)Wirtschaft. So erscheint beispielsweise der normative Sprung vom nachhaltigen öffentlichen Fuhrpark zur verpflichtenden nachhaltigen öffentlichen Baustelle nicht mehr allzu groß zu sein. Um mit den Worten von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu sprechen (Rede anlässlich des virtuellen Live-Event »Investing in climate action« der Europäischen Investitionsbank am 24.3.2021): Die »make-or-break« Dekade ist angebrochen – es gilt daher auch jetzt sein baugeschäftliches Konzept (und nicht nur seinen Fuhrpark) darauf auszurichten.