Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht Thomas Angerer, Geschäftsführer Facilitycomfort, über vielfältige Nachhaltigkeitsideen, gestiegenes Vertrauen durch die Krise und er erklärt, warum der harte Preiskampf oft gute Gründe hat.
Report: Wie hat die Coronakrise das Facility Management in den letzten 15 Monaten verändert?
Thomas Angerer: Die stärkste Änderung hat es sicher rund um das Thema Homeoffice und Mobile Working gegeben. Corona hat da aber nur als Katalysator gewirkt und eine bestehende Entwicklung verstärkt. Jetzt kehren immer mehr Leute ins Büro zurück, bei uns und bei den Kunden, und es zeigt sich, dass es in Zukunft einen Mittelweg geben wird. Daran wird man auch nicht vorbeikommen, wenn man als Arbeitgeber attraktiv sein will. Die Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird nicht mehr an der Anwesenheit gemessen, sondern am Ergebnis.
Report: Macht sich dieses Umdenken auch im Facility Management bemerkbar? Stichwort: ergebnisorientierte Ausschreibung für FM-Dienstleistungen statt Leistungsverzeichnissen?
Angerer: Das ist sehr stark vom Kunden abhängig. Man erlebt beides. Kunden, die Techniker vor Ort wünschen, und Kunden, denen das Ergebnis wichtiger ist. Von einem Trend zu sprechen, wäre aber sicher zu früh.
Corona hat aber neue Anforderungen an die Führung gestellt, Vertrauen spielt eine deutlich größere Rolle. Und wenn man zu seinen Mitarbeitern Vertrauen hat, bringt man vielleicht auch den Lieferanten mehr Vertrauen entgegen.
Report: Hat ein Ereignis wie Corona generell Auswirkungen auf zukünftige Vertragsgestaltungen?
Angerer: Es gibt schon Kunden, die das bei den Vertragsverhandlungen ansprechen. Wenn ein Ereignis wie Corona passiert, kommt es aber auch zu Anpassungen bei laufenden Verträgen. Da waren und sind wir mit unseren Kunden in guten Gesprächen und gemeinsam findet man in der Regel auch eine Lösung. Und die Veränderung in der Büronutzung wird am Facility Management nicht vorübergehen. Wenn der Nutzer einer Immobilie Änderungen hat, betrifft das auch den Betreuer.
Report: Mit welchen Auswirkungen?
Angerer: Wir als Facilitycomfort befinden uns gerade in einem strategischen Wandel und entwickeln uns in Richtung eines Komplettanbieters. Neben dem technischen und infrastrukturellen FM bieten wir auch Errichtungsdienstleistungen im Sinne eines Elektriker- oder Installateurbetriebes ab, wie z.B. PV-Errichtungen in Kooperation mit Wien Energie, und decken auch den HSE-Bereich, also Gesundheit, Sicherheit und Umwelt, ab. Und wir sind unter der Wiener Stadtwerke Dachmarke WSTW-Immo auch als Entwickler tätig. In dieser Funktion haben wir eben unser erstes Projekt fertiggestellt. Wir sind also sehr breit aufgestellt. Wenn bei einem Kunden weniger Dienstleistungen gefragt sind, gibt es andere Tätigkeiten, die ich anbieten kann. Durch die Breite unseres Angebots befinden wir uns auch auf einem stabilen Wachstumskurs.
Report: Wie ist das Interesse am Bauträgergeschäft?
Angerer: Wir haben unsere erste Immobilie beinahe fertiggestellt und stehen am Ende der Verwertung. Damit liegen wir etwas über Plan. Dazu haben wir zwei Projekte in der Entwicklung, eines in der Machbarkeitsprüfung und eines in der Planungsphase. Längerfristig betrachtet wollen wir eine Immobilie pro Jahr fertigstellen.
Report: Vor zehn Jahren haben alle von Nachhaltigkeit gesprochen, dann ist es ruhig um das Thema geworden. Jetzt nimmt es richtig Fahrt auf. Auch im FM?
Angerer: Beim FM stehen wir da, wo die Energiewirtschaft vor einigen Jahren gestanden ist. Da wurde Nachhaltigkeit zwar groß geschrieben, am Ende zählte aber doch der Preis. Dann kam die Zeit, als Preis und Nachhaltigkeit auf Augenhöhe waren, und jetzt wird die Nachhaltigkeit zum Must-have. Beim FM gilt immer noch: Es soll grün, aber vor allem günstig sein. Für ein wirklich nachhaltiges Gebäude braucht es aber einen ganzheitlichen Zugang, von der Errichtung über die Energieversorgung bis zum Betrieb.
Report: Was genau kann denn die FM-Branche für Energieeffizienz und Klimaschutz leisten?
Angerer: Als Betreiber ist es wichtig, die Anlagen korrekt zu betreiben. Wenn Heizung und Klimaanlagen richtig einreguliert sind, spart das dem Kunden Geld und schützt das Klima. Je nach Dienstleistungstiefe hat man da schon viel Einflussmöglichkeiten.
Report: Klimaschutz also dann, wenn der Kunde damit Geld sparen kann?
Angerer: Es gibt Kunden, die für eine grüne Lösung bereit sind, zu zahlen. Man merkt schon, dass das Thema wichtiger wird. Das gilt auch für uns intern. Wir wollen in diesem Jahr unseren CO2-Fußabdruck bestimmen und diesen in den nächsten Jahren sukzessive senken. Das wird in Zukunft zu einem Must-have werden.
Report: Welchen Beitrag kann Facilitycomfort zum Werterhalt und zur Wertsteigerung einer Immobilie leisten?
Angerer: Ein wesentliches Thema ist die ordentliche Betriebsführung und eine vorbeugende Instandhaltung. Dazu müssen sämtliche anvertraute Tätigkeiten sachgerecht abgewickelt werden, ob das im Brandschutz ist oder im Sicherheitsbereich. Da kann man Einfluss nehmen. Das Um und Auf ist aber die Predictive Maintenance.
Report: Der Preiskampf in der FM-Branche gilt als sehr hart. Überspitzt formuliert kaufen Kunden extrem günstig ein und wundern sich, dass nichts funktioniert. Wie gestaltet sich die Situation aktuell?
Angerer: Es wird immer wieder Angebote geben, die auch echte Kampfpreise darstellen. Das heißt aber noch nicht, dass jemand die Dienstleitung nicht erbringen will. Vielleicht will man sich auch ein neues Feld eröffnen. Aber natürlich ist der FM-Markt sehr umkämpft. Gerade aktuell ist er sehr schwer einzuschätzen, weil viel Kunden unmittelbar von Corona betroffen sind und natürlich versuchen, Kosten zu sparen. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Kunden, die die ganze Breite der Dienstleistungen angeboten haben wollen. Da sieht die Welt wieder ganz anders aus.
Es ist schwer abzuschätzen, wie sich die Preise entwickeln.
Wir als Facilitycomfort beteiligen uns nicht bei jeder Ausschreibung. Wir schauen genau, ob ein Projekt zu uns passt und wir die Dienstleistung gut erfüllen können. Wir machen nicht jeden Preiskampf mit, ein Auftrag muss auch in unsere Wachstumsstrategie passen. Das beginnt nicht zuletzt bei den verfügbaren Fachkräften.
Report: Wie geht es Facilitycomfort bei der Suche nach Fachkräften?
Angerer: Man spürt, dass es schwieriger geworden ist am Facharbeitermarkt. Man muss heute als Arbeitgeber attraktiv sein. Da geht es um Benefits, flexible Arbeitszeiten und Entwicklungs- und Aufstiegschancen. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist voll im Laufen. Da bietet uns die Breite des Konzerns schon Vorteile. Das ist für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon attraktiv.
Report: Wie ist Facilitycomfort bislang durch die Krise gekommen? Mit welcher Geschäftsentwicklung rechnen Sie?
Angerer: Ich blicke auf ein anspruchsvolles Jahr zurück, das wir sehr gut gemeistert haben. Auch wirtschaftlich haben wir gut abgeschnitten. Jetzt geht es darum, die Strategie hin zum Komplettanbieter, die wir uns im letzten Jahr vorgenommen haben, auf die Beine zu bekommen. Aufgrund der Breite an Dienstleistungen blicke ich sehr optimistisch in die Zukunft. Wie wichtig Diversität ist, hat die Coronakrise gezeigt.
Best of FM
Facilitycomfort: WIPARK Garagen GmbH
Seit Jänner 2017 übernimmt die Facilitycomfort das technische und infrastrukturelle Gebäudemanagement an rund 60 Standorten des Wiener Garagenbetreibers WIPARK Garagen GmbH. Das Projekt umfasst im technischen Bereich die Betreuung der Gewerke Elektro, Lüftung, Klima, Sanitär, Türen-, Tore- & Schrankenanlagen. Des Weiteren betreut Facilitycomfort Absturzsicherungen, Brandentrauchungsanlagen sowie Brandmeldezentralen inklusive einem 24/365 Störungsdienst für einen reibungslosen Betrieb über das ganze Jahr hinweg. Die 100% Tochter Hauscomfort übernimmt in dem Projekt das infrastrukturelle Facility Management, welches von der laufenden Unterhaltsreinigung bis hin zur jährlichen Garagengrundreinigung geht. Das Gesamtvolumen der 13.000 Stellplätze umfasst 240.000 Quadratmeter zu betreuender Fläche.
- Leistungsumfang: Technisches und infrastrukturelles Facility Management
- Vertragsbeginn: 01.01.2017
- Vertragsdauer: 4 Jahre
- Besonderheiten: Zusatzleistungen im Bereich der Objektsicherheitsüberprüfung nach ÖNORM B1301. Daraus etwaig resultierende Mängel werden in Abstimmung mit dem Kunden durch Facilitycomfort behoben.