Der Trockenbau präsentiert sich heute als Multitalent – egal, ob für Decke, Wand oder Boden. Durch die Vielzahl an Trockenbau-Unternehmen und den Variantenreichtum ist er Schlüsselgewerk im Ausbau.
Vorbei sind die Zeiten, in denen Ziegel, Mörtel und Beton zeitintensiv verarbeitet wurden, um nichttragende Raumbegrenzungen und Verkleidungen von Bauteilen anzufertigen. Der Trockenbau ist mittlerweile das Schlüsselgewerk im Ausbau und nimmt weiter an Fahrt auf. »Nur einfache Trennwände aufzustellen, das war einmal«, betont Ingrid Janker, Geschäftsführerin von Knauf.
»Heute sind Widerstandsfähigkeit, robuste Oberflächen, guter Schallschutz und Wirtschaftlichkeit in einem Produkt vereint die Anforderungen im modernen Wohnbau«, ergänzt Michael Allesch, Vertriebsdirektor bei Rigips. Das Angebot an leistungsfähigen Systemen und einzeln verwendbaren Bauteilen hat sich in den vergangenen Jahren enorm vergrößert – von Deckenverkleidungen und Unterdecken über Bodensysteme bis zu kompletten Innenraumgestaltungen. Die Möglichkeit, komplexe Anforderungen lösen zu können, hat sich vervielfacht, zeigt Janker anhand der neuen Veranstaltungslocation Libelle am Dach des Leopold Museums im Museumsquartier auf.
Bei diesem Projekt spielten Formbarkeit, Statik und Gewicht eine große Rolle. Realisiert wurde die Außenwand mit Aquapanel Cement Board von Knauf.
Bei all dem Variantenreichtum ist für den Trockenbauverband VÖTB eines zentral: die regelmäßige Schulung der Mitarbeiter, damit sie auf dem letzten Stand sind. Die Ausbildung der Mitarbeiter in den Trockenbau-Zulieferunternehmen empfindet er als sehr zufriedenstellend. Variotherm sieht Defizite in der Trockenbauausführung. »Sehr oft hinkt die Qualität der Ausführung den technischen Möglichkeiten der Produkte hinterher«, bemängelt Geschäftsführer Alexander Watzek.
Trocken voran
Bild oben: »Der Trockenbau entwickelt sich rasant, die Platten werden ständig weiterentwickelt. Im Moment stehen wir vor dem Problem, dass Rohstoffe ausgehen, es zu Lieferengpässen und Preiserhöhungen kommt«, informiert Manfred Schreiner, Präsident des VÖTB, selbst Trockenbauer.
Am Bau zählt heute schnell und leicht. Kaum ein Gebäude hat mittlerweile von Rohbau bis Fertigstellung eine längere Bauzeit als ein Jahr, früher waren es zwei Jahre. Für das Austrocknen der Ziegelwände fehlt die Zeit. Manfred Schreiner, Präsident des Trockenbauverbandes, verweist auf die Entwicklung beim Plattengewicht. »Früher wogen sie bei 10 mm Stärke pro m² 13 bis 14 kg, heute sind es bei 12,5 mm nur mehr 8 kg oder sogar weniger.« Das geringere Gewicht habe viele Vorteile. Der Nachteil des geringen Gewichts im tiefen Frequenzbereich kann locker durch eine andere Konstruktionsweise ausgeglichen werden. Für Synthesa sind Bausysteme entscheidend, die unkompliziert und rasch umsetzbar sind, um Räume gestalterisch und größentechnisch zu verändern. Darüber hinaus spielt das Thema Wohngesundheit und speziell im mehrgeschoßigen Wohnbau die Akustik eine immer wichtigere Rolle.
Hohes Potenzial für Weiterentwicklung
»Es bleibt keine Platte auf der anderen, egal ob aus Gipskarton, Zement, Holz, Metall oder aus Glas,« spricht Manfred Schreiner die rasche Entwicklung im Trockenbau an und verweist auf Innovationen wie Kühl- und Heizdecken. »Wir bewegen uns im Trockenbau Richtung Haustechnik und Fassade, die zementgebundene Trockenbauplatte fasst in Österreich langsam Fuß.« Damit sei Leichtbau nun auch im Nassbereich vertreten, in Schwimmbädern ebenso wie in Saunen, Dauerduschen im Fitnesscenter und Großküchen. Rigips bietet als wasserresistente Innovation die zementgebundene Trockenbauplatte Aquaroc, fermacell Powerpanel H2O und Knauf Aquapanel.
Wenn die Unterkonstruktion nicht nur verzinkt sondern zusätzlich mit Polyurethan beschichtet ist, lässt sich Trockenbau auch in Thermen und Solebädern realisieren. »Wir können mittlerweile nahezu das gesamte Gebäude in Trockenbauweise ausführen«, betont Schreiner zufrieden. Die positive Entwicklung lässt sich in Zahlen messen. 2020 hat der Trockenbau laut VÖTB einen Umsatz von 2,4 Mrd. Euro allein in Österreich erzielt.
Trockenbaumarkt stärken
Für den VÖTB-Präsidenten kämpfen Trockenbauer und deren Zulieferer noch immer mit einem Imageproblem. »Anfangs war Trockenbau negativ behaftet, mittlerweile neutral – ich wünsche mir, dass Trockenbau in aller Munde ist. Jedes Kind sollte wissen, was Trockenbau ist.« Immer noch werde er oft mit Trockenlegung verwechselt, weshalb der Verband eine gezielte Informationskampagne plant. Dem Endkunden muss näher gebracht werden, was hinter Trockenbau steckt – nämlich Ausbau und Leichtbau.
Eine Stärkung des Trockenbauportfolios fordert Knauf, Ingrid Janker sieht noch Luft nach oben, etwa im Bereich Außenwand in Leichtbauweise. Märkte wie Italien wären hier schon einen Schritt weiter. »Uns ist die Performance-Erhöhung unserer Systeme ein ständiges Anliegen«, informiert sie. Daraus ergab sich die Entwicklung der schlanken Wohnungstrennwand W115+, um mehr Wohnraum zu schaffen, ebenso wie einbruchssichere Wände in Trockenbauweise, um dem Thema Sicherheit verstärkt Rechnung zu tragen. Für Alexander Watzek ist gewerkübergreifendes Denken und Handeln u.a. in den Bereichen Brandschutz, Akustik, Heizen-Kühlen und Design wichtig.