Wirtschaftskriminalität kennt keine Grenzen und ist oft der Auslöser für monetäre Verluste oder Reputationsschäden. Wie man sich auf eine Compliance Krise vorbereiten kann und worauf es in der Krisenkommunikation ankommt, erfahren Sie hier.
Von Patrick Göschl und Sophie Chahin, PWC
Laut dem Global Economic Crime & Fraud Survey 2020 von PwC waren fast 50 Prozent der Unternehmen in den letzten zwei Jahren von Wirtschaftskriminalität betroffen. Allerdings können Unternehmen mit der richtigen Vorbereitung die Auswirkungen einschränken.
Ähnlich einem Boxenstopp während eines Formel-1-Rennens sollten die Rollen im Unternehmen für den Ernstfall im Vorhinein klar definiert werden. In der Compliance-Krise muss jeder, ganz gleich ob Compliance Officer, Rechtsabteilung, IT, Revision oder die Kommunikationsabteilung, wissen, welche Handgriffe zu tätigen sind. Um es auf den Formel-1-Boxenstopp umzulegen: Es sollten die richtigen Ersatzreifen bereit liegen, die Reifen an der richtigen Achse montiert werden und der Fahrer sollte nicht losfahren, bevor nicht alle Reifen montiert sind. Von Vorteil ist zudem eine gute und schnelle Abstimmung zwischen den Ansprechpartnern, gefolgt von einer einheitlichen Reaktion.
Folgende Punkte sollten im Vorfeld geklärt werden:
- Definition der relevanten Stakeholder und Ansprechpersonen samt Klärung von kurzfristigen Erreichbarkeiten
- Abgrenzung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten
- Schulung der Ansprechpersonen für den Kontakt mit Ermittlungs- und Aufsichtsbehörden
- Klärung der Verfügbarkeit sowie der Möglichkeit der zeitnahen gerichtsverwertbaren Sicherung von elektronischen Daten und Unterlagen in Papierform, damit diese für Untersuchungen verfügbar sind
- Festlegung konkreter Handlungsmöglichkeiten im Hinblick auf verdächtige Mitarbeiter
- Erstellung einer Checklist für den Ernstfall (z. B. Schreiben eines Hinweisgebers, Verdachtsfalls für betrügerische Handlungen, Hausdurchsuchung)
Durch das Auseinandersetzen mit einer potenziellen Compliance-Krise, die meist ohne Vorwarnung über ein Unternehmen hereinbricht, können Schäden am Vermögen sowie der Reputation des Unternehmens zwar nicht ausgeschlossen, dafür aber begrenzt werden.
Schaffung von Klarheit über die Vorwürfe
Forensische Sonderuntersuchungen dienen in der Regel der Bestätigung oder Widerlegung von Vorwürfen und Verdachtsmomenten. Dabei wird aus einem großen Haufen voller Puzzleteile, bestehend aus Buchhaltungs- und ERP-Daten, E-Mails, Interviews, Hintergrundrecherchen sowie weiteren Daten und Dokumenten ein möglichst umfassendes Bild zusammengesetzt. Zentral ist dabei die Verknüpfung der unterschiedlichen Fakten. Als Ergebnis sollten die klassischen W-Fragen beantwortet werden können: Was ist genau passiert? Wer ist verantwortlich bzw. wusste Bescheid? Welche Schäden gibt es? Und um aus der Vergangenheit auch etwas für die Zukunft zu lernen: Welche Prozesse und Kontrollen haben versagt?
Nicht selten kommt es vor, dass Sonderuntersuchungen mit langwierigen Abklärungen zum Thema Datenschutz und Arbeitsrecht beginnen. Besonders viele Fragen stellen sich in diesem Bereich bzgl. der privaten Nutzung von E-Mail Accounts und Mobiltelefonen im Unternehmen. Diese Fragen sollten soweit wie möglich bereits im Vorfeld abgeklärt werden.
Eine Sonderuntersuchung stellt somit für Unternehmen und Mitarbeiter eine Ausnahmesituation dar. Allerdings kann jedes Unternehmen, wie auch den Medien immer wieder zu entnehmen ist, schneller als einem lieb ist, Ziel einer Untersuchung werden.
Fazit
Mit der richtigen Vorbereitung können Compliance-Krisen strukturierter gemanagt werden und Untersuchungen laufen effizienter ab, denn wie Konfuzius schon vor langer Zeit erkannte: »In allen Dingen hängt der Erfolg von den Vorbereitungen ab.«
Worauf es in der Krisenkommunikation ankommt, erfahren Sie HIER