Freitag, Dezember 27, 2024
Mit KI zu langlebigen Dächern
Foto: Gilbert Waldner

Fraunhofer Austria und die FP-Unternehmensgruppe forschen gemeinsam an digitalen Methoden, die Feuchte in Dächern zu messen, die Daten online zu bewerten und damit die Nutzungsdauer wesentlich zu verlängern. 

Es ist der Alptraum aller Hausbesitzer: Schleichend undicht gewordene Dächer, durchfeuchtete Dämmstoffe und verfaulende Balken. Zu den Kosten für das neue Dach kommt noch der gewaltige Aufwand für die Abtragung des alten, außerdem die Entsorgung des Sondermülls. Denn ob die Gefahr eines Schadens besteht, war bisher meist erst zu spät sichtbar. Ein Forschungsteam des Fraunhofer Austria Innovationszentrums KI4LIFE in Klagenfurt und der Kärntner Spezialist für Gebäude-Außenhüllen, die FP-Unternehmensgruppe, kombinieren nun moderne Sensorik mit Methoden der künstlichen Intelligenz zu einem innovativen Diagnose-Tool. Dieses bewertet die Situation eines Daches automatisch und warnt rechtzeitig vor möglichen Schäden. Das „digitale Dach“ bringt nicht nur Sicherheit für Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, sondern schont auch die Umwelt durch die Vermeidung von unnötigem Bauschutt und verlängert die Lebensdauer dazu.

Künstliche Intelligenz erlaubt Prognose

Viele Faktoren beeinflussen, wann die Feuchtigkeit unter dem Dach kritisch wird: Flachdächer reagieren anders auf die Witterung als Steildächer, begrünte Dächer anders als nicht begrünte, Dächer mit Photovoltaikanlagen anders als Dächer ohne solche Anlagen. Durch kontinuierliche Messungen auf ihrem Prüfstand und unter realen Bedingungen via 2.000 Messpunkte in allen relevanten Bereichen unterschiedlichster Dachtypen hat die FP-Unternehmensgruppe in den vergangenen Jahren einen großen Schatz an Erfahrung und Messdaten gesammelt. Diese Daten werden nun systematisch durch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei Fraunhofer Austria analysiert und mittels Künstlicher Intelligenz zur Diagnose und Prognose verwendet. Ziel ist eine verlässliche Bewertung und eine kontinuierliche Überwachung des Zustands, um entscheiden zu können, ob die Feuchtigkeit unter einem Dach schon den kritischen Punkt überschritten hat oder die Dachkonstruktion noch – wie Experten sagen – „rücktrocknen“ kann. Davon hängt dann letztlich ab, ob und wann Sanierungsmaßnahmen nötig sind oder gar ein Abriss des alten Dachs droht.

„Bauen ist immer ein Kampf gegen das Wasser“, erklärt Otmar Petschnig, Geschäftsführer der FP-Unternehmensgruppe. „Im Zweifelsfall hat man bisher immer für den Abriss entschieden, wenn der Verdacht bestand, dass die Feuchtigkeit den Kampf gewonnen haben könnte. Das ist eine unglaubliche Verschwendung. Der Bau ist mittlerweile die Branche, die den meisten Müll erzeugt. Im Fall von Dachkonstruktionen wird leider oft abgerissen, weil man keine objektive Beurteilung kritischer Größen der Feuchtigkeit hatte. In unserem Forschungsprojekt haben wir diese kritischen Größen für alle Dämmmaterialien bestimmt. Sie bilden die Grundlage zu einer messtechnischen und nicht bloß gefühlten Beurteilung des Zustands der Dachkonstruktion sowie ihrer Fähigkeit zur Rücktrocknung. Das spart also nicht nur Kosten, es nützt auch der Umwelt.“

Photovoltaik ohne Risiko

Für all jene, die über die Errichtung einer Photovoltaikanlage nachdenken oder diese bereits installiert haben, sind die Ergebnisse ebenfalls höchst relevant. „In unserem Vorlaufforschungsprojekt hat sich gezeigt, dass auch die Verschattung von Dächern ein großes Problem darstellt. Photovoltaikanlagen führen zu Schatten und dieser zu einem anderen Temperaturverlauf, sodass ein an sich dichtes Dach plötzlich Probleme bekommen kann“, erklärt Otmar Petschnig. Führt die Verschattung nun dazu, dass ein Dach mehrfach erneuert werden muss, macht dies in der CO2-Bilanz den positiven Nutzen der Photovoltaikanlage zunichte. Das Prognosetool wird daher auch eine „PV-Readiness“ Überprüfung beinhalten, die Hausbesitzern Auskunft darüber gibt, ob die Errichtung einer Photovoltaikanlage ohne Risiko möglich ist.

Eva Eggeling, Leiterin des Fraunhofer Austria Innovationszentrum KI4LIFE, zeigt noch einen weiteren Aspekt auf: „Für uns ist nicht nur die Thematik an sich sehr interessant, sondern das Projekt beweist für mich auch, dass Methoden der Künstlichen Intelligenz für mittelständische Unternehmen höchst relevant sein können. Es ist ein Irrglaube, wenn man denkt, dass nur große Konzerne davon profitieren können. Wir bei KI4LIFE wollen KMU aktiv dabei unterstützen, diese Methoden anzuwenden, und es ist eine Freude zu sehen, was für einen großen Nutzen das den Unternehmen, der Gesellschaft und auch der Umwelt bringt.“

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