Freitag, November 29, 2024
Der Weg in ein neues Zeitalter: Wie äußere Einflüsse das Bauwesen beeinflussen

Die Zeichen stehen auf Veränderung: Digitalisierung, Klimawandel und Corona-Pandemie stellen die Baubranche vor teils nie dagewesene Herausforderungen. Diesen drei Pain Points widmeten sich die zehn Referenten der 3. Jahrestagung für Baurecht und Bau.

Ein wichtiger Schritt in die digitale Zukunft war bereits bei der Tagung selbst getan: Denn aufgrund der aktuellen COVID-19-Bestimmungen fand diese zum ersten Mal rein digital statt. Insgesamt betrachtet, steht das heimische Bauwesen vor einer rasch wachsenden Komplexität, die von der Pandemie beschleunigt auch massiv an Tempo gewinnt. Nicht nur die bereits erwähnten Pain Points spielen dabei eine wesentliche Rolle.

Position beziehen
Zu Beginn stand ein Blick zurück: Mit dem „Dialogforum Bau Österreich – gemeinsam für klare und einfache Bauregeln“ wurde vor vier Jahren eine Plattform gegründet, mit dem die Regeln im Bausektor vereinfacht werden sollen. Erste Ergebnisse: 73 Anträge auf Vereinfachung von Baustandards wurden gestellt. Einiges davon auch schon abgearbeitet: Mit der ÖNORM B 2204 „Ausführung von vertikalen Bauteilen“ wurden etwa sechs verschiedene ÖNORMEN zu einer zusammengeführt. Die Überarbeitung der ÖNORM B 8115-2 „Schallschutz und Raumakustik im Hochbau“ beendete wiederum Doppelgleisigkeiten mit der OIB-Richtlinie 5.

In seinem Einstiegsvortrag wies Robert Rosenberger (WKÖ) auf ein altbekanntes Phänomen hin: Im Zusammenspiel mit anderen Bauregeln lassen sich Normen oft schwierig anwenden. Für ihn ist es deshalb unverzichtbar, Problemfelder so genau wie möglich zu identifizieren und zu lösen. Als Beispiel nannte er einen Unfall auf einer Altbautreppe. Bei der Erfassung des Sachverhalts dienten plötzlich nicht die zur Zeit der Errichtung des Hauses geltenden Normen als Maßstab, sondern der aktuelle Stand der Technik. Genau hier entsteht ein gravierendes Problem für den Eigentümer, wenn es um die Nachrüstungspflicht geht. Deshalb müssen die Rechtssicherheit im Bauwesen erhöht und Technikklauseln für den Baubereich rechtlich verankert werden. Zudem wurde vereinbart, dass Regelwerke klar abgegrenzt sein müssen und es für Beteiligte auf den ersten Blick erkennbar sein soll, was als Norm und was nur als Empfehlung gilt.

Fettnäpfchen ausgeräumt: Klare und durchsichtige Regeln für Standards
Stefan Wagmeister (Austrian Standards) zeigte ergänzend dazu Lösungen anhand von konkreten Beispielen auf. So sollen Formulierungen klarer und besser verständlich werden. Die ÖNORM B 1300 war in seiner letzten Fassung immer wieder Ausganspunkt für Fehlinterpretationen von Anwendern. Die Neuausgabe beschreibt nun exakt, wofür, warum und in welcher Tiefe dieser Standard anzuwenden ist. Solch klare und durchsichtige Regelungen braucht es, um Handlungsrisiken zu minimieren, Kostenbelastungen zu senken und einen einwandfreien Dialog zwischen allen Stakeholdern zu sichern. Laut Stefan Wagmeister wurden wichtige Meilensteine bereits erreicht, trotzdem betonte er, dass „das Feuer weiter lodern muss“. Die Community wächst, es ist aber immer noch Platz für mehr Beteiligung. Das ist die Basis dafür, dass das Dialogforum Bau Österreich auch im Jahr 2021 erfolgreich weitergeht.

Außerordentliche Ereignisse und Einflüsse
Bei der diesjährigen Tagung gewannen vor allem äußere Einflüsse an Bedeutung. So sprach Annemarie Leser (Abteilung für Klimaforschung der ZAMG) über die Folgen der Erderwärmung. Rainer Mikulits (OIB) gab einen Überblick über die damit einhergehenden Konsequenzen für die Baubranche. Zum Beispiel müsse man sich konkret Gedanken über nachhaltige und recycelbare Rohstoffe machen und diese auch konsequent anwenden. Wie dieser Wandel bereits jetzt in der Baupraxis vollzogen wird, veranschaulichte Paul Track (RWT plus ZT GmbH): „Vor einigen Jahren waren Biolebensmittel noch eine Nische, heute finden wir sie in jedem Supermarkt. Jetzt müssen wir einfach biologischer bauen.“ Und das geschieht bereits mit diversen Grünflächen in Innenhöfen und bepflanzten Außenfassaden.

Leuchtturmprojekte aus Österreich
Am Ende der virtuellen Fachkonferenz nahmWolfgang Wiesner (Porr Bau GmbH) Bezug auf die aktuelle Pandemiesituation. Gemeinsam mit einem fünfköpfigen Team entwickelte er das öbv-Merkblatt: COVID-19/Vertrag – ein Leitfaden für partnerschaftliche Lösungen in der Krise. Dieses bildet eine wichtige Grundlage für Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Baubranche, die es so weltweit nur ein einziges Mal gibt. Mit der Verbreitung des Corona-Virus wird auch die Notwendigkeit einer fortschrittlichen Digitalisierung immer lauter. Bauverfahren wurden über die Jahre immer komplexer. Ein digitales Verfahren, an dem Bernhard Jarolim (Magistrat Stadt Wien) seit 2019 arbeitet, soll deren Einreichung und Prüfung vereinfachen.

„Wir erleben gerade alle nur denkbaren gesellschaftlichen Veränderungen. Wir erfahren, wie wichtig die Digitalisierung in Zeiten der Pandemie wird, wie uns der Klimawandel beschäftigt und sich Siedlungsstrukturen nachhaltig ändern – nicht zuletzt aufgrund von vermehrtem Home Office durch die Corona-Pandemie.“ Mit diesen eindringlichen Worten fasste Moderator Andreas Kovar die virtuelle Fachkonferenz zusammen.

Jeder der Vortragenden sowie auch Moderator Andreas Kovar beriefen sich auf die Wichtigkeit eines starken Zusammenhalts, stetigen Fortschritts, reger Teilnahme und auf den Willen, nachhaltig etwas zu bewegen.

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