Sonntag, Dezember 22, 2024
»Geschichte wiederholt sich nur selten«

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Ernst Vejdovszky, Vorstand der S Immo, warum Büroimmobilien auch in Zeiten von Homeoffice begehrt sind, warum die S Immo trotz Corona an ihrer langfristigen Unternehmensstrategie festhalten wird, Eigenentwicklungen im Vergleich zu den letzten Jahren aber an Bedeutung gewinnen könnten. Und er spricht offen darüber, wie man sich als Finanzvorstand und Aktionär fühlt, wenn der Börsewert des Unternehmens über Nacht halbiert wird und wie man darauf reagiert.

Report: Wir stecken seit März in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Nach der letzten großen Krise 2008/2009 sind die Immobilienpreise ziemlich nach oben gegangen. Wie wirkt sich die Coronakrise aktuell auf den Immobilienmarkt aus? Könnte sich die Geschichte wiederholen?

Ernst Vejdovszky: Geschichte wiederholt sich selten in gleicher Art und Weise. Aber natürlich gibt es immer wieder ähnliche Entwicklungen. Immobilienpreise sind stark von den Zinsen abhängig. Die werden mittel- bis langfristig sehr niedrig bleiben. Aber natürlich haben auch andere Faktoren wie die Wirtschaftslage und die Konjunktur Einfluss auf die Preise. Dasselbe gilt für die Kaufkraft oder ein sich änderndes Konsumverhalten. Das alles wirkt in die Preisentwicklung ein, wobei man stark nach Nutzungsart unterscheiden muss.

Report: Wie sehen die konkreten Auswirkungen aus?

Vejdovszky: Am eindeutigsten ist es beim Wohnen. Wohnimmobilien werden von den niedrigen Zinsen am stärksten profitieren, da werden die Preise steigen. Vor allem bei Immobilien, die sich an institutionelle Anwender richten. Wenn man heute die Wahl hat, ob man in eine zehnjährige Staatsanleihe investiert, wo man Negativzinsen zahlen muss, oder in eine Wohnimmobilie, dann fällt die Wahl nicht schwer. Selbst wenn man vielleicht nur eine Bruttorendite von zwei Prozent hat. Und sollte – wofür es überhaupt keine Anzeichen gibt – doch eine gröbere Inflation kommen, ist man mit einer Immobilie, die wertbeständig ist, ebenfalls auf der sicheren Seite.

Report: Wie geht es den Büroimmobilien? Da gibt es aufgrund des vermehrten Homeoffice ja viele negative Prognosen.

Vejdovszky: Es ist tatsächlich immer wieder zu hören, dass Homeoffice das Büro überflüssig machen wird. Das halte ich für Quatsch. Aus mehreren Gründen. Das Büro ist sicher der Ort, an dem Produktivität am größten ist, vor allem wenn das Büro gut gestaltet ist.Im Homeoffice fehlt die informelle Kommunikation.  Auch das ist ein Produktivitätsfaktor. Dazu kommen die Repräsentationsaufgaben eines Büros. Das Büro wird es also auch in Zukunft geben, es wird vielleicht anders aussehen. Enge Großraumbüros werden es schwer haben. Ich denke, dass der Bürobedarf je Mitarbeiter wachsen wird, durch das zusätzliche Homeoffice wird man aber weniger Fläche brauchen. In Summe denke ich, dass die Auswirkungen von Corona auf die Büroimmobilien überschaubar sein werden.

Report: Was ist mit dem arg gebeutelten Hotelmarkt?

Vejdovszky: Die Stadthotellerie ist natürlich schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Wir haben selbst Stadthotels, die um diese Zeit normalerweise eine Auslastung von 70 bis 80 Prozent hatten und jetzt mit 15 bis 20 Prozent das Auslangen finden müssen. Da ist die Frage, ob das eine nachhaltige Entwicklung ist oder ob das in drei Jahren alles vergessen ist. Ich persönlich glaube, dass es in drei Jahren vergessen sein wird. Corona ist eine furchtbare Gesundheits- und Wirtschaftskrise, aber die Menschheit hat schon Schlimmeres überstanden. Und wenn es dann einen Impfstoff gibt, wird es auch eine Rückkehr zur Normalität geben.

Report: Sie sagen, dass Wohn­immobilien profitieren werden, Büroimmobilien kaum betroffen sind und nur die Hotellerie aktuell einen schweren Stand hat. Merken Sie das auch jetzt schon bei den Preisen?

Vejdovszky: Auf jeden Fall. Die Preise für Wohnimmobilien gehen nach oben, vor allem dort, wo wir tätig sein. Die Preise, die heute in Berlin verlangt werden, sind andere als noch vor einem Jahr. Büros sind stabil. In der Hotellerie werden nicht alle überleben. Die, die durchkommen, werden aber wieder durchstarten.    

Report: Einige Mitbewerber haben ihre Strategie hinsichtlich Assetklassen aufgrund der Coronakrise geändert. Welche Auswirkungen hat die Krise auf die Strategie der S Immo? Sie haben ja schon in den letzten Jahren stark auf das Thema Wohnen gesetzt, aber 70 Prozent des Portfolios sind Gewerbeimmobilien?

Vejdovszky: Wir haben immer eine Diversifizierungsstrategie verfolgt, um das Risiko auf mehrere Assetklassen zu verteilen. Das hat sich bewährt. Natürlich werden wir jetzt kein Hotel verkaufen, sondern versuchen, diese Phase zu durchtauchen. Es gibt keinen Grund, unsere grundsätzliche Strategie zu ändern.

Report: Gibt es Pläne, in neue Märkte einzusteigen? Könnte auch Österreich wieder interessanter für die S Immo werden?

Vejdovszky: Das ist nicht die Zeit, um neue Märkte zu erschließen. Österreich ist immer ein interessantes Pflaster. Und wenn sich Opportunitäten auftun, stehen wir bereit.

Report: In den letzten Jahren waren die Bauunternehmen sehr gut ausgelastet, entsprechend hoch waren die Baupreise. Angesichts der Krise wird mit einem Auftragsrückgang gerechnet, was den Wettbewerb verschärfen und die Preise sinken lassen könnte. Werden dadurch Eigenentwicklungen für die S Immo interessanter?

Vejdovszky: Auf jeden Fall. In den letzten Jahren haben wir es bewusst vermieden, selbst zu bauen, weil die Baupreise wirklich sehr hoch waren. Das muss man jetzt genau beobachten, wie sich das verändert. Und da muss sich einiges ändern. Wenn man in den letzten Jahren in Berlin bauen wollte, hat man oft nicht einmal ein Angebot bekommen. Die Bauunternehmen ihrerseits haben keine Subunternehmen gefunden. Aber wir haben uns 2,4 Millionen Quadratmeter Brach- und Industrieflächen in der Nähe von Berlin gesichert. Da werden wir bald die Baurechte haben und dann schauen wir mal.

Report: Wenn wir kurz in Deutschland bleiben: Wie haben sich die einzelnen Märkte entwickelt? Neben Berlin hat die S Immo ihren Fokus verstärkt auf Sekundarstädte gelegt. Wurden Ihre Erwartungen erfüllt?

Vejdovszky: Auf jeden Fall. In acht von neun Städten ist unsere Strategie voll aufgegangen. Nur Magdeburg ist ein Sorgenkind. Leipzig hat sich toll entwickelt, ebenso Städte wie Halle, Erfurt oder Rostock. Nur Magdeburg hinkt nach.

Report: Welche konkreten Pläne hat die S Immo für die nächsten Jahre in der Pipeline?

Vejdovszky: Die 2,4 Millionen Quadratmeter in der Nähe von Berlin teilen sich auf über 30 Grundstücke auf. Man kann nicht alles gleichzeitig machen, aber wir haben aktuell fünf Projekte in Bearbeitung. Da hoffen wir, dass wir in einem Jahr das Baurecht haben. Auch in Berlin selbst haben wir zwei große Projekte, eines ist kurz vor Baubewilligung, das andere ist in Planung. Dazu haben wir Gewerbeprojekte rund um Wien in Vorbereitung, ebenso ein Projekt in Budapest und ein kleineres in Bukarest.    

Report: Wenn man sich die Entwicklung der Aktienkurse ansieht, dann hat die S Immo nach einer beispiellosen Erfolgsgeschichte in den letzten Jahren im März praktisch über Nacht die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Wie geht es dem Finanzvorstand, wenn er das mitansehen muss?

Vejdovszky: Nicht nur als Finanzvorstand, auch als Aktionär ging es mir nicht gut (lacht). Aber wenn man an der Börse aktiv ist, dann gehören solche Entwicklungen leider auch dazu. Das ist Teil des Spiels.

Report: Wie reagiert man in so einer Situation?

Vejdovszky:  Die Einflussmöglichkeiten auf Aktienkurse sind überschaubar. Wir tun alles, um die Anleger und Investoren von unserem Geschäftsmodell zu überzeugen. Unsere Hauptaufgabe ist es, den inneren Wert zu stärken und die Ertragssituation und die Werte der Gesellschaft zu verbessern. Dann wird sich der Aktienkurs den tatsächlichen Werten wieder annähern. Wie lange das dauern wird, ist aber schwer abschätzbar. Ich denke aber, dass es in einem Jahr wieder deutlich nach oben geht.

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