Der Corona-Lockdown hat die heimische Wirtschaft im ersten Halbjahr 2020 stark getroffen. Doch so wie die Baubranche insgesamt steht die Betonfertigteilbranche aufgrund von Auftragsüberhängen aus dem überaus starken Vorjahr und guten Bedingungen im Wohn- und zum Teil im Straßenbau trotz allem relativ gut da: Das geht aus dem aktuellen Konjunkturbarometer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB) hervor.
Geringe Zuwächse und Verluste halten sich in etwa die Waage. Im Industrie- und Gewerbebau kommt es durch fehlende Investitionen zu leichten Umsatzrückgängen, die dem Lockdown zuzuschreiben sind. Dennoch blickt die Branche positiv in die Zukunft und zeigt sich motiviert, einen klimaschonenden Weg aus der Krise zu finden. Die Beton- und Fertigteilbranche trägt durch sichere Arbeitsplätze und die Verwendung nachhaltiger Baustoffe einen großen Teil dazu bei. 79 Prozent der befragten Unternehmen zeigten sich dabei auch mit den Hilfsmaßnahmen der Bundesregierung „eher zufrieden“.
„2019 war wirtschaftlich ein absolutes Rekordjahr für unsere Branche. Im Vergleich dazu wird das heurige Jahr aufgrund von Corona weniger gut als 2019, aber insgesamt auf einem normalen Niveau verlaufen. Mit der bisher stabilen Auftragslage können wir trotz allem zufrieden sein“, kommentiert Franz Josef Eder, Präsident des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB), die Ergebnisse des aktuellen VÖB Konjunkturbarometers.
Der Wohnbau hat sich dabei als besonders krisenfest erwiesen und konnte stabile Umsätze verbuchen. Die positiven Entwicklungen sind hauptsächlich auf Auftragsüberhänge aus dem Vorjahr und damit einen sehr umsatzstarken Jahresstart 2020 sowie auf den Ausbau des Leistungs- und Produktportfolios zurückzuführen.
Der Blick in die Zukunft fällt in der ganzen Branche überraschend optimistisch aus: Für das Geschäftsjahr 2020 erwarten sogar 70 Prozent eine „eher zufriedenstellende“ Entwicklung ihres Unternehmens. Hierfür stellen Auftragsüberhänge aus dem Rekordjahr 2019 und eine stabile Auftragslage im ersten Halbjahr 2020 die Hauptgründe dar. Die meisten Unternehmen rechnen im zweiten Halbjahr 2020 mit stabilen Umsätzen oder nur leichten Rückgängen im Vergleich zum Vorjahr.
Die erwarteten Umsatzrückgänge führen die meisten befragten Unternehmen (sogar 92 Prozent) auf die allgemeine Wirtschaftssituation infolge der Covid-19-Pandemie zurück. Für 67 Prozent liegen die Gründe in der damit verbundenen schlechteren Auftragslage. Längerfristige Prognosen können aufgrund der derzeit sehr wenigen Ausschreibungen noch nicht getroffen werden.
Wohnbau und privater Sektor erweisen sich als krisenfest
Je nach Sektor und Region hat sich der dreimonatige Lockdown unterschiedlich auf die Branche ausgewirkt. „Der Wohnbau wurde von Corona kaum beeinflusst. Um diesen positiven Trend aufrechtzuerhalten, ist neben der Konzentration auf den Neubau besonders die Stabilität in der Wohnbauförderung erforderlich. Private Investitionen und Initiativen rund ums Haus nahmen im ersten Halbjahr 2020 deutlich zu. Kürzere Ausfälle sind in diesem Sektor auch bei einer schlechten Wetterlage üblich, somit hat der Lockdown hier im längerfristigen Vergleich kaum Schaden angerichtet“, erklärt Eder. Im Gegensatz dazu verlangsamt sich der Industrie- und Gewerbebau sowie der Bürobau deutlich.
„Fehlende Investitionen der Industrie treffen diese Sektoren stärker als andere. In allen Bereichen herrscht die Sorge, dass es als Folge des mehrmonatigen Stillstandes bei Bauverhandlungen im Frühjahr eine große Lücke bei den Baugenehmigungen geben wird. Die Folgen dieser Entwicklung werden sich 2021 zeigen und können durch effizientere Verfahrensabwicklung im zweiten Halbjahr 2020 noch abgefangen werden“, ergänzt VÖB-Geschäftsführer Gernot Brandweiner.
Hohes Potenzial für Fertigteilbauweisen
Was den Fertigteilsektor betrifft, erwarten sich knapp 60 Prozent der Befragten eine Steigerung der Marktanteile von Betonfertigteilen, womit die Fertigteilbauweise für die Mehrheit der befragten Unternehmen ein wichtiger Treiber der Baubranche bleibt.
„Neben der Zeitersparnis, die durch eine kürzere Bauzeit und einen hohen Vorfertigungsgrad gewonnen wird, spielt auch das Thema Nachhaltigkeit im Fertigteilbauwesen eine immer wichtigere Rolle. Hier brauchen wir jedoch dringend eine gerechtere Streuung der Fördermaßnahmen, da der derzeitige Plan keine Förderungen massiver Bauweisen vorsieht. Die Beton- und Fertigteilbranche sorgt sich daher berechtigterweise, dass aus dem großen Investitionspaket der Bundesregierung für die Land- und Forstwirtschaft viel Geld in den Holzleichtbau fließen wird“, kritisiert Eder den aktuellen Förderungseingriff in den fairen Wettbewerb.
Generell gesehen waren 79 Prozent der Befragten zwar mit den bisherigen Unterstützungen der Bundesregierung seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie „eher zufrieden“, sehen jedoch noch Verbesserungspotenzial. Die Hauptkritik der Branche richtet sich dabei gegen die einseitige Förderung der Holzwirtschaft seitens der Bundesregierung.
Eine Branche mit sicheren Arbeitsplätzen fördert Nachwuchs
Trotz der aktuellen Gesundheits- und Wirtschaftskrise plant eine überwältigende Mehrheit befragter Betriebe (95 Prozent), ihre Mitarbeiter zu behalten. Als wesentlichen Faktor für eine erfolgreiche Zukunft sieht die Branche auch die laufende Ausbildung des Nachwuchses an. „Die Anzahl der Lehrlinge bleibt bei den befragten Unternehmen gleich. Die Betriebe präsentieren sich nach wie vor als attraktive Arbeitgeber und suchen nach weiteren Auszubildenden im Bereich Betonfertigungstechnik“, so Eder. Demnach treffen 70 Prozent der befragten Unternehmen aktiv Maßnahmen, um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.
Jedoch müsse das Image des Berufs Betonfertigungstechniker noch mehr aufpoliert werden, um die Ausbildung gefragter zu machen. Dabei sei vor allem Social-Media-Marketing eine wirkungsvolle Maßnahme, um mehr junge Menschen zu erreichen. „Die Attraktivität des Berufs Betonfertigungstechniker kann durch zielgerichtete Bewerbung in sozialen Medien sicher verbessert werden. Die guten Rahmenbedingungen sind vorhanden, diese müssen verstärkt so an die Zielgruppe kommuniziert werden“, sagt der VÖB Präsident abschließend.