Donnerstag, Februar 06, 2025
»Wir haben schon in BIM  gedacht, bevor es den Begriff gab«

Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Michael Resch, Geschäftsführer von rtech engineering und BIM-Experts, warum Kreativität im Bauprozess keinen Platz hat, warum BIM hierzulande auch an den Kalkulationsrichtlinien scheitert und warum BIM ohne die richtige Expertise teuer werden kann.

Report: BIM-Berater gibt es viele. Was unterscheidet BIM-Experts von anderen Unternehmen?

Michael Resch: Wir kommen aus der Gebäudetechnik. Dort liegt unser Fokus. Die meisten anderen BIM-Berater kommen aus dem Bauprozess und dem Baumanagement. Da wird Themen aus den Bereichen Heizungs-, Klima-, Lüftungs-, Sanitär- und Elektrotechnik oft wenig Beachtung geschenkt.

Aber gerade in diesem Bereich gibt es die meisten Komplikationen und Konflikte bei Bauprojekten. Vor allem dort, wo die Installationsdichte und Komplexität sehr hoch ist, wie etwa bei Krankenhäusern oder Laborgebäuden. Das ist unsere Kernkompetenz. Die Architektur ist die Notwendigkeit, um die Technik auslegen zu können.

Report: Ab wann ist BIM für Sie zum Thema geworden?

Resch: Die Firma rtech engineering wurde 2000 gegründet. Mit BIM beschäftigen wir uns seit 2013. Aber auch ohne diesen Begriff zu verwenden, haben wir, was die Prozesse anbelangt, schon viel früher in BIM gedacht. Wir haben immer schon objektorientiert gearbeitet und geplant. Es geht darum, dass das Objekt weiß, was es ist, dass es Abhängigkeiten zu anderen Objekten gibt. Das war uns immer schon wichtig. Dafür haben wir noch in AutoCAD-Zeiten viele Tools entwickelt. Revit ist die logische Konsequenz aus den Problemen, die man im CAD-Zeitalter hatte.

Report: Wo steht Österreich in Sachen BIM im internationalen Vergleich?

Resch: In Deutschland und Öster­reich ist der Planungsstandard sehr hoch. Die Detailtiefe kann man mit vielen anderen Ländern wie etwa Großbritannien gar nicht vergleichen. Deshalb ist es in anderen Ländern oft einfacher, mit BIM zu arbeiten. BIM tut sich in Österreich auch deswegen schwer, weil unsere Kalkulationsrichtlinien nicht auf diese Prozesse ausgelegt sind. Denn mit BIM vermischt sich die Entwurfs- mit der Ausführungsplanung. Und das ist so nicht vorgesehen.

Jedes Land hat seinen eigenen Planungsprozess und der muss mit dem BIM-Prozess verschmelzen. Deshalb lassen sich viele Länder nicht wirklich miteinander vergleichen. Möglich ist aber ein Vergleich mit Deutschland. Da kann man sagen, dass wir rund drei Jahre hinterher sind.

Report: Ist das auch ein Versäumnis der Politik? In Deutschland wurde der Stufenplan Digitales Planen und Bauen schon 2015 ins Leben gerufen.

Resch: Man muss ehrlicherweise sagen, dass der Markt in Österreich sehr klein ist. Deutschland ist da ganz anders. Als der Stufenplan ins Leben gerufen wurde, war das sicher ein wichtiger Schritt. Interessant war vor allem, wie schnell das Thema von privaten Auftraggebern übernommen wurde. Heute baut fast jedes Projekt auf BIM auf. In Österreich ist BIM für die Unternehmen oft ein Nachteil. Wenn ein Markt sehr klein ist, ist absolute Transparenz oft ein Hindernis. Dazu gibt es sehr starke Lobbys. In den Normungsausschüssen sitzt keine einzige Haustechnikfirma.

Report: Sie wollen das Thema aber dennoch vorantreiben. Wie gestalten sich die Gespräche mit den Unternehmen?
Resch: In Österreich ist das tatsächlich sehr schwierig. Neues wird eher kritisch betrachtet. Aber aktuell ist schon eine positive Entwicklung zu erkennen. Das war vor einem Jahr noch anders.

Report: BIM spielt ja vor allem auch im Betrieb seine Stärken aus. Kommt hier Druck von den späteren Nutzern?

Resch: Die As-built-Dokumentation ist natürlich ein wichtiges Argument. Aber derzeit fehlen noch die entsprechenden Normen, wie das genau auszusehen hat. Ich bin aber überzeugt, dass BIM und vollständige Datensätze in Zukunft eine Voraussetzung dafür sein werden, dass der volle Kaufpreis gezahlt wird.

Wir arbeiten im Moment an Forschungsprojekten, wo es darum geht, den Datenabgleich zu automatisieren. Die bes­ten Plandaten bringen nichts, wenn nicht sichergestellt ist, dass es auch so umgesetzt wurde. Investoren müssen sich aber darauf verlassen können.

Report: In einem öffentlichen Programm wie dem Schulentwicklungsprogramm SCHEP, bei dem in den nächsten zehn Jahren 2,4 Milliarden Euro in den Neubau und die Sanierung von Schulen fließt, wird BIM mit keinem Wort erwähnt. Wie ist so etwas zu erklären?

Resch: Ich denke, dass es einfach an Wissen und Know-how fehlt, auf Auftraggeber- und Auftragnehmerseite. Wenn ich als Auftraggeber keine Expertise habe, dann kann BIM schnell teuer werden. Da fehlt schlicht das Wissen, die vertraglichen Vorgaben richtig zu definieren.

Dass ein BIM-Modell natürlich auch für öffentliche Auftraggeber einen enormen Vorteil hätte, ist unbestritten. Wir haben das beim Krankenhaus Nord gesehen. Da sind wir mit 20 Firmen am Tisch gesessen und man kann die Aussagen der Firmen glauben oder nicht. Hätte man mit einem BIM-Modell gearbeitet, hätte man mit einem Knopfdruck gesehen, wie der Stand ist.

Report: Wie wird es mit BIM weitergehen?

Resch: Die Trennung von Ingenieuren, Technikern und Konstrukteuren wird bald der Vergangenheit angehören. Da gibt es derzeit einen Paradigmenwechsel. Heute gewinnt der technische Zeichner, auch BIM-Modeller genannt, deutlich an Potenzial. Die Projektleiter solle Themen der Projektleitung übernehmen und die BIM-Modeller sollen sich um den konstruktiven Bereich kümmern.

Das ist ähnlich wie in der Softwareentwicklung. Da bilden sich auch kleine Gruppen, die miteinander kommunizieren. Das ist eine andere, viel jüngere Kultur. Die Baukultur gibt es schon seit Ewigkeiten. Deshalb braucht es einen Kulturwandel, um die IT-fokussierten Projekte der Zukunft auch umsetzen zu können.

Report: Sprechen Sie damit auch aktuelle Managementtrends wie Agilität an? Auch da liegen die Wurzeln ja in der IT-Branche?

Resch: Da muss man vorsichtig sein. Der Bauprozess ist ja kein kreativer Prozess, Softwareentwicklung schon.

Report: Kreativität ist gefragt, wenn Schwierigkeiten auftauchen?

Resch: Das passiert in der Regel dann, wenn schlecht geplant wurde. Das kreative Element muss im Bauprozess so weit es geht ausgeschaltet werden.

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