Dass der Einsatz von Betonfertigteilen zeit- und kostensparend ist, ist weitgehend bekannt. Weniger bekannt ist, dass Betonfertigteile auch hohe Handwerkskunst sein können. Ein Wohnbauprojekt in Wien und eine historische Brücke im niederösterreichischen Mistelbach zeigen, dass Betonfertigteile die Vorzüge von industrieller Fertigung und Handwerk in sich vereinen können.
Ein Beispiel der handwerklichen Hochleistung von Beton ist ein Projekt der Alfred Trepka GmbH aus dem niederösterreichischen Ober-Grafendorf. In der Katastralgemeinde Siebenhirten, Gemeinde Mistelbach, wurde eine Brücke aus den Jahren 1927/1928 nachgebildet und im Herbst 2019 montiert. Das Besondere daran: Die Brücke befindet sich unter Denkmalschutz – daher musste die Planung und Errichtung unter strengen Auflagen des Bundesdenkmalamtes erfolgen. »Das äußere Erscheinungsbild des Neubaus der Brücke musste dem der alten Brücke genau entsprechen«, sagt Georg Wieder, Trepka-Geschäftsführer.
Die Tragwerke der Brücke bestehen aus mehreren Beton-Gitterträgern und die kunstvollen Brüstungen aus mehreren monolithisch gegossenen Elementen. Die Errichtung der Gitterträger war eine handwerklich durchaus aufwendige Arbeit – für eine längere Haltbarkeit wurde hier die Niro-Bewehrung eingesetzt. Damit die Bewehrung noch exakter hergestellt werden konnte, wurde zusätzlich noch eine Lehre gebaut. Damit kann eine 100-jährige Beständigkeit dieses Bauwerks gewährleistet werden. »Die neue Brücke besteht zum Großteil aus Betonfertigteilen, mit Ortbetonergänzung der Tragwerksplatten«, erklärt Wieder.
Für die Brüstungselemente wurde vorab ein Freigabemusterstück im Ausmaß von 1,5 x 1 Meter hergestellt. Auch hier verlief das Verfahrenmöglichst originalgetreu: Die Betonmischung und die Oberfläche wurden der damaligen Beton-Zusammensetzung mit Rundkorn und Grauzement nachempfunden. Dazu wurden sämtliche Oberflächen werkseitig sandgestrahlt: So hat man das Erscheinungsbild der alten Brücke optisch wiedergegeben. Sämtliche Aussparungskörper wurden millimetergenau gefräst, um höhere Herstellungsgenauigkeiten zu erzielen. »Die Fertigteilbrücke in Mistelbach stellt die größte handwerkliche Fertigteil-Kunst dar«, ist Georg Wieder stolz.
Handwerkskunst im Wohnbau
Aber auch im Wohnbau hat die »Handwerkskunst« aus Beton Fuß gefasst wie man etwa am PaN-Wohnpark am Areal des ehemaligen Wiener Nordbahnhofs erkennen kann. Das Projekt besteht aus drei Baukörpern, die so positioniert sind, dass keiner dem anderen den Ausblick auf den benachbarten Rudolf-Bednar-Park verstellt. Drei verschiedene Architekturbüros entwickelten ein gemeinsames Baukonzept, in dem der Baustoff Beton eine entscheidende Rolle spielt. So verleihen Betonsockel dem Erdgeschoßbereich eine entsprechende Robustheit. Neben den Betonsockeln wurden auch andere Gebäudeteile mit Beton gestaltet. Mit der Lieferung der Betonfertigteile war die BWR-Betonwerk Rieder GmbH & Co KG aus Maishofen in Salzburg beauftragt. »Für das Projekt PaN-Wohnpark wurden unter anderem die Wandplatten von uns geliefert sowie die Fenster- und Balkonbrüstungen aus Faserbeton. Für die Stützenverkleidung stellten wir Sonderfertigteile aus Beton her, genauso wie die verschieden großen Stützen und Träger am Gebäude«, sagt Peter Kerschbaumer, Rieder-Geschäftsführer. Als Besonderheit in der Bauausführung nennt Kerschbaumer die 25 Sonderanfertigungen der Stützenverkleidung, die »auf der einen Seite Stabilität und Robustheit widerspiegeln und auf der anderen Seite aber mit der Einfärbung des Betons modernes Wohnen versprechen«. Die Stützenoptik aus Beton setzt sich bei den montierten Fenster- und Balkonbrüstungen fort und sorgt so für ein einheitliches Design des gesamten Gebäudes.
»Diese Beispiele zeigen, dass man Betonfertigteile auch handwerklich bearbeiten kann. Damit können wir bei industriell gefertigten Teilen durchaus höchste handwerkliche Qualität erreichen«, sagt Gernot Brandweiner, Geschäftsführer des Verbands Österreichischer Beton- und Fertigteilwerke (VÖB).