Sonntag, Dezember 22, 2024
"Werden uns ein Stück weit neu erfinden müssen"

Der Bau & Immobilien Report erreicht UBM-CEO Thomas G. Winkler überraschend in seinem Büro. »Mir sind die Druckerpatronen ausgegangen, sonst bin auch ich im Homeoffice«, versichert Winkler lachend. Im Interview spricht er über den aktuellen Status der in Bau befindlichen UBM-Projekte und wie Europas größter Hotelentwickler möglichst unbeschadet durch die Krise kommen will. Die eine oder andere Kurskorrektur wird unausweichlich sein. Aber: »Ein Developer kann immer Geschäfte machen.«   

Report: Wie hat UBM in den letzten Wochen auf die Einschränkungen durch die Coronakrise reagiert?
Thomas G. Winkler: Ich bin sehr stolz darauf, dass Österreich sehr frühzeitig und streng auf die Coronakrise reagiert hat. Dasselbe gilt auch für die UBM. Wir haben schon am 2. März den UBM-Tag, unsere gruppenweite Mitarbeiterveranstaltung, abgesagt, also noch bevor die MIPIM abgesagt wurde. Da waren wir sehr früh dran. Und die ganze Mannschaft ist am 16. März geschlossen ins Homeoffice gegangen. Das fällt uns als Developer natürlich leichter als einer Baufirma. Aber das haben wir rigoros eingehalten, nicht nur in Österreich, sondern gruppenweit.

Report: Wie ist es Ihren Projekten in den letzten Wochen gegangen?
Winkler: Die vorübergehende Einstellung der Bautätigkeit hat schon zu einer Disruption geführt. Das betrifft aber nicht nur Österreich, auch in anderen Ländern kam es zu Verzögerungen aufgrund des Personalengpasses. In Prag entwickeln wir aktuell das Hotelprojekt Sugar Palace, leider war es unserem erfahrensten Hotelentwickler wegen Corona nicht mehr möglich, nach Tschechien einzureisen. Relativ reibungslos sind unsere Projekte in Deutschland gelaufen, obwohl man auch dort die Absenz von ausländischen Mitarbeitern, speziell aus Polen, gespürt hat. Wir waren auch von Anfang an sehr bemüht, sämtliche Schutzmaßnahmen wie Masken und Desinfektionsmittel auf den Baustellen zur Verfügung zu stellen.

Report: Die UBM ist vor allem im Hotelsegment stark. Kurzfristig ist die Hotellerie eine der am stärksten betroffenen Branchen. Wie gehen Sie mit der Situation um?
Winkler: Wir haben ein wesentlich ausgeglicheneres Portfolio als es unsere Marketingstrategie vermuten lässt. Das Hotelsegment ist unser Hauptdifferenzierungsmerkmal, aber tatsächlich besteht unsere Pipeline zu je 40 Prozent aus Hotel und Wohnen und 20 Prozent Büro. Aber natürlich ist die Hotelsparte aktuell unser Schwachpunkt.
Gerade in der Hotelentwicklung zahlt sich heute unsere Strategie der Risiko­minimierung aus. Auch in der absoluten Boomphase haben wir auf Forward-Verkäufe gesetzt, auch wenn wir zu einem späteren Zeitpunkt vielleicht mehr hätten verdienen können. Das heißt, alles, was 2020 fertig wird, ist bereits verkauft. Wir haben aber auch noch vier Projekte in Bau, die noch nicht verkauft sind. Da könnte es auch sein, dass wir unplanmäßig zum Bestandshalter werden, bis die Nachfrage nach Hotels wieder steigt. Das wird aber noch dauern. Das ist aber nicht so schlimm, weil wir die Hotels auch selbst betreiben können, wir sind schon jetzt Pächter von 13 Hotels.

Report: Mit welchen Verlusten rechnen Sie bei diesen 13 Hotels?
Winkler: Nach unseren ersten Berechnungen wird die aktuelle Situation unser Ergebnis vor Steuern mit rund zehn Millionen Euro belasten. Das basiert aber noch auf der Annahme, dass die Hotels bis Anfang Juni geschlossen sind. Die Annahme stammt vom 19. März, damals war das konservativ geschätzt, aus heutiger Sicht ist es eine eher aggressive Schätzung. Jeder Monat mehr, in dem die Hotels geschlossen sind, kostet uns eine Million Euro mehr. In dieser Annahme ist aber noch kein Entgegenkommen der Eigentümer enthalten. Die Einschätzung geht aber schon davon aus, dass es nach dem Hochfahren einen Aufschwung gibt, wie wir ihn vom 11. September oder nach der letzten Krise 2008/2009 kennen.

Report: Welche Auswirkungen wird Corona auf Ihre zukünftigen Entwicklungen haben? Ist ein Strategiewechsel, weg vom Hotel hin zu mehr Büro und Wohnen, denkbar?
Winkler: Lassen Sie mich mit einer Metapher antworten. Wir sind ein Schiff, das mit voller Fahrt in eine undurchdringliche Nebelbank geraten ist. Wir haben von Anfang an nicht damit gerechnet, dass sich der Nebel schnell lichtet. Wir haben die Fahrt daher maximal gedrosselt, um Treibstoff zu sparen. Unser Treibstoff ist Liquidität. Wir verfügen über 200 Millionen Euro an liquiden Mitteln, die wir eigentlich für Opportunitäten wie den FAZ-Tower vorgesehen haben. Diesen Treibstoff werden wir jetzt dafür verwenden, um bei verlangsamter Fahrt so lange wie möglich durch den Nebel zu kommen. Jetzt müssen wir schauen, wie die Welt um uns herum aussieht, wenn sich der Nebel lichtet. Erst dann können wir den neuen Kurs bestimmen.

Report: Aber es wird ein neuer Kurs sein und nicht der alte?
Winkler: Er wird sicher nicht ident sein mit dem alten Kurs. Aber aktuell kann man jeder Asset-Klasse mit Skepsis begegnen. Beim Wohnen kann man eine befürchtete Massenarbeitslosigkeit oder länger anhaltende Kurzarbeit in den Raum stellen, was die finanziellen Möglichkeiten der Konsumenten deutlich einschränkt und Wohnungskäufe nur schwer möglich macht. Ich glaube nicht an dieses Szenario. Denn es wird auch nach wie vor geerbtes Geld geben und die Sorge, dass es zu einer Geldentwertung kommt, wird die Nachfrage nach Immobilien steigen lassen. In der Assetklasse Büro werden viele sagen, dass durch die positiven Homeoffice-Erfahrungen in Zukunft weniger Büroraum benötigt wird. Meine Erfahrung ist, dass Menschen die Arbeits- und Privatwelt getrennt haben wollen. Wenn es durch die Coronakrise aber dazu kommt, dass Unternehmen schrumpfen und weniger Büroraum brauchen, ist es eher unwahrscheinlich, dass sie das in der Immobilie machen, in der sie gerade eingemietet sind. Da wird es Neuentwicklungen brauchen. Ich glaube aber auch, dass sich die Fläche pro Mitarbeiter durch Corona eher vergrößern wird.  Beim Hotel müssen wir uns sicher auf eine längere Durststrecke einstellen, aber da ist unsere Bilanzstärke ein Garant, dass wir das auch können. Ich kenne auch keine andere Assetklasse, in die ich jetzt hineindifferenzieren könnte

Report: Sie werden aber auch in Zukunft Entwickler bleiben und nicht als Immobilieninvestor aktiv werden?
Winkler: Auf jeden Fall. Wir halten an unserer Strategie des Pure Play Developments fest. Denn ein Developer macht immer Geschäft. In der Hochphase kann er teuer verkaufen, in einer Krisenphase kann er günstig einkaufen. Die Herausforderung ist, die Übergänge zu managen. Wenn Sie jetzt teuer eingekauft haben, könnte es schwierig werden, diese Immobilien am Markt zu platzieren. Es wird sich zeigen, ob wir derartige Objekte im Portfolio haben. Auf der anderen Seite können wir aber jetzt auch günstig investieren. Wir sind angetreten, um zu beweisen, dass Development nicht nur ein nachhaltiges Geschäftsmodell ist sondern es auch möglich ist, kontinuierlich Erträge sicherzustellen.
   
Report: Sehen Sie geografisch neue Märkte, die nach der Krise vielleicht interessanter sein könnten, als das vor der Krise der Fall war?
Winkler: Die geografische Diskussion ist bei uns halbjährlich auf der Agenda. Bislang haben wir uns immer dagegen entschieden, weil wir genug Opportunitäten auf den Märkten gesehen haben, auf denen wir bereits aktiv sind. Nach Corona werden die Opportunitäten in den Märkten noch mehr werden. Also sehe ich keinen Grund für eine geografische Diversifikation, die auch immer mit Einstiegshürden verbunden ist.  

Report: Wie bewerten Sie die schon länger anhaltenden Fusionspläne am heimischen Immobilienmarkt? Wäre das auch für die UBM ein vorstellbarer Weg?
Winkler: Wir sehen uns das sehr interessiert von der Seitenlinie an. Es führt dazu, dass der österreichische Markt auch international für mehr Interesse sorgt. Das wirkt sich auch positiv auf uns aus. Wir spielen aber nicht mit.

Report: Was wird von der Krise übrigbleiben? Wird der Bau- und Immobilienmarkt je wieder so sein wie vorher?
Winkler: Ich bin ein Freund des Kapitalmarkts. Und der zeigt, dass Bauunternehmen aktuell von der Situation profitieren. Die haben sich entweder sehr gut gehalten wie die Porr oder haben wie die Strabag einen enorm scharfen Rebound geschafft. Denn rational betrachtet wird es in Zukunft zu verstärkten Infrastruktur­investitionen kommen müssen. Und der Developer profitiert wie gesagt sowohl in der Krise als auch in der Hochphase. Mehr lässt sich aus heutiger Sicht schwer sagen.  Das Wichtigste, was ein Kapitän jetzt machen kann, ist, keinen Eisberg zu treffen.  Aber gerade als Hotelentwickler wird man sich ein Stück weit neu erfinden müssen.

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