Sonntag, Dezember 22, 2024
Kommunikation in der Krise
Foto: iStock

Nicht jede Krise schlägt so brutal und unerwartet zu wie Corona. Aber egal, wie groß die Krise ist, die Kommunikationsabteilungen der Unternehmen spielen auf jeden Fall eine Hauptrolle. Sie können Krisen zwar nicht wegzaubern, aber deren Auswirkungen abfedern.

Krisen gab es auch in der Vergangenheit immer wieder. Einige trafen einzelne Unternehmen, wie etwa der Elchtest, der Mercedes im Jahr 1997 nicht nur sprichwörtlich aus der Spur geraten ließ. Andere trafen ganze Branchen, wie etwa der Glykolskandal, der die heimische Weinindustrie über Jahre und Jahrzehnte in ein schlechtes Licht rückte.

Die Coronakrise stellt alle diese – im Vergleich – Minikrisen weit in den Schatten, die finalen Auswirkungen sind aus heutiger Sicht nicht einmal annähernd einzuschätzen. Auch wenn Corona beispiellos ist und kein Unternehmen ein derartiges Ereignis auf dem Schirm haben konnte, macht es für den weiteren Verlauf einen Unterschied, wie man auf eine Krise vorbereitet ist. Das betrifft nicht nur das Krisenmanagement an sich (siehe Seite 20), sondern auch und vor allem die Kommunikation nach innen und außen.

»Ein Unternehmen, das sich bereits im Vorfeld eingehend Gedanken über sein Krisenmanagement und seine Krisenkommunikation gemacht hat, geht mit einer Krise anders um«, sagt Jörg Schaden, Inhaber und Geschäftsführer der unter anderem auf Krisenkommunikation spezialisierten Agentur freecomm.

Die Auswirkungen einer Krise hängen wesentlich davon ab, wie gut Management und Mitarbeiter vorbereitet sind und entsprechend agieren. Gute Krisenstatements sind laut Schaden nicht zuletzt auch das Resultat eines gelebten Krisenmanagements und einer entsprechend funktionierenden Krisenkommunikation.

Bild oben: »Im Krisenfall erfolgt eine klare und bereits im Vorhinein geregelte Kommunikationsabfolge. Dabei werden zunächst die Fakten, die Auskunftspersonen sowie die einzelnen Schritte der Kommunikation definiert«, erklärt Matthias Pfützner, Pressesprecher der Kirchdorfer Gruppe. 

Auf den Plan kommt es an

Je größer die Unternehmen, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie einen Krisenplan haben. Dieser beinhaltet aber in vielen Fällen nicht die Kommunikation. »Aber wenn eine Krise ausbricht, geht es immer um Kommunikation«, sagt Schaden. Man kann die Krise nicht wegzaubern, aber mit der richtigen Kommunikation viele Auswirkungen abfedern. Es geht vor allem darum, richtig und schnell zu kommunizieren. Dafür braucht es einen Plan, der es Unternehmen ermöglicht, einen stetigen und zuverlässigen Informationsfluss zu Kunden, Partnern und Medien aufrechtzuerhalten.

Ein guter Krisen-Kommunikationsplan enthält eine Reihe von Protokollen oder Richtlinien, die festlegen, welche Schritte das Unternehmen in einem Notfall unternehmen sollte. Dazu gehört vor allem eine klare Hierarchie von Sprechern, Informations-Nehmern und Informations-Gebern. Also Richtlinien, wer welche Informationen erhält, wann er sie von wem erhält und über welche Kanäle sie verteilt werden.

Als der Bau & Immobilien Report – noch bevor Corona richtig groß wurde – bei Branchenvertretern unterschiedlichster Größe anklopfte, um über ihre kommunikative Krisenprophylaxe zu sprechen, stießen wir auf eine Mauer des Schweigens. Höflich, aber bestimmt wurden wir darauf hingewiesen, dass man sich zu diesem heiklen Thema nicht äußern möchte. Anders die Kirchdorfer Gruppe, die in Person von Pressesprecher Matthias Pfützner auch zu sensiblen Themen Stellung bezieht.

Krisenkommunikation bei Kirchdorfer

Bei einem Zementwerk, das noch dazu mitten im Ort steht, kann es schnell einmal zu einer Krise kommen, siehe HCB-Skandal von Wietersdorfer im Görschitztal. Deshalb gibt es in der Kirchdorfer Gruppe einen Krisenkommunikationsplan, der auf der Konzernrichtlinie zur Unternehmenskommunikation basiert und in regelmäßigen Abständen überarbeitet und aktualisiert wird.

Bild oben: »Keine Krise läuft so ab wie das Training, aber die Strukturen sind dieselben und es gibt Checklisten, die man abarbeiten kann«, weiß Kommunikationsprofi Jörg Schaden. 

Der Plan gilt für alle Unternehmen der Kirchdorfer Gruppe auf internationaler Ebene und für alle Mitarbeiter-Innen inklusive der Geschäftsführung. »Besonders in Krisensituationen ist es wichtig, als Unternehmen einheitlich nach außen aufzutreten«, erklärt Pfützner. Im Krisenfall gibt es deshalb bei Kirchdorfer mit Matthias Pfützner nur eine Auskunftsperson, die nach außen kommuniziert.

Die Führungskräfte sind aber laufend eingebunden, denn schließlich tragen sie die wirtschaftliche und soziale Verantwortung für das jeweilige betroffene Unternehmen. »In Abstimmung treten die Führungskräfte auch selbst als Auskunftsperson auf, sofern beispielsweise Expertenwissen gefordert ist«, sagt Pfützner.

Offen erzählt Pfützner, dass es bei Kirchdorfer auch vor Corona ein bis zweimal im Jahr zu Situationen kommt, bei denen von einer Krise gesprochen werden kann, wie beispielsweise bei Arbeitsunfällen mit Personenschäden oder Anlagenschäden mit nachhaltiger Betriebsbeeinträchtigung. Weil die Kommunikation in einer »Krisensituation« zu den heikelsten Themen im gesamten Unternehmen zählt, war es für Kirchdorfer auch in der Vergangenheit wichtig, fiktive Krisensituationen nachzustellen und für deren professionelle Bearbeitung externes Fachwissen einzubinden.

»Transparente und authentische Kommunikation ist der einzige Weg, in einer Krise für Ruhe und Sicherheit zu sorgen sowie den Betroffenen Orientierung zu geben. Das lässt sich auch am Beispiel der derzeitigen Corona-Epidemie gut beobachten. Für uns ist es deshalb unentbehrlich, laufend vorbereitet zu sein«, sagt Pfützner.


Fremd- und Selbsteinschätzung in der Krise

Laut einer marketagent-Studie von 2018 haben 48 % der Konsumenten bereits einmal aufgrund einer medialen Krise das Vertrauen in ein Unternehmen verloren sowie bereits einmal ein Produkt boykottiert (ebenfalls 48,2 %) – doch knapp zwei Drittel (63,6 %) der Unternehmen halten ihre Kunden für loyal.

Auch die Einschätzung der Medienvertreter widerspricht dem Selbstbild der Unternehmen: Nur 6,3 % der Journalistinnen und Journalisten meinen, Organisationen seien »gut« oder »sehr gut« auf Krisen vorbereitet! Unternehmen meinen jedoch zu 61,1 Prozent, »gut« oder »sehr gut« auf Krisen vorbereitet zu sein.


Vorbereitung  »Krisenkommunikation«

freecomm bietet mehrere Module zur prohylaktischen Krisenkommunikation an:

1. Workshop Krisen-PR und Krisen-Prophylaxe: Als Einstimmung zum Thema Krisenkommunikation wird am Produktions-Standort ein Halbtages-Workshop mit dem Ziel »Bewusstseinsbildung« für das Krisen-Thema abgehalten.
Teilnehmer: GF, Werksleitung + Mitarbeiter des Krisenteams.

2. »Krisen-Szenario«-Tag: Das »Durchspielen« zumindest eines konkreten Krisenszenarios mit dem gesamten Krisen-Team ist notwendig, um Inhalte, Abläufe und Schnittstellen zu erfassen und zu dokumentieren. Daraus wird in weiterer Folge ein Krisenhandbuch erstellt.
Nach einem Erstgespräch wird ein Krisenszenario mit konkretem Drehbuch/Ablauf entwickelt, das am Tag x durchgespielt werden soll. Das Krisenszenario wird aufgrund des Überraschungsmomentes dem Krisenteam nicht bekannt gegeben.

Das entwickelte Krisenszenario wird mit dem gesamten Krisen-Team – möglichst realistisch – an einem Tag (zwölf Stunden) durchgespielt, um die Krisenfestigkeit zu testen. Der Ablauf wird dokumentiert und kann so in einzelne Module getrennt werden, die dann in der Methodik und Umsetzung auch auf andere Krisenszenarien angewendet werden können. Die Erkenntnisse des »Workshops« sollten dann im Krisenhandbuch abgebildet und mit den notwendigen Checklisten ergänzt werden.

Besonderheit: Realer Krisenfall für Ihr Unternehmen, unmittelbare Analyse und Feedback.

Ziel/Lösung: Die Teilnehmer lernen die drei S des Krisenmanagements: sattelfest, sicher, souverän

Weitere Infos unter : www.freecomm.cc

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