Montag, Dezember 23, 2024
Bau-Circle
Foto: iStock

Die Kreislaufwirtschaft ist laut BRV in der Baubranche bereits gut etabliert. Es dominiert Recycling, Re-Use befindet sich im Aufbau. Für effiziente Kreislaufwirtschaft braucht es einen detaillierten Planungsprozess, der am Ende des Lebenszyklus einen optimalen Beitrag zur Kreislaufführung der Baustoffe leistet.

Die österreichische Baubranche weist über 80 Prozent Recyclingquote bei mineralischen Produkten auf. »Die EU hat für 2020 70 Prozent gefordert, die halten wir seit Jahren«, erklärt Martin Car, Geschäftsführer vom Österreichischen Baustoff-Recycling Verband, zufrieden. Im Tiefbau ist Recycling aufgrund der Sortenreinheit der Ausgangsstoffe und der großen Massen laut Car wirtschaftlich und technisch leichter.

Asphalt sei zudem ein wirtschaftlich interessanter Baustoff, da der Bitumengehalt zwar gering ist, aber einen hohen finanziellen Wert besitzt, wenn Asphalt heiß recycliert werden kann. Im Hochbau sieht er ein Problem bei den Baustoff-Konglomeraten, die die Herstellung der Sortenreinheit erschweren. Beim größten Abfallstrom, den Aushubmaterialien, zeigt sich die Situation für Thomas M. Kasper, Leiter der Abteilung Abfallmanagement bei der PORR Umwelttechnik, anders.

Bild oben: »Wir sehen als Unternehmen einen echten Mehrwert in der Verwertung und Wiederverwendung von Bauteilen – sowohl aus ökologischer als auch aus wirtschaftlicher Sicht«, betont BIG Geschäftsführer Hans-Peter Weiss.

»Von den jährlich anfallenden 35 Mio. Tonnen Bodenaushub werden lediglich 10 Mio. Tonnen einer Verwertung zugeführt. Der Rest wird deponiert.« Hildegund Figl vom IBO sieht einige Hürden für die Kreislaufwirtschaft. »Einerseits dominieren im Bau sehr lange Lebenszyklen, bei Fenstern sind es z.B. zwischen 30 und 50 Jahre. Danach gelten andere technische Standards, es fehlt die Produkthaftung.« Baustoffrecycling werde von den Konsumenten auch nicht ausreichend wertgeschätzt.

Produzenten verwenden vielleicht Recyclingmaterial, ohne darauf hinzuweisen. Recycling wird als billig und wenig wertvoll empfunden. Laut Figl fehlt umfassende Logistik, um Baustoffe in die richtigen Kreisläufe einzuschleusen. »Man kann manches wiederverwenden, es fehlt aber oft der Hinweis auf den Erzeuger bzw die Produktinformation.« Schad- und Störstoffe aus früheren Zeiten seien auch ein Problem. Laut IBO bestehen große Unsicherheiten. »Um Klarheit zu schaffen, planen wir mit den ACR-Instituten Holzforschung Austria und OFI eine Bauschnellanalytik-Methode zu entwickeln. Das steckt aber erst in den Kinderschuhen«, so Figl.

Bild oben: »Viele Stoffe können nach dem Abbruch in einem anderen Setting weiterverwendet werden«, stellt Volkan Talazoglu, MedUni Wien, Re-Use ein positives Zeugnis aus.

Modulares Bauen

Modulares Bauen bildet für die IBO-Forscherin einen Schritt zu neuem Verständnis am Bau. »Module kann man gut trennen, sortenrein ausbauen. BIM kann helfen, Kreisläufe zu schließen.« Thomas Romm, Gründer des BauKarussells, schränkt etwas ein. »Am zielführendsten ist es, wenn die Primärkonstruktion der langlebigste Teil eines Gebäudes bleibt. Es ist nicht wirtschaftlich, Tragstrukturen abzutragen und woanders wieder aufzubauen. Diese Abbruchlogistik verschlingt Kosten, die den Mehrwert von modularem Bauen kaum rechtfertigen.«

Enormes Potenzial sieht er für Re-Use. Erste Großbauten werden bereits so abgewickelt, z.B.mit der BIG der MedUni Campus Mariannengasse, die BIG ist Eigentümerin und Bauherrin des Objekts. Volkan Talazoglu, Vizerektor für Finanzen, steht Re-Use sehr positiv gegenüber.

»Die dem Projekt zugrunde liegenden, teilweise historischen Bestandsgebäude bieten viel Wertvolles für Wiederverwendung im Sinne der Kreislaufwirtschaft.« Dafür müssen aber erst Abnehmer gefunden werden, etwa für einen Pater Noster, einen Kinosaal mit Bestuhlung, für Stiegenaufgänge und Säulenverkleidungen, für doppelschienige Türen, eine Großküchenausstattung oder für Parkettböden aus hochwertiger Eiche. »Am günstigsten ist ein In-den-Markt-Bringen ohne Lagerung«, zeigt Thomas Romm auf.

Bauherren müssen sich daher schon frühzeitig mit dem Gebäudebestand und dem Re-Use-Potenzial auseinandersetzen, um das Zeitfenster breit zu halten. »Wir verkaufen just in time, haben und wollen kein Lager, arbeiten daher mit professionellen Wiederverkäufern, die eigene Lager betreiben.

Re-Use

Im Bauteilekatalog auf der eigenen Website vom BauKarussell sind derzeit über 70 Beispiele gelistet, das reicht von der gusseisernen Wendeltreppe bis zur Notbeleuchtung. Romm ist immer wieder überrascht, dass es Nachfrage nach Bauteilen gibt, denen er keine Chance beimessen würde, z.B. Innentüren.

Bild oben: »Um Klarheit bei Baustoffen zu schaffen, etwa hinsichtlich Erzeuger und Inhaltsstoffen, plant das IBO mit den ACR-Instituten Holzforschung Austria und OFI Bauschnellanalytik-Methoden zu entwickeln«, informiert Hildegund Figl.

Immer mehr Planer greifen bewusst auf Re-Use-Baustoffe und -Bauteile zurück, wobei fallweise umfunktioniert wird. Aus Türen des MedUni-Campus wurden etwa Heizkörperverkleidungen. »Re-Use ist in den meisten Fällen wesentlich günstiger als ein Neukauf, aber es ist nicht leicht, z.B. eine Wendeltreppe zu verlegen. Wir versuchen, entsprechende Prozesse einzuleiten und begleiten sie dann.«

Als sehr hilfreich wertet er die große Vernetzung der Initiativen. Entscheidend für BauKarussell ist auch der soziale Aspekt der Kreislaufwirtschaft. Wertstoffe und Bauteile zu demontieren und für die Wiederverwendung aufzubereiten, ist aufwendig, erfordert viel Handarbeit. Personen in der Demontage zu beschäftigen, ist eine wichtige Arbeitsplatzmaßnahme, die großes Potenzial hat.

Profit durch Circle

Kreislauf ist ein positiver Faktor am Bau, da ist sich Hildegund Figl sehr sicher. »Ressourcen werden gespart, ebenso Deponievolumen und Energie.« Die riesigen Deponievolumina sind auch für Martin Car entscheidend. »Nur mehr sieben Prozent müssen deponiert werden.« Gleichzeitig werde die Lebensdauer von Rohstoffquellen erhöht, ein Vorteil, da neue Kies- und Schottergruben schwer zu genehmigen sind.

»Darüber hinaus sparen wir Transporte«, nennt er die mobile Aufbereitung vor Ort, was mit einer Reduktion von CO2, Lärm und Staub einher geht. Der Energiebedarf für die Herstellung von Sekundärrohstoffen liegt deutlich unter dem der Primärrohstoffproduktion«, ergänzt Thomas M. Kasper. Die Verwendung von Recyclingbaustoffen hat außerdem zur Folge, dass Primärrohstoffe für nachfolgende Generationen in der Lagerstätte verbleiben und für spätere Nutzungen zur Verfügung stehen. Auch der Bereich Re-Use hat eine Finanzkrone.

»Allen Unkenrufen zum Trotz können wir beweisen, dass wir mit dem Konzept Re-Use absolut kostenneutral sind bzw. je nach Objekt ein großes Einsparungspotenzial für Bauherren in Form von Minderkosten beim Abbruch generieren«, betont Thomas Romm. Für Volkan Talazoglu ist sogar ein finanzieller Überschuss denkbar.

Martin Car zu den Anforderungen der Kreislaufwirtschaft

Die Bauwirtschaft kann nur das liefern, was bestellt ist. Es liegt daher zentral an den Ausschreibungen, insbesondere den öffentlichen, die im Bauwesen einen massiven Anteil aufweisen, dass Recycling-Baustoffe Verwendung finden. Recycling ist möglich, u.a. sieht man das in der Leistungsbeschreibung Verkehr und Infrastruktur, die bei den Positionstexten sowohl recyclierte als auch natürliche Gesteine vorsieht. Besser ist es natürlich, wenn Recycling gefordert wird, beispielsweise durch Zuschlagskriterien, die eine Bevorzugung von Recycling-Baustoffen darstellen. Alternativ könnte auch eine Recycling-Quote vorgeschrieben werden.

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