Das alljährlich stattfindende Kolloquium Forschung & Entwicklung für Zement und Beton, veranstaltet von der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ), bietet seit über 30 Jahren aktuelle Erkenntnisse bzw. Innovationen rund um Zement und Beton. Dieses Mal im Fokus: Die Nachhaltigkeit von Zement und Beton, Innovationen in Herstellung, Anwendung und auch in der Ausbildung.
„Es ist besonders erfreulich, dass die Vorteile der Bauteilaktivierung und der innovative Beitrag zum Klimaschutz bereits so breit in den Köpfen angekommen sind. Beton als Energiespeicher ist ein Meilenstein auf dem Weg in eine CO2-neutrale Zukunft des Gebäudesektors. Im Herbst 2019 wurden mehrere innovative Wohnbauprojekte fertiggestellt, weitere sind in Bau. Besonders die Möglichkeit, klimaschonend und praktisch kostenlos zu kühlen, überzeugt immer mehr Bauherrn und Bewohner“, erläuterte Sebastian Spaun, Geschäftsführer der VÖZ, bei der Eröffnung des 39. Kolloquiums in der Wirtschaftskammer Wien.
Seit 2004 veröffentlicht die VÖZ ihre Kennzahlen in Form von Nachhaltigkeitsberichten, heuer erstmals kombiniert in einem Jahresbericht mit dem Themenschwerpunkt Klimaschutz. Die österreichische Zementindustrie gilt weltweit als Vorreiter beim Klima- und Umweltschutz, ihr Umweltsprecher Günter Waldl berichtete stellvertretend über die Umweltschutzmaßnahmen im Zementwerk Leube. 2018 wurden dort zehn Millionen Euro in eine zusätzliche Abgasreinigungsanlage investiert. Dabei handelt es sich um eine sogenannte DeCONOx-Anlage, die wie ein Katalysator zur Reduktion von Stickoxiden (NOx) sowie durch Nachverbrennung zur Reduktion von Kohlenmonoxid (CO) und organischem Kohlenstoff (TOC) sorgt.
Joseph Kitzweger, Nachhaltigkeitsexperte bei LafargeHolcim, präsentierte erste Pilotprojekte am Weg zu einer vollständigen CO2-Neutralität der Zementherstellung. Nach mehr als zehn Jahren Forschung sollen nun Demonstrationsanlagen im industriellen Maßstab die tatsächliche Anwendbarkeit dieser Break Through-Technologien zeigen. Dazu zählen die Oxy-Fuel Verbrennung im Zementwerk Lägerdorf in Deutschland oder die Trockenabsorption, die im Zementwerk Richmond in Kanada erprobt wird. Für Kitzweger sind CCU (Carbon Capture & Usage bzw. Utilisation, also die Abscheidung von CO2 und Nutzung als neuer Rohstoff) und CCS (Carbon Capture & Storage bzw. Sequestration, also die Abscheidung von CO2 und anschließende Speicherung) die noch fehlenden Technologien für eine CO2-neutrale Zukunft der Zementindustrie. „Deren Einsatz ist allerdings mit massiven Kosten und großen technischen Herausforderungen verbunden und erfordert unterstützende Rahmenbedingungen seitens der Politik“, so Kitzweger.
Innovativer Einsatz von Beton
Neben Innovationen bei der Zementerzeugung ist der Einsatz zukunftsweisender Baustoffe wie Textilbeton und Ultra High Performance Concrete (UHPC) ein starkes Thema. Der Forschungsverein EcoRoads stellte aktuelle Ergebnisse zur Anwendung von Beton im Landesstraßennetz vor. Dieser Tage wird dazu eine Versuchstrecke in Niederösterreich mittels White-Topping-Methode (Beton auf abgefrästem Asphalt) errichtet und bereits im März konnte eine Teststrecke aus Walzbeton in der Steiermark erfolgreich eingebaut werden. Klimarelevante Vorteile von Beton im Straßenbau sind die hohe Verformungsresistenz, der geringe Rollwiderstand und der damit verbundene geringere Treibstoffverbrauch und natürlich seine Langlebigkeit und 100-%-ige Wiederverwertbarkeit.
Erfolgsversprechend sind auch die Leistungen der jungen Betonbau-Fachkräfte, die über ihre Siege bei den WorldSkills berichteten. Österreichs Betonbauer haben 2019 in Kazan das dritte Mal in Folge Gold bei den Berufsweltmeisterschaften gewonnen. Zum Abschluss des Kolloquiums präsentierten die Teams der FH Campus Wien und der TU Graz, die an der Betonkanu-Regatta im deutschen Heilbronn im Juni 2019 teilgenommen hatten, die von ihnen entwickelten Betonkanus „Extension“ und „De(light)ful“. Bei der Regatta wird nicht nur die Sportlichkeit bewertet, sondern ebenso die Konstruktion der Boote. Die Studierenden nehmen mit Kreativität und Freude die Herausforderung an, theoretisches Wissen über Beton aus dem Studium in die Praxis umzusetzen. „Die Begeisterung der Teams ist für uns ein schönes Symbol, welche Innovationskraft in Zement und Beton steckt“, so das Fazit von Spaun zum erfolgreichen Kolloquium, bei dem einmal mehr der Austausch zwischen Forschung und Praxis wie auch zwischen Jugend und erfahrenen Semestern gepflegt wurde.