Bei vielen Unternehmen aus der Bauwirtschaft steckt im Einkauf viel Potenzial für Effizienzsteigerungen. Ein wichtiger Hebel ist die Digitalisierung. Aber dafür braucht es moderne, standardisierte Prozesse. Die Strukturen und Rahmenbedingungen in der Branche sind aber oftmals veraltet.
Die Konjunktur trübt sich ein. Und wenn sich das Wachstum einbremst, steigt die Bedeutung des Einkaufs. Das gilt auch und vor allem für die Bauwirtschaft, die in Sachen Effizienz und strategische Ausrichtung des Einkaufs anderer Branchen noch hinterherhinkt. »Viele Unternehmen verfügen nicht über eine gemeinsame Einkaufsabteilung. Vieles ist dezentral organisiert. Das führt dazu, dass nicht immer bekannt ist, was zu welchen Konditionen eingekauft wird«, erklärt Christoph Weber von der Managementberatung Horváth & Partners. Was oft fehlt, ist eine unternehmensweite Einkaufsstrategie. Das größte Potenzial könnten Bauunternehmen laut Weber im Bereich der Subunternehmen heben. »Wenn man sämtliche Materialien selbst zentral einkaufen würde, hätte man einen enormen Hebel und müsste nur noch die Arbeitszeit zukaufen«, sagt Weber, dem aber auch bewusst ist, dass aufgrund der aktuellen Vormachtstellung der Subunternehmen die Zeit für einen derart weitreichenden Schritt noch nicht reif ist.
Standardisierung vor Digitalisierung
Das wichtigste Thema im Einkauf von Bauunternehmen ist die Prozesseffizienz. Eine Steigerung der Effizienz gelingt laut Weber vor allem durch die Digitalisierung der Prozesse. Allerdings ist gerade in der Baubranche das Hinterfragen der internen Abläufe und Prozesse eine noch relativ junge Disziplin. »Die Baubranche ist eigentlich erst über das Digitalisierungsthema zum Prozessthema gekommen«, erklärt Weber. Jetzt stellt sich für viele Unternehmen die Frage, was eigentlich digitalisiert werden soll. Deshalb gilt für alle Prozesse: erst standardisieren, dann digitalisieren! »In einem ersten Schritt müssen sich die Unternehmen überlegen, wie Vergabe, Bestellung und Baulogistik zusammenhängen und dafür einen standardisierten Prozesse entwickeln, der dann digitalisiert werden kann. Da geht es auch um Rechnungen und Lieferscheine. Das sind die absoluten pain points der Bauwirtschaft«, ist Weber überzeugt.
Erwartungen an den Einkauf
In der aktuellen Einkaufsstudie hat Horváth & Partners branchenübergreifend mehr als 200 CFOs, denen der Einkauf auf Vorstandsebene in der Regel zugeordnet ist, zu ihren Erfahrungen mit dem Einkauf und möglichen Verbesserungen befragt. Auch hier bestätigt sich, dass die Digitalisierung der wichtigste Hebel für Effizienzsteigerungen im Einkaufsprozess ist.
Zudem erwarten sich CFOs von der Digitalisierung eine Reduktion der Einkaufspreise und eine bessere Datenverfügbarkeit. Die Bereitstellung von Daten in Echtzeit wird hingegen noch nicht erwartet, auch Personaleinsparungen sind aus der Perspektive der CFOs nicht das oberste Ziel der Digitalisierung.
Die Digitalisierung im Einkauf ist komplex und verknüpft viele Funktionen innerhalb des Unternehmens. Deshalb hat Horváth & Partners auch nach den wichtigsten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung gefragt. Ganz oben auf der Liste steht dabei die Sensibilisierung und Bewusstseinsschärfung der Organisation für die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung des Einkaufs ergeben. Dahinter folgt die Erarbeitung eines strategischen Zielbilds, das zugleich als Fahrplan und Orientierung dient.
Die vier wichtigsten Voraussetzungen für eine Digitalisierung des Einkaufs
1. Digitalisierungsmöglichkeiten verstehen
2. strategisches Zielbild der Digitalisierung schärfen
3. digitale Veränderungsbereitschaft steigern
4. digitale Kompetenzen der Mitarbeiter