Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report erklärt Ernst Vejdovszky, CEO der S Immo AG, warum er die Sorge vor einer neuerlichen Immobilienblase versteht, aber nicht teilt, wie sich die verschiedenen Märkte von Österreich bis Rumänien entwickeln und warum eine Konsolidierung am Entwicklermarkt sinnvoll ist.
Report: Die Immobilienpreise gehen seit einigen Jahren durch die Decke. Kritische Stimmen, die vor einer Blase warnen, werden lauter. Können Sie die Sorge verstehen?
Ernst Vejdovszky: Ich verstehe die Sorge, ich teile sie aber nicht. All jene, die sich noch lebhaft an die Finanzkrise 2008/2009 erinnern können, reagieren verständlicherweise ein wenig nervös auf die aktuelle Preisentwicklung. Der große Unterschied ist aber, dass sich in den vergangenen zehn Jahren – nicht zuletzt als direkte Reaktion auf die Krise – die Regularien zum Teil sehr grundlegend geändert haben. Wo vor einem Jahrzehnt noch mit extrem viel Fremdkapital finanziert wurde, gibt es jetzt sehr strenge Auflagen für die Kreditvergabe von Banken. Wenn Immobilien mit Eigenkapital finanziert werden, gibt es auch keine Blase, die platzen kann. Als Investor sollte ich mir im aktuellen Umfeld aber natürlich die Frage stellen, ob noch jeder Markt und jedes Objekt eine gute Idee sind.
Report: Hat die Branche aus der letzten großen Krise gelernt? Wenn ja, was?
Vejdovszky: Definitiv. Nicht nur die Branche, sondern auch die Gesetzgeber und die Banken. Man hat verstanden, dass die Bäume nicht ewig in den Himmel wachsen können und man jede Investition sorgsam auf realistisches Potenzial prüfen sollte.
Report: Kaufen oder entwickeln: Welche Strategie verfolgen Sie aktuell schwerpunktmäßig? Wo sehen Sie das größte Potenzial?
Vejdovszky: Diese Frage lässt sich nicht global beantworten, sondern muss je nach Region betrachtet werden. Wir sehen in einigen deutschen Städten – wie zum Beispiel in Leipzig – großes wirtschaftliches und demografisches Wachstumspotenzial bei gleichzeitig noch vernünftigen Preisen. Da kaufen wir gerne und sichern so die laufenden Erträge der nächsten Jahre. In anderen Märkten – in unserem Fall aktuell in Bukarest, Bratislava und Berlin – macht es Sinn, auf Projektentwicklungen zu setzen. Aber auch die Baubranche profitiert sehr von der aktuellen Konjunktur und eine Projektentwicklung muss kaufmännisch sehr streng abgewogen werden.
Report: Ihr Schwerpunkt liegt mittlerweile auf Deutschland. Berlin ist schon sehr teuer geworden. Sie weichen nach Rostock, Leipzig oder Kiel aus. Welches Potenzial sehen Sie in diesen Sekundärstädten?
Vejdovszky: Wir erwarten dort eine ähnliche Entwicklung, wie wir sie in den letzten zehn, 15 Jahren in Berlin gesehen haben. Diese Städte sind bei Studenten und jungen Menschen sehr beliebt, sie verzeichnen einen konstanten Zuzug und befinden sich wirtschaftlich im Aufschwung. Die Objekte, die wir zukaufen, haben selbst bei einem sehr niedrigen Mietniveau eine vernünftige Rendite. Somit bietet sich ein großes Wachstumspotenzial für die nächsten Jahre.
Report: Große Hoffnungen ruhen auch auf dem rumänischen Markt, der lange nicht in Fahrt gekommen ist. Heuer soll das Prestigeprojekt The Mark fertig werden. Wie hoch ist der Vorverwertungsgrad und wie bewerten Sie die Aussichten für den rumänischen Markt?
Vejdovszky: Der rumänische Markt performt aktuell sehr zufriedenstellend, der Leerstand sinkt trotz zahlreicher Fertigstellungen und die Mieten entwickeln sich positiv. Wir werden das Objekt planmäßig mit Jahresende fertigstellen und führen aktuell konkrete Gespräche mit potenziellen Mietern. Eine klassische Vorverwertung, wie wir sie zum Beispiel aus Österreich kennen, ist in Bukarest unüblich – man vermietet am besten, wenn die Immobilie beinahe fertig ist.
Report: Wie entwickeln sich die Slowakei und Ungarn? Gerade Ungarn galt ja lange Jahre als echtes Sorgenkind?
Vejdovszky: Ungarn war in der Tat lange Zeit ein schwieriges Pflaster, wir hatten phasenweise einen Leerstand von über 40 %. Aber auch hier hat es einen deutlichen Aufschwung gegeben und wir konnten den Leerstand innerhalb der letzten drei Jahre auf 8 % reduzieren – gleichzeitig haben wir die Mieterlöse um rund 40 % gesteigert. Als Immobilieninvestor braucht man mitunter ein wenig Geduld. In Budapest hat sich das Warten definitiv ausgezahlt. Auch mit unseren Objekten in Bratislava sind wir sehr zufrieden. Wir haben im Laufe des Sommers unser Entwicklungsprojekt Einsteinova Business Center fertiggestellt und freuen uns über einen Vermietungsgrad von über 95 %.
Report: Welche Auswirkungen wird der Einstieg der Immofinanz mit immerhin knapp 30 % auf die S Immo haben?
Vejdovszky: Das wird sich zeigen. Aktuell steht die Transaktion noch unter aufschiebenden, kartellrechtlichen Bedingungen. Generell spricht sehr vieles für größere, kapitalstarke Einheiten. Ein konkreter dahingehender Vorschlag müsste so gestaltet sein, dass er den Aktionärinnen und Aktionären beider Gesellschaften Vorteile bringt. Als Vorstand der S Immo ist es dabei meine Aufgabe, die Interessen der Aktionärinnen und Aktionäre der S Immo zu vertreten.
Report: Generell wird der Entwicklermarkt in Österreich derzeit ordentlich durcheinander gewirbelt, Stichwort Starwood. Vor wenigen Monaten meinten Sie, dass eine österreichischen Lösung aus Immofinanz, S Immo und CA Immo durchaus charmant wäre. Trauern Sie dieser Möglichkeit nach oder ist hier das letzte Wort noch nicht gesprochen?
Vejdovszky: Es liegt nicht in meinem Naturell, Dingen nachzutrauern. Der Kapitalmarkt ist ein dynamisches Umfeld, in dem man sich immer wieder auf neue Gegebenheiten einstellen muss. Wie schon gesagt ist es dabei meine wichtigste Aufgabe, auf die Interesse unseres Aktionariats zu achten. Grundsätzlich war und ist es meine Meinung, dass eine Konsolidierung innerhalb der österreichischen Immobilienunternehmen Sinn machen kann – und zwar sowohl für die einzelnen Unternehmen als auch für den Wirtschaftsstandort Wien.
Report: Die aktuelle Hochkonjunktur beschert auch den Baufirmen volle Auftragsbücher. Spüren Sie bereits Kapazitätsengpässe oder steigende Baupreise?
Vejdovszky: Ja. Gerade in Wien ist das aktuell definitiv ein Thema. Auch diese Dinge muss man berücksichtigen, wenn man Projekte plant, und sich gegebenenfalls an der einen oder anderen Stelle auch dafür entscheiden, nicht selbst das Baurisiko zu tragen.
Report: Vor drei Jahren stand die S Immo Aktie bei rund 7 Euro, heute bei über 18 Euro. Ist der Plafond erreicht? Anders gefragt: Warum sollen Anleger an eine weitere Kurssteigerung glauben?
Vejdovszky: Wir haben nach vielen Jahren der Unterbewertung nun endlich in etwa das Niveau unseres EPRA-NAVs erreicht – das ist ein Grund zur Freude. Aus meiner Sicht bietet unser Wertpapier aber auch darüber hinaus Potenzial und Wachstumsfantasien. Auch unsere Analysten sehen das ähnlich und prognostizieren ein durchschnittliches Kursziel von 18,82 Euro. Das Immobiliengeschäft ist langfristig und wir arbeiten schon jetzt intensiv an den Erträgen der nächsten Jahre. Das impliziert Projektentwicklungen genauso wie opportunistische Akquisitionen, dazu gehören strategische Verkäufe und nachhaltige Investitionen ins Portfolio. Ich kann Ihnen versprechen, dass wir uns niemals auf einem Aktienkurs ausruhen werden, sondern immer nach Wegen Ausschau halten werden, nachhaltige Werte für unsere Aktionärinnen und Aktionäre zu schaffen.