Die Bundesimmobiliengesellschaft besitzt und betreut nicht nur neoklassizistische Schmuckstücke an der Wiener Ringstraße wie die Universität, den ehemaligen Justizpalast oder zahlreiche Ministerien. Auch unterirdische Stollen, Kirchen oder Grenzstationen zählen zum Portfolio. Diese Exoten machen heute zwar nur noch einen kleinen Teil des Immobilienbestands aus, haben die BIG in der Vergangenheit aber mitunter auch vor Herausforderungen gestellt.
Der BIG Konzern ist mit 2.201 Liegenschaften einer der größten Immobilieneigentümer in Österreich. Das Portfolio besteht aus rund 7,2 Mio. Quadratmetern vermietbarer Fläche mit einem Unternehmenswert von rund 12,0 Mrd Euro. Dass der Löwenanteil von weit über 5 Mio. Quadratmetern auf Schulen und Universitäten entfällt, ist bekannt. Auch dass zahlreiche vom Innen- (BMI) oder Justizministerium (BMVRDJ) gemietete Objekte mit einem besonderen Sicherheitsaspekt wie Polizeiinspektionen oder Gefängnisse Teil des BIG-Portfolios sind, ist vielen bewusst. Fast schon Expertenstatus haben hingegen jene Personen inne, die wissen, dass die BIG auch im Besitz von unterirdischen Stollen, Kirchen, Friedhöfen, Hochständen oder sogar Würstelständen ist oder war.
Hintergrund
Als die Bundesimmobiliengesellschaft im Jahr 2001 von der Republik Österreich rund 5.000 Gebäude kaufte, tat sie das in Bausch und Bogen. Das etwa 3,2 Milliarden Euro schwere Paket umfasste so ziemlich alles, was man sich an Liegenschaften vorstellen kann. Deshalb stand auf der Agenda erst einmal eine Portfoliobereinigung ganz oben, um sich in Folge ganz auf das Kerngeschäft mit Schulen und Universitäten konzentrieren zu können. Schon wenige Jahre später war der Bestand um einen Großteil der inhaltlichen Ausreißer bereinigt. Aber nicht alles gestaltete sich so einfach oder spektakulär wie der Verkauf von 9.500 Wohnungen im Jahr 2003 für 145 Millionen Euro an ein Konsortium rund um den Badener Wirtschaftsanwalt Rudolf Fries oder die Veräußerung des ehemaligen Finanzministeriums in der Kärntner Straße.
Trotz der weitgehend erfolgreichen Portfoliobereinigung, einige Exoten wie Stollen, Kirchen oder auch ehemaligen Zollhütten befinden sich auch heute noch im Besitz der BIG.
Grenze geschlossen
Nachdem die Grenzstationen durch das Schengen-Abkommen obsolet geworden waren, hat das Innenministerium die Mietverträge gekündigt. Das ist zwar durchaus nachvollziehbar, bereitete der BIG aber erstmals Kopfzerbrechen, denn die Nachfrage nach den frei gewordenen Liegenschaften war überschaubar.
Bild oben: Die Kollegienkirche in Salzburg wurde von der BIG für rund 12. Mio. Euro saniert. Mieteinnahmen gibt es aber keine.
Dazu kommen auch noch rechtliche Verschränkungen, die den Verkauf nicht leichter machen. In den meisten Fällen ist neben der BIG auch noch das Land und die Asfinag mit an Bord. Kommt es dennoch zu einem Abschluss, ergeht in den meisten Fällen nicht gerade ein Geldregen über die BIG. So haben etwa vier Zollhütten in der Steiermark gerade einmal 60.000 Euro eingebracht. Besser gingen Objekte mit perfekter Verkehrsanbindung wie etwa im oberösterreichischen Wullowitz und Weigetschlag, die zusammen für über 450.000 Euro den Eigentümer wechselten. Den schwierigen Rahmenbedingungen zum Trotz ist es der BIG gelungen, die meisten Grenzstationen zu veräußern. Sie machen heute nur noch einen geringen Teil des Sonderimmobilienbestands der BIG aus. Gerade 16 Stationen finden sich noch im Portfolio, von denen aber aufgrund der verstärkten Migrationsbewegungen der letzten Jahre mit einer Ausnahme alle wieder längerfristig an das Innenministerium vermietet sind.
Sonderfall Kirchen
Eine besondere Eigenheit weisen auch die Handvoll Kirchen und Kapellen im Eigentum der BIG auf. Im Konkordat von 1933 ist die Instandhaltungspflicht der Republik für alle im Bundesbesitz befindlichen kirchlichen Gebäude vertraglich festgehalten. Diese Verpflichtung ging im Zuge des Bundesimmobiliengesetzes von 2001 auf die BIG über, was mitunter eine enorme finanzielle Belastung bedeutete. Da es sich in der Regel um historische Gebäude handelt, war der bauliche Zustand mitunter nicht der beste. Der größte Sanierungsbrocken war die Kollegienkirche in Salzburg. Der Zahn der Zeit nagte lange an dem in den Jahren 1696 bis 1707 errichteten Sakralbau. Die Mauern waren feucht, von den Wänden bröckelte der Putz und der Dachstuhl war morsch. Über hundert Jahre lang konnte sich aufgrund einer desolaten Dachhaut Feuchtigkeit und damit auch Schimmel – der »Echte Hausschwamm« – in das Holz fressen. Rund zwölf Millionen kostete die aufwendige, zehnjährige Sanierung. Eine Refinanzierung über befristete Zuschlagsmieten, wie es etwa bei Universitäten gehandhabt wird, war nicht möglich. Aus dem einfachen Grund, dass bei den allermeisten Kirchen gar keine Miete gezahlt wird.
Im Fall der Kollegienkirche wurde die BIG deshalb auch vom Verein Kulturerbe Salzburg, der Initiative »Rettet die Kollegienkirche«, dem Bundesdenkmalamt, dem World Monument Fund, dem Land Salzburg, der Stadt Salzburg, der Erzdiözese Salzburg sowie zahlreichen privaten Spendern und Wohltätern unterstützt.
Auch der Verkauf der Kirchen ist mangels Interessenten und der rechtlichen Rahmenbedingungen keine Option. Selbst bei einer angedachten Schenkung der Kollegienkirche an die Universität Salzburg, hat der nur vermeintlich großzügig Bedachte dankend abgewunken. »Mit so einem Geschenk halst man sich eine Riesensache auf. Auch wenn es ein wertvolles Bauwerk ist, würde uns das ein Vermögen kosten«, sagte Gabriele Pfeifer, Sprecherin der Uni Salzburg, im Jahr 2011.
Ladenhüter Stollen
Dass die BIG auch im Eigentum von rund 150 Stollen ist, ist einem typisch österreichischen Kuriosum zu verdanken. 1948 stellte die Republik fest, für die Stollen keinerlei Verantwortung zu tragen, da es sich um »hoheitliche Eingriffe des Dritten Reichs« handle und mit dessen Untergang auch die entsprechenden Rechtstitel erloschen seien. Kurz vor der Jahrtausendwende sorgte dann ein Rechtsstreit zwischen der Gemeinde Hallein und einer Privatperson um die Nutzung des sogenannten Grill-Stollens für lange Gesichter in der hohen Politik. Denn der Oberste Gerichtshof stellte klar, dass der Stollen keinem der beiden gehört, sondern der Bund für die unterirdischen Bauwerke zuständig ist. Kurze Zeit später gingen die Stollen in den Besitz der BIG über, die damit auch für die Sicherheit nicht nur der Stollen sondern auch der darüber liegenden Grundstücke verantwortlich zeichnete.
Da die meisten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs stammten, waren nicht wenige massiv eingesturzgefährdet. Mehr als 40 Millionen Euro sind deshalb in Sicherungs- und Instandhaltungsmaßnahmen geflossen, sodass von diesen Bauwerken heute keine Gefahr mehr ausgeht. Diesen Investitionen stehen allerdings keine oder nur geringe Mieteinnahmen gegenüber, auch der Verkauf ist mangels Interessenten schwierig. Die meisten Stollen sind ungenutzt. Es gibt aber auch Ausnahmen, wie ein ehemaliger Rüstungsstollen in der Nähe von Kapfenberg zeigt. Dort betreibt die KapschBusinessCom auf Basis eines langfristigen Pachtvertrags mit der BIG unter dem Namen earthDATAsafe ein unterirdisches Hochsicherheitsrechenzentrum. Die Anlage reicht bis 320 Meter weit in den Berg und ist mit bis zu 150 Meter hohem Gestein geschützt. Naturkatastrophen wie Erdbeben, Blitzschlag oder Hochwasser können quasi vollständig ausgeschlossen werden, für Feuer und Stromausfälle wurde ein ausgeklügeltes Sicherheitsnetz installiert.