Samstag, Dezember 21, 2024
Abschreckung wirkt

Die Österreicher haben in den letzten Jahren erfolgreich in Sicherheit investiert. Das zeigt sich im Rückgang der Einbruchzahlen 2017. Mechanische Sicherheitssysteme dominieren im mehrgeschoßigen Wohnbau dabei nach wie vor, elektronische fassen langsam Fuß.

2017 ist die Zahl der Einbrüche in Wohnungen und Wohnhäuser gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent gesunken, das ist der niedrigste Wert im Zehn-Jahres-Vergleich. Bei 43,7 Prozent der angezeigten Wohnungseinbrüche – in Wien und Tirol über 46 Prozent – blieb es beim Versuch. Denn: Stößt ein Einbrecher auf Widerstand, bricht er seinen Aufbruchversuch in der Regel ab. Für Jürgen Leimer, technischer Leiter bei Bosch Sicherheitssysteme, liegen die Gründe für den Rückgang neben weitreichenden Präventionsmaßnahmen im zunehmenden Sicherheitsbewusstsein der Bevölkerung. Ein wesentlicher Punkt ist die Abschreckung. Als Beispiel nennt Leimer Videokameras von Bosch mit integrierter intelligenter Videoanalyse. »Man braucht keine Auswertungsrechner und -server. Die Kamera meldet selbständig an User und/oder Leitstelle.« Für Roland Huber, Geschäftsführer von Abus, besteht eine Diskrepanz zwischen Sicherheit und Datenschutz: »Bei der Videoanalyse dürfen Daten nicht missbraucht, Hausvertrauensleute müssen eingebunden werden.«

Wege der Sicherheit

Der elektronische Sicherheitsmarkt für Zutritts- und Brandmeldeanlagen, Einbruchmeldetechnik, Videoüberwachung und Sprachalarm wächst aber trotzdem. Das gesamte Umsatzvolumen, bestehend aus Inbetriebsetzung, Wartung und Service hat 2017 in Summe 432,3 Mio. Euro erreicht und damit ein Plus von 5,1 Prozent. Der Bereich Videoüberwachung erfuhr mit sieben Prozent das stärkste Wachstum, bedingt durch die hohe Nachfrage des gewerblichen Bereichs. Aber auch im Wohnbau bildet die Ergänzung bestehender Sicherheitsanlagen um zusätzliche Videoüberwachung einen wachsenden Markt. Gerade hier ist es relativ einfach, sich Zutritt in Räume zu verschaffen.

Mit dem sogenannten Postlerschlüssel kann jedes Wohngebäude betreten werden. »In Österreich muss jedem die Möglichkeit gegeben werden, postalische Dienstleistungen und Zustelldienste bis zur Wohnungstür durchzuführen, beginnend bei Feibra und dpd über den Zeitungskolporteur bis zur Post«, zeigt Herbert Maté von Evva auf und verweist auf vermehrte Anfragen von z.B. Caritas oder Johannitern hinsichtlich Betreutem Wohnen. Hilfsdienste und ihre Pfleger, aber auch Notfalldienste müssen zu vereinbarten Zeiten und bei Notfällen Zugang zu Wohnung und Haus haben. »Wichtig ist aber, dass nach Beendigung der Pflege daheim die Wohnung oder das Haus wieder in den ursprünglichen Zustand der Sicherheit zurückgebracht werden kann«, betont Maté.

Dazu wird vielfach auf elektronische Schließsysteme umgerüstet, etwa auf den AirKey von Evva. Durch eine End-to-End-Verschlüsselung werden Zutritte ermöglicht. Raum-im-Raum-Sicherheitslösungen werden bereits über elektronische Zutrittskontrollsysteme gemanagt, über die auch in Anspruch genommene Leistung abgerechnet werden. Mit dem digitalen Standalone Zutrittssystem dormakaba evolo bietet dormakaba die Möglichkeit, öffentliche Bereiche wie Hauseingang oder Tiefgarage und private Bereiche wie Wohnung, Brieffach oder Kellerabteil mit nur einem Medium zu sperren. Im Kaba penta Wendeschlüsselsystem wird die Schlüsselsicherheit durch die hohe Anzahl an Zuhaltungselementen und Verschleppung der Abfragepositionen erhöht. Intelligente Zutrittsorganisation bietet auch blueCompact von Winkhaus.

Alle Abläufe, Berechtigungsvergaben und Änderungen werden über das Smartphone gehandelt – die Daten liegen nicht in einer Cloud, sondern sind auf dem Masterkey des Besitzers gespeichert. Die neue Zusatzfunktion »planbares Zeitprofil« steht als Software-Update – auch für Bestandskunden – ab sofort kostenfrei zur Verfügung. Die GeCOTime Zutrittskontrolle überwacht Türen, Schranken, Drehsperren uvm. über Zutrittsleser, Terminals oder elektronische Zylinder. Die Zutrittsberechtigung erfolgt über einen personalisierten RFID Chip. Mit wAppLoxx von Abus können Berechtigungen und Zeitpläne verwaltet, bereits bestehende Alarmanlagen aktiviert bzw. deaktiviert, Schließpläne erstellt und angepasst, Türen per Knopfdruck geöffnet sowie IP-Kameras integriert werden. Nicht kopierbare Chipkarten vergeben die Zutrittsberechtigung beim Begeh-System. Es funktioniert ähnlich dem Zutrittssystem beim Skilift – die Karte sendet ein Signal aus, der Schranken öffnet sich.

Sicherer Wohnbau

»Die Entwicklung im Sicherheitsbereich lässt sich nicht am vergangenen Jahr festmachen. Durch die höheren Widerstandsklassen der Wohnungseingangstüren ist aber generell eine Verbesserung der Situation erkennbar«, bemerkt Stefan Penz, Geschäftsführer von dormakaba. Verwendet werden heute Mehrpunktverriegelungen sowie Wendeschlüsselsysteme mit Ziehschutz. Kein Neubau werde mehr errichtet ohne moderne Verriegelungstechnik. Widerstandsklasse 2 ist Standard. Laut Thomas Forstner, Generalsekretär des Verbandes der Sicherheitsunternehmen Österreichs, gibt es aber noch gewaltigen Nachholbedarf. »Österreich war lange eine Insel der Seligen.« Davon zeugen etwa eine Million veralteter Messingschlüssel. Mechatronik ist gefordert, etwa mit der Funkalarmanlage Secvest von Abus: Massive Schlösser werden mit intelligenter Elektronik ausgestattet und zu Alarmsystemen vernetzt. Der Sicherheitstürenmarkt entwickelt sich laut Forstner langsamer. Hier sei schon eine beginnende Sättigung erkennbar. Viel investiert wird laut Abus im Altbau. »Man kann heute schon sehr viel über Funklösungen realisieren. Das ist v.a. bei Sanierungen und Nachrüstungen sinnvoll, weil keine Kabel verlegt werden müssen«, empfiehlt Roland Huber.

Blick in die Zukunft

»Eine RundUm-Sicherheitslösung ist technologisch denkbar, allerdings aufwendig, teuer und einschränkend im Komfort«, betont Stefan Penz von dormakaba. »Denkbar wäre etwa eine Videoüberwachung mit Gesichtsfeldanalyse sowie theoretisch auch Personenvereinzelungsanlagen.«

Gefordert ist die Branche

Sicherheit erfordert eine Balance zwischen Bedarf und Umgang. Beispiel Gegensprechanlagen: in der Theorie höhere Sicherheit, in der Praxis wird meist wenig gewonnen. Viele BewohnerInnen öffnen die Haustüren ohne Audio-Kontrolle. Eine Alternative sind Video-Gegensprechanlagen. In den frei finanzierten Anlagen werden diese laut Andreas Machacek, Leiter der Immobilienverwaltung bei der Gemeinnützigen Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wien-Süd, gut angenommen. »Wir müssen mit der Zeit gehen.« Gelebte Sicherheit hängt immer von den BewohnerInnen ab.

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