Im Interview mit dem Bau & Immobilien Report spricht der Vertriebsleiter für das Velux Modular Skylights-System, Johannes Reiter, über die Herausforderung, mit einer starken Marke ein neues Segment zu betreten und die Vorteile, die das VMS gegenüber klassischen Pfosten-Riegel-Konstruktionen und Plexiglaslösungen hat.
Report: Sie haben im letzten Jahr die Vertriebsleitung für das modulare Oberlicht-System von Velux übernommen. Welche Strategie haben Sie verfolgt, um dieses neue Produkt am Markt zu platzieren?
Johannes Reiter: Ich habe im Jänner 2016 die Vertriebsleitung für das modulare Oberlicht-System Velux Modular Skylights VMS übernommen. Das Produkt gibt es seit sechs Jahren, mittlerweile in neun europäischen Ländern. Anfang 2016 sind dann auch die Schweiz und Österreich dazugekommen. Mit dem VMS, das sich an Objekt- und Gewerbebau richtet, hat Velux in Österreich Neuland betreten. Deshalb wurde auch eine neue Organisation aufgebaut, die sich stark mit dem Thema Commercial Buildings beschäftigt. Meine Aufgabe ist es jetzt, diese zu einem Lichtband aneinandergereihten Fenster am Markt zu positionieren.
Report: Wie wollen Sie das umsetzen? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?
Reiter: Die große Herausforderung ist, über die Marke Velux, die vor allem mit dem Endkonsumentengeschäft assoziiert wird, ein Produkt für den Gewerbebau zu platzieren. Deshalb versuchen wir, schon beim Architekten den Bekanntheitsgrad zu steigern und Interesse für das Produkt zu schaffen. Das machen wir sehr intensiv, indem wir anstehende Projekte analysieren und dem Architekten auch beratend zur Seite stehen. Ziel ist es, in den Ausschreibungen platziert zu werden.
Report: Architekten arbeiten bekanntlich sehr gerne mit Glas- und Fensterflächen. Das ist aber natürlich auch eine Kostenfrage.
Reiter: Das ist richtig. Aber wenn man die gesamte Gebäudehülle betrachtet, relativiert sich das. Worum es geht, ist die Licht- und Luftzufuhr, und dafür ist gerade bei Gewerbebauten wie Industriehallen, Krankenhäusern oder auch Kindergärten die Dachfläche ideal. Das Feedback der Architekten ist auch sehr positiv. Natürlich gibt es anfänglich oft Skepsis, vor allem in Hinblick auf die Dichtheit. Aber diese Zweifel können wir nicht zuletzt durch die lange Gewährleistung von zehn Jahren relativ rasch zerstreuen.
Report: In welchen Bereichen Sie das größte Potenzial?
Reiter: Das größte Potenzial sehen wir im hochwertigen Gewerbebau, speziell bei Schulen, Kindergärten und Krankenhäusern. Auch der hochwertige Industriehallenbau hat ein großes Potenzial, vor allem dann, wenn Energiebilanzen im Vordergrund stehen. Da haben wir in thermischer Hinsicht die perfekten Produkte. Wir können etwa ein Sattel-Lichtband inklusive Photovoltaikmodulen realisieren.
Report: Können Sie in diesen Bereichen schon Referenzen vorweisen?
Reiter: Das ist natürlich eine zentrale Aufgabe in den ersten Jahren, in jedem Bundesland Vorzeigeprojekte umzusetzen. Aktuell befinden wir uns in der Abarbeitung dieser Referenzliste. Ein sehr schönes Projekt ist etwa eine neue Halle für den Automobilzulieferer GST in Sierndorf. Dort haben wir ein Sheddach über die gesamte Hallenfläche mit 100 Modulen ausgestattet. Und der Bauherr ist wirklich begeistert, weil er genau so eine Licht- und Luftlösung für die Halle gesucht hat. In der Seestadt Aspern haben wir in einem Büroprojekt die Stiegenhäuser überdacht, in Ebensee wurde gerade ein Schulzentrum mit unseren Modulen fertig gestellt und in Gosau oder der Flachau Hotels. Zwischenzeitlich ist es so, dass wir in allen Bundesländern Referenzen vorweisen können.
Report: Wie gestaltet sich aus Ihrer Sicht die Wettbewerbssituation?
Reiter: Im klassischen Dachfensterbereich ist die Marktführerschaft unumstritten, im Gewerbebau sind wir aber die Newcomer. Das ist für Velux eine völlig neue Situation. Wir müssen uns hier einerseits gegen den Metallbau, die klassische Pfosten-Riegel-Konstruktion, behaupten, andererseits gegen die Plexiglaslösungen aus dem traditionellen Industriebau. Aber da geht es natürlich um gänzlich andere Anforderungen. Wir punkten nicht nur mit höchster Funktionalität, sondern auch mit einem hohen Designfaktor. Außerdem haben wir den Vorteil, dass wir durch den modularen Aufbau mindestens doppelt so schnell in der Montage sind.
Report: Macht sich der Konjunkturaufschwung aus Ihrer Sicht schon bemerkbar? Sind die Unternehmen wieder bereit, mehr Geld in höherwertige Lösungen zu investieren?
Reiter: Vor allem bei Projekten mit einer langen Lebens- und Nutzungsdauer spürt man das schon sehr. Da geht es immer auch um ein langfristiges Energie- und FM-Konzept. Dafür ist man auch bereit, Geld in die Hand zu nehmen.
Report: Welche Rolle spielt BIM beim modularen Oberlicht?
Reiter: BIM gehört definitiv die Zukunft. Wir haben auch schon entsprechende Modelle für alle gängigen Programme, die wir den Architekten und Planern zur Verfügung stellen. Es arbeiten aus meiner Sicht auch durchaus schon viele Architekten mit BIM, nutzen aber nur Teilkomponenten. Der ganzheitliche Ansatz ist zwar spürbar und da, aber noch nicht durchgängig umgesetzt.
Report: Sind Sanierungsprojekte für das VMS ein Thema?
Reiter: VMS ist klar für den Neubau konzeptioniert. Wir haben aber im letzten Jahr festgestellt, dass es auch in der Sanierung eine gute Rolle spielen kann. Gerade beim Industriebau gibt es viele Sheddächer, in die mit nur wenigen Umbaumaßnahmen ein modulares Oberlicht eingebaut werden kann.
Report: Wie wichtig ist VMS im Sortiment von Velux heute?
Reiter: In der Velux Gesamtwelt wird die Commercial-Division irgendwann zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen, aber das wird noch eine Zeit lang dauern.
Report: Wie sehen Ihre mittelfristigen Pläne für den Vertrieb des Systems aus?
Reiter: Wir wollen Synergien nutzen. Das klassische Flachdachfenster ist ein Produkt, das sehr gut zum VMS passt. Und wir beginnen verstärkt, spezifische Marktsegmente wie Hotels oder Krankenhäuser zu bearbeiten. Wir haben nicht ein modulares Oberlichtsystem, sondern wir haben die passende Lösung für jeden Gebäudetyp.
Report: Was sind Ihre konkreten Ziele für 2018?
Reiter: Ziel für 2018 und darüber hinaus ist eine jährliche Verdopplung der Absatzmenge. Das ist aufgrund des niedrigen Startniveaus jetzt noch relativ einfach, wird aber von Jahr zu Jahr anspruchsvoller. Spätestens 2020 wollen wir ein gewichtiger Player im Gewerbebau sein.
Zentral wird sein, die starke Dachmarke Velux im Commercial-Bereich in die Köpfe der Entscheidungsträger auf allen Ebenen zu bekommen – vom Architekten über Generalunternehmer und Handwerker bis zum Bauherrn. Das ist gar nicht so einfach. Bei einer großen Architektenmesse habe ich etwa festgestellt, dass viele Besucher unseren Messestand zwar wahrnehmen, aber nicht besuchen, weil sie davon ausgehen, dass sie Velux und die Produkte ohnehin kennen.