Die Kultur und der wirtschaftliche Erfolg eines Unternehmens sind eng miteinander verknüpft, denn sämtliche Handlungen und Entscheidungen sind von der Unternehmenskultur geprägt. Woran man merkt, dass es an der eigenen Kultur krankt, und wie man die Unternehmenskultur verbessern kann.
Durch die Management-Literatur geistern jede Menge abstrakte, oft schwammige Begriffe, die zwar jedem, der sich mit der Thematik beschäftigt, geläufig sind, deren konkrete Definition oder die unmittelbaren Auswirkungen auf Unternehmen und ihren wirtschaftlichen Erfolg die meisten jedoch vor gröbere Problem stellt. »Nachhaltigkeit« ist eines dieser Schlagworte – der Bau & Immobilien Report hat vor einigen Jahren eine Umfrage durchgeführt, was Führungskräfte unter dem Begriff verstehen und dabei abenteuerlich unterschiedliche Antworten erhalten – und natürlich »Unternehmenskultur«.
Fragt man Barbara Müller, Professorin am Institute of Human Resource and Change Management an der Johannes Kepler Universität Linz, was Unternehmenskultur bedeutet, erfährt man zuallererst, was es nicht ist: »Unternehmenskultur ist keine neuartige Managementmode. Unternehmenskultur bedeutet vielmehr, dass jede Organisation ihre eigenen immanenten Wesenszüge hat, die vielfältige Ursachen haben können und fallweise verborgen oder auch offensichtlich sind.« Dennoch ist laut Müller zu beobachten, dass »Kultur« auch als Modewort verwendete wird, weil es positiv besetzt ist. »Damit verkommt der Begriff aber zum Marketinginstrument.«
Bild oben: »Eine nachhaltig ausgeprägte Kultur führt zu einer erhöhten Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen«, sagt Barbara Müller, vom Institute of Human Resource and Change Management an der Kepler Universität Linz.
Intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt hat sich auch Matthias Pfützner, Pressesprecher der Kirchdorfer Gruppe. Weil er festgestellt hat, dass bei Kirchdorfer zwar im Jahr 2012 in mehreren Führungskräfte-Workshops Werte festgelegt und an die Mitarbeiter kommuniziert wurden, eine objektive Evaluierung der Umsetzung und Implementierung dieser Werte aber niemals stattgefunden hat, hat er in einer Master Thesis die Unternehmenskultur der Kirchdorfer Gruppe analysiert. Demnach betrachtet Pfützner die Kultur als Gesamtbild des Unternehmens. »Organisationen sind Kultur, sie ticken nach einer eigenen Logik, haben Eigen-Dynamik und Eigen-Sinn«, erklärt Pfützner.
Diese Kulturen bestimmen sich über gemeinsame Werte, Normen und Einstellungen, die großen Einfluss auf die Entscheidungen, Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder ausüben. Laut Müller führen nachhaltig ausgeprägte Kulturen zu einer erhöhten Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und zu einem eigenen Selbstverständnis. Daher ist es kein Zufall, dass Porr-CEO Karl-Heinz Strauss im Report-Interview (siehe nächste Seite) wiederholt von den »Porrianern« spricht. Damit schafft er Gemeinsamkeiten in der Belegschaft und eine enge Bindung zum Unternehmen.
Wirtschaftlicher Erfolg
Sowohl Müller als auch Pfützner sind fest davon überzeugt, dass die Unternehmenskultur eng mit dem wirtschaftlichen Erfolg verknüpft ist. »Sämtliche Unternehmenspraktiken, Entscheidungen und Handlungen sind von der Kultur geprägt. Davon wird der Unternehmenserfolg zentral bestimmt«, erklärt Pfützner. Dass Unternehmenskultur und ökonomischer Erfolg Hand in Hand gehen, hat auch Harvard-Ökonom John P. Kotter mit einer Analyse von 200 Unternehmen herausgefunden. »Man kann zusammenfassen, dass ein Unternehmen von einer starken Kultur und Wertehaltung profitiert«, so Müller. Im Umkehrschluss wirkt sich eine schwache Umkehr negativ auf den Unternehmenserfolg aus. Woran man erkennt, dass es an der eigenen Kultur krankt, weiß Leyrer+Graf-CEO Stefan Graf. »Wenn es eine hohe Fluktuation im Unternehmen gibt, viele Krankenstände und Burnouts, oder ein hohes Misstrauen und eine hohe Anspannung herrscht,also die klassischen Symptome, dass man sich am Arbeitsplatz nicht wohlfühlt, sind das deutliche Alarmsignale, dass mit der Kultur etwas nicht stimmt.«
Die Kultur verbessern
Bild oben: Für Stefan Graf, CEO Leyrer+Graf, schafft eine gute Unternehmenskultur »Orientierung und Inspiration und legt das Fundament, um mit Freude bei der Arbeit zu sein«.
Unternehmen, die sich bewusst mit der eigenen Kultur auseinandersetzen und diese verbessern wollen, starten oft mit der Erstellung von Leit- und Wertebildern auf der Basis gemeinsamer Überzeugungen, sogenannten Grundannahmen. »Es werden Visionen, Missionen und Grundwerte definiert, die Mehrheit der Mitarbeiter bekommt davon aber nicht viel mit. Für die tatsächliche Kultur hat das Papier an den Wänden in den Vorstandsetagen und Besprechungszimmern wenig Relevanz«, weiß Pfützner. Damit die definierten Leitwerte auch tatsächlich Auswirkungen auf das Handeln und Verhalten der gesamten Belegschaft haben, braucht es laut Pfützner eindeutige Normen oder Standards, anhand deren eine durchgängige Ableitung und Interpretation der Werte in konkrete Situationen möglich wird.
»Diese Normen müssen bekannt gemacht werden, damit die Werte auch im Unternehmen implementiert werden. Aus der Einhaltung dieser Normen wiederum entstehen Symbole, sichtbare Zeichen, wahrnehmbares Verhalten, wodurch die gemeinsame Wertebasis gestärkt wird«, erklärt Pfützner sein im Rahmen der Master Thesis entwickeltes Kulturmodell (siehe Grafik). Das sind oft vermeintlich kleine Dinge, die aber große Wirkung zeigen können. Will ein Unternehmen etwa »überzeugend« sein, kann die daraus resultierende Norm ein einheitlicher Auftritt nach außen sein, der die Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen zeigt. Das dazugehörige Symbol kann das Tragen einer Firmenkrawatte sein. »Das mag banal klingen, hat aber eine Signalwirkung. Die Außenwelt weiß nicht, dass das Tragen der Krawatte die Folge von festgelegten Normen ist, sondern bekommt den Eindruck vermittelt, dass der Mitarbeiter von seinem Unternehmen und seinem Produkt überzeugt ist. Das wiederum wirkt auch nach außen überzeugend«, erklärt Pfützner.
Kreislauf Unternehmenskultur: Dem Kulturmodell von Matthias PfützneR folgend, ist Unternehmenskultur ein Kreislauf: Definierte Werte werden in Normen gegossen, aus denen Symbole entstehen, die wiederum die Wertebasis stärken.
Kultur und IT
Die digitale Transformation hat in allen Bereichen, Branchen und Lebenslagen Einzug gehalten. Deshalb spielt die IT auch in Sachen Unternehmenskultur eine immer wichtigere Rolle, ist Oliver Krizek, Eigentümer und Geschäftsführer des IT-Systemhauses Navax, überzeugt. »Der Einsatz moderner IT-Systeme signalisiert, dass ein Unternehmen zukunftsorientiert und offen für Neues ist. Das ist auch ein Zeichen für den Willen eines Unternehmens, am Puls der Zeit zu bleiben, Innovation zuzulassen und zu leben.« Außerdem stellt das IT-System eines Unternehmens immer auch einen Spiegel der internen Kultur dar. Wenn Mitarbeiter mit einem IT-System mit vielen Freiheitsgraden arbeiten, dann steht das für ein gewisses Maß an Eigenverantwortung und Vertrauen, das die Geschäftsleitung den Mitarbeitern entgegenbringt.
Und schließlich können sich Unternehmen mit modernen IT-Lösungen auch als attraktive Arbeitgeber positionieren. Generell sollte jedes Unternehmen, bevor es ein neues IT-System einsetzt, seine Kultur hinterfragen. »Wenn man weiß, in welche Richtung es gehen soll, kann dann die entsprechend passende IT-Lösung gesucht und gefunden werden«, erklärt Krizek.