15 Monate wurde im Rahmen des Dialogforum Bau darüber diskutiert, wie man das Bauen in Österreich klarer und einfacher gestalten kann. Ein erstes Ergebnis sind 53 konkrete Verbesserungsvorschläge für rein österreichische Bau-Standards. Zudem soll ein neues Gremium das Zusammenspiel der verschiedenen Regelwerke koordinieren.
Zu viele Vorschriften in unterschiedlichen Regelwerken, die sich überschneiden, einander widersprechen, Bauprojekte hemmen und eklatant verteuern.« Diese Pauschalvorwürfe kommen in schöner Regelmäßigkeit – von Bauunternehmen, Bauträgern oder Architekten, meist jedoch ohne richtig konkretisiert zu werden, so die Kritik von Austrian Standards. Um diese Situation zu diskutieren und analysieren, lud deshalb auch der Bau & Immobilien Report im Jänner 2016 zu einem Round Table mit Vertretern aus Politik, Architektur, Bauträgerschaft und Normenwesen.
Zur selben Zeit entschied man auch bei Austrian Standards, Nägel mit Köpfen zu machen, und startete gemeinsam mit der Bundesinnung Bau das Projekt »Dialogforum Bau Österreich – gemeinsam für klare und einfache Bauregeln«. Mehr als 15 Monate lang haben rund 400 Personen und Organisationen in zwei öffentlichen Online-Konsultationen und zehn Arbeitskreisen intensiv darüber diskutiert, welche komplexen Ursachen den Problemen zugrunde liegen und in welchen Bereichen der Bauregeln es Vereinfachungen, Verbesserungen und Veränderungen geben kann und muss. Beteiligt haben sich alle Stakeholder aus der Bauwirtschaft – von Bauprodukteherstellern und Bauunternehmen über Innungen, Fachverbände, Gewerkschaft, Wohnbauträgern und Architekten bis zu den großen öffentlichen Auftraggebern wie Bund, Länder und Gemeinden. Jetzt liegen erstmals umfangreiche Analysen der Ist-Situation sowie konkrete Empfehlungen und Forderungen vor.
Bessere Koordination im Brandschutz
Thematisch ging es im Dialogforum Bau neben Qualität und Quantität von freiwilligen Normen vor allem auch um rechtliche Rahmenbedingungen, Kompetenzaufteilungen und Haftungsfragen. Die baurechtlichen Aspekte – also das komplizierte Konglomerat aus Gesetzen, Richtlinien, Förderrichtlinien und freiwilligen Normen – zählten zu den meist diskutierten Punkten.
Als größte Problemfelder wurden die Themen »Brandschutz« und »Barrierefreiheit« angesprochen. Als Ergebnis soll in Zukunft ein neues Gremium die Koordination zwischen OIB-Richtlinien, Ö-Normen und TRVB-Richtlinien sicherstellen, wie Irmgard Eder, Leiterin der Kompetenzstelle Brandschutz in der MA 37 der Stadt Wien ankündigte. Ein Vorschlag, der auch für andere Themenbereiche, etwa »Energie« und »Barrierefreiheit« eine Lösung sein könnte. Auch die Rolle der Sachverständigen wurde wiederholt thematisiert, wobei die Forderung nach einem praxisnäheren Zugang im Vordergrund stand.
Gemeinsam mit dem Gesetzgeber
In Bezug auf die Ö-Normen wurden 53 konkrete Änderungsempfehlungen für rein österreichische Bau-Standards an die zuständigen Komitees bei Austrian Standards weitergeleitet und sind schon in Bearbeitung.
Die Teilnehmenden am Dialogforum kamen aber auch zur Erkenntnis, dass der Wunsch nach harmonisierten, klareren Bauregeln in Wirklichkeit ein höchst politisches Anliegen ist. Die vielschichtigen Probleme mit nicht abgestimmten und sich überlagernden Regelungen würden sich nur durch gemeinsames Vorgehen der Bundesgesetzgebung und der Landespolitik lösen lassen. »Jetzt sind auch Entscheidungsträger aus Parlament, Justiz und Verwaltung gefordert, konstruktiv in die Diskussion einzusteigen«, betont Austrian-Standards-Direktorin Elisabeth Stampfl-Blaha.
Die nächsten Schritte
- Änderung von Normen auf Basis konkreter Anträge aus dem Dialogforum
- Weiterentwicklung der Normung durch systematische und nachhaltige Verbesserungen
- Das Problem paralleler Standards durch horizontale Abstimmung lösen
- Review und Änderung baurelevanter Regelungen durch die Einbeziehung der Politik
- Haftungsregelungen ändern durch eine Anpassung der Gesetzeslage