Massivbau überzeugt durch Langlebigkeit, Wertbeständigkeit, Regionalität, Maßgenauigkeit und seine Speichermasse, im Sommer wie im Winter. Massivbau ist ein Muss jeder Konstruktion, bildet er doch das Skelett jedes modernen großvolumigen Gebäudes – selbst im Holzbau.
Beton-Innovation Pneumatic
Innovativ bei heutigen Betonlösungen sind Verarbeitungs- und Gestaltungsweise. »Wenn man richtig plant und baut, kann Massivbau zum Leichtbau werden«, so Univ.-Prof. Johann Kollegger vom Institut für Tragkonstruktionen an der TU Wien und spricht zwei Projekte an, die sein Institut begleitet hat. In Kärnten werden bei einer Wildbrücke im Verlauf der Koralmbahn und einem Testbauwerk für die ÖBB-Infrastruktur aufblasbare Luftpolster statt aufwendiger Stützkonstruktionen eingesetzt. »Wir arbeiten mit der Technologie des Aufblasens seit mehr als zehn Jahren. Es gab sehr viele Entwicklungsschritte, aber auch Rückschläge. Heute stehen wir vor einem funktionsfähigen System.« Dazu wird die Betonplatte flach am Boden ausgehärtet, anschließend ein darunterliegender Pneu aus zwei miteinander verschweißten Kunststofffolien aufgepumpt. Gleichzeitig wird ein außen um die Betonplatte verlaufendes Stahlseil zusammengezogen, sodass der Beton innen gehoben und außen niedergedrückt wird.
Um sicherzustellen, dass sich alle Teile gleichmäßig heben, sind die Segmente der Betonplatte mit Metallschienen verbunden – die »Pneumatic Forming of Hardened Concrete«-Methode. Damit lassen sich Kuppeln mit 50 Metern Durchmesser errichten. Die Luftpolstertechnik spart einen großen Teil der Baukosten. Die Herausforderung liegt laut Univ.-Prof. Kollegger bei komplizierten Formen mit engen Krümmungsradien. Als weiteres Thema seines Instituts nennt er den textilbewehrten ultrahochfesten Beton, ein Forschungsprojekt der FFG. Steigende Bedeutung misst u.a. Smart Minerals dem Sichtbeton zu. Dieser wird im Gegensatz zu anderen Betonarten nicht verputzt oder verblendet. »Sichtbeton sorgt für eine spezielle Optik und hat daher meist eine gestalterische Funktion«, bemerkt Stefan Krispel, Geschäftsführer Smart Minerals, beim Gespräch mit dem Bau & Immobilien Report am neuen Standort TU Wien Science Center.
Raumgewinn
Der Porotherm Objektziegel Plan bietet keine spezielle Optik, aber mit ihm lässt sich wertvolle Wohnnutzfläche gewinnen, die auf die Anforderungen des mehrgeschoßigen Wohnbaus in gehobener Niedrigenergie- und Passivhausbauweise abgestimmt ist. Franz Kolnerberger, Geschäftsführer der Wienerberger Ziegelindustrie: »Wir bauen immer häufiger in die Höhe, um in Ballungsgebieten Wohn- und Arbeitsfläche zu schaffen. Dies führt zu höheren Anforderungen an die verwendeten Baustoffe.« Der moderne Objektziegel entspricht den Anforderungen wie Maßgenauigkeit, Druckfestigkeit, Wärmeschutz und Flächeneffizienz. Durch die integrierte Wärmedämmung aus Mineralwolle kann die Zusatzdämmung auf eine konstruktiv leichter ausführbare Stärke reduziert werden. Die Mineralwolle ist formstabil, durchgehend hydrophobiert und nimmt kein Wasser auf.
Unter Kontrolle
Langlebigkeit bildet neben Wertbeständigkeit und Nachhaltigkeit einen wesentlichen Vorteil des Massivbaus. Für die Optimierung braucht es laufende Kontrolle und Forschung. Smart Minerals setzt zur Untersuchung und Beurteilung der Beständigkeit und der Dauerhaftigkeit mineralischer Baustoffe ein neues Großprüfgerät ein, welches die tatsächlichen Einwirkungen auf die Bauteile unter Zeitrafferbedingungen nachstellt. Das Universal Klima- und Bewitterungssimulationsgerät bietet deutliche Fortschritte hinsichtlich Steuerungsgenauigkeit, Prüfraumgröße sowie angenommenen Umweltbedingungen und erlaubt durch zusätzliche Variationsmöglichkeiten, etwa die Ermittlung des Karbonatisierungsfortschrittes, die Umsetzung weit über Standardprüfungen hinausgehender Prüfabläufe und Belastungssimulationen. »Dies wird zum vertieften Verständnis des Baustoffverhaltens unter unterschiedlichen klimatischen Beanspruchungsarten beitragen«, betont Stefan Krispel.
Bild oben: »Seit dem letzten Sommer wissen Städter-Innen, was urbane Hitzeinseln, sogenannte Heat Islands, sind. Heller Beton auf Verkehrsflächen, aber auch auf Gebäuden, ist unser Rezept dagegen. Dünne Straßenbetonschichten auf Asphalt, auch als White Topping bezeichnet, reflektieren die Hitze und tragen neben Formstabilität sowie Dauerhaftigkeit zur Reduktion einer innerstädtischen Überhitzung bei«, sagt Stefan Krispel, Geschäftsführer Smart Minerals.
Fertigung
Weniger Innovation in der maschinellen Produktion als vielmehr in der Fertigung erwartet Michael Wardian, Geschäftsführer Kirchdorfer Fertigteilholding. »Am Bausektor wird es immer schwieriger, qualifiziertes Personal zu finden, egal um welche Bauart es sich handelt.« Daher braucht es moderne Fertigungsmöglichkeiten. Die Automatisierung bringt zudem andere Stückzahlen, die zu einer Kostendegression führen. Vielfach findet laut Wardian in den Werken der Betonfertigungsindustrie die Fertigung noch so statt wie vor 15 oder 20 Jahren, erst ein kleiner Teil läuft automatisiert ab. Mit der MABA-Korbwand bietet Kirchdorfer eine zukunftsweisende Lösung. Das Produktionsverfahren wurde im vergangenen Jahr mit dem oberösterreichischen Startup-Unternehmen Rapperstorfer entwickelt. Zwei dünne Betonwände werden vorproduziert und mit Stäben aus Bewehrungsstahl, die vollautomatisch angebracht werden, verbunden.
Wardian: »Man muss an der Optimierung der Produkte arbeiten, an der Bewehrungstechnik, der Betonrezeptur und der Automatisierung der Fertigung.« Zur Betonrezeptur nennt Stefan Krispel das Forschungsprojekt »Weiße Wanne«, das die Leistungsfähigkeit neuer Betone zum Fokus hat. Gearbeitet wird mit neuen alternativen Betonzusammensetzungen, welche die gestellten Anforderungen noch besser erfüllen sollen. Die Automatisierung sei ein Entwicklungsschub, mit dem leistbares Wohnen schneller umgesetzt werden könnte. Abzuwarten bleibt laut Kirchdorfer, wie sich das Thema 3D-Druck entwickelt. »Es ist nicht leicht zu prophezeien, wie der 3D-Druck im Massivbau Fuß fassen wird. Ich glaube, es hängt von der Individualisierung ab«, schätzt Wardian.
Um möglichst viel Wohnfläche zu schaffen, ist eher die Standardisierung angesagt – die auch bei Kirchdorfer den Schwerpunkt bildet. Damit wird der 3D-Druck in naher Zukunft eher keinen großen Markt im Massivbau bilden. Digitalisierung generell ist aber nicht aufzuhalten. Der Kirchdorfer- Spartenleiter abschließend: »Die wirklich innovativen Bauunternehmen wie Porr oder Rhomberg setzen auf Digitalisierung. Sie brauchen verlässliche Partner, die die gleiche Sprache sprechen.« Daher muss man sich mit dem Thema BIM intensiv auseinandersetzen, auch im Bereich CAD-Technik etwa auf dem letzten Stand sein.