Die heimischen Schalungsanbieter haben allen Grund zur Freude. Die Margen sind zwar nach wie vor unter Druck, aber 2016 ist gut gelaufen und auch für 2017 stehen die Zeichen auf Wachstum. Der Trend zur Miete hat seinen Höhepunkt erreicht, es wird wieder mehr gekauft. Plus: Welche digitalen Lösungen die Hersteller planen und umsetzen.
Nach einigen durchaus schwierigen Jahren ist 2016 für die heimische Schalungsindustrie durchwegs positiv verlaufen. Der Gesamtmarkt hat sich parallel zur Bauwirtschaft gut entwickelt und auch die wichtigsten Hersteller berichten fast durch die Bank von signifikanten Umsatzzuwächsen. Ringer etwa blickt im Schalungsgeschäft auf ein Umsatzplus von 15 Prozent und das damit beste Jahr der 72-jährigen Firmengeschichte zurück. Auch für Peri war 2016 das bisher beste Jahr in Österreich, in dem erstmals die 20-Millionen-Euro-Marke geknackt wurde. Doka spricht von einem »deutlichen Umsatzzuwachs« und auch für Hünnebeck war 2016 »ein sehr gutes Jahr«. Für Meva ist das abgelaufenen Jahr immerhin »zufriedenstellend verlaufen«.
Immer noch stark unter Druck sind allerdings die Margen. Das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern. Vor allem die steigenden Rohstoffpreise im Bereich Stahl dürften sich auch 2017 negativ auf die Margen auswirken. »Wir als Hersteller geraten dadurch noch stärker unter Druck, als wir es als letztes Glied der Bauwirtschaftskette ohnehin schon sind«, erklärt Ringer-Geschäftsführer Thomas Ringer. Er versucht dieser Entwicklung mit einer noch stärkeren Optimierung der Herstellungsprozesse zu begegnen, weshalb die Produktion am Standort Regau weiter modernisiert wird. Für Gerhard Wagner, Geschäftsführer Meva, sind die Margen vor allem im Mietgeschäft stark unter Druck, und hier »vor allem beim sozialen Wohnungsbau«. Peri-Geschäftsführer Christian Sorko will über schlechte Margen nicht zu viele Worte verlieren. »Wir dürfen nicht alles totjammern. Jeder ist für seinen Preis und seine Marge selbst verantwortlich. Der Markt ist so, wie wir ihn machen«, stellt er fest. Natürlich könnte die Marge besser sein, aber in Summe ist Sorko zufrieden.
Einer gegen alle
Ein Blick auf die aktuelle Geschäftsentwicklung der Top 5-Player in Österreich zeigt, dass sich der lange Zeit vorherrschende Trend zum Mietgeschäft nicht nur abschwächen, sondern zum Teil sogar umkehren dürfte. Doka-Geschäftsführer Walter Schneeweiss ortet ebenso eine steigende Investitionsbereitschaft wie Gerhard Wagner. Bei Peri war schon im letzten Jahr ein verstärkter Trend in Richtung Kauf spürbar. »Kauf und Investition sind eine Entscheidung für die Zukunft. Man erwartet einen Return-on-Investment. Wenn positive Stimmung herrscht, wird investiert«, ist Sorko überzeugt. Und diese positive Stimmung sei derzeit überall spürbar, vom Baumeister über den Mittelstand bis zur Industrie. Bei Ringer liegt das Verhältnis Kauf-Miete bei aktuell 65:35. Daran wird sich laut Thomas Ringer mittelfristig auch nichts ändern. Aber auch er geht davon aus, dass der Trend zur Miete seinen Höhepunkt erreicht hat.
Foto: »Wenn positive Stimmung herrscht, wird verstärkt investiert. Und diese positive Stimmung ist überall zu spüren, vom Baumeister über den Mittelstand bis zur Industrie. Der Trend in Richtung Kauf ist deutlich erkennbar«, sagt Christian Sorko, Geschäftsführer Peri.
Lediglich Gerald Schönthaler, Geschäftsführer Hünnebeck, sieht die Miete weiter auf dem Vormarsch. Als Beleg für diese These führt er den deutschen Baumarkt an. »Es zeigt sich in den letzten Jahren die Tendenz, verstärkt Material projektbezogen anzumieten.« Für den Kunden bedeute das höhere Flexibilität bei geringerer Kapitalbindung, die Anforderungen an die Schalungsanbieter steigen hingegen. Die Lieferzeiten werden kürzer, die erwarteten begleitenden Dienstleistungen wie z.B. Engineering, Schalmeisterservice, Anwenderschulungen, Reinigung und Reparatur deutlich mehr. »Wir haben uns auf diesen Trend schon vor Jahren eingestellt und investieren fortlaufend in unserer europäischen Mietpark, um eine hohe Verfügbarkeit und Produktqualität sicherzustellen«, sieht sich Schönthaler für die Zukunft gerüstet.
Digitale Lösungen
Die Digitalisierung macht natürlich auch vor den Schalungsherstellern nicht Halt. An BIM-Lösungen arbeiten aktuell alle namhaften Hersteller. Aber auch abseits von Building Information Modeling tut sich einiges. Längst zum Standardprogramm gehören die nicht nur gleichnamigen, sondern auch gleichartigen Kundenportale myDoka, myPeri, myHünnebeck und myMeva. Damit können Kunden die Projektdaten ihrer Baustellen abrufen und Auswertungen erstellen. Außerdem liefern diese Plattformen Informationen über Materialbestände, Lieferbewegungen und Rechnungen. Vom Mitbewerb abheben kann man sich damit allerdings nicht mehr.
Foto: »Der nächste Schritt unserer Digitalisierungsstrategie ist ein Online-Shop, über den Kunden Komponenten und Systeme beziehen können«, erklärt Doka-Geschäftsführer Walter Schneeweiss.
Diese Marktdifferenzierung ist der Doka mit Concremote gelungen. Dabei handelt es sich um einen Sensor, der die Festigkeit und den Aushärtungsgrad des Betons misst und dem Bauleiter und Polier eine digitale Information per Mail oder SMS sendet, sobald der richtige Ausschalmoment gekommen ist. Intern wurde erst kürzlich ein globales Kollaborations- und Kommunikationstool eingeführt. Darüber werden nicht nur alle für das Unternehmen relevanten Informationen verteilt. Es erlaubt auch, dass Projektgruppen in der ganzen Welt an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, ohne sich täglich persönlich zu treffen. Als nächsten Schritt plant die Doka einen Online-Shop, über den Kunden Komponenten und Systeme beziehen können.
Auch bei Hünnebeck wird an neuen Online-Verkaufsplattformen gearbeitet. »Ein Gebrauchtmaterial-Webshop ist ein erster Schritt in diese Richtung«, erklärt Schönthaler. Aber auch beim Produkt selbst hat die Digitalisierung bereits Einzug gehalten: So wird etwa die neue Platinum 100 Wandschalung serienmäßig mit RFID-Chips ausgestattet, um einzelne Schalungselement eindeutig identifizieren zu können. Das erleichtert nicht nur den Zugang zu Finanzierungsformen, es ermöglicht zudem die Integration des Materials in ERP-Systeme, mit denen sich alle wesentlichen Vorgänge im Laufe eines Produktlebens dokumentieren und kontrollieren lassen.
Bei Meva werden aktuell die elektronische Rechnungslegung und eCommerce ausgebaut. Und auch beim eigentlichen Kerngeschäft, der Schalungsplanung, setzt man auf neueste digitale Programme. »Die Architekten haben den Beton als Gestaltungsmerkmal entdeckt und immer öfter werden geneigte, geschwungene Wände, abgerundete Ecken, schiefe Flächen oder andere komplexe Formen verlangt«, sagt Wagner. Als Beispiel nennt er die WU Wien, für die Meva alle Sonderschalungen geliefert hat. Da kommt man mit Standardlösungen nicht weit. »Hier muss man mit 3D-Modellen planen, oft Betontakt für Betontakt, weil jeder Takt und damit die benötigten Formen anders sind«, so Wagner.
Centrio, ein Unternehmen der Peri Gruppe, hat sich auf Digitalisierungslösungen für die Baubranche spezialisiert.Das von Centrio entwickelte Produkt Centrio CLM ist eine digitale Bauakte für Bauunternehmen, in der Daten und Informationen übersichtlich dargestellt, gemanagt und verknüpft werden. Das System basiert auf einer erprobten Softwarelösung, die in der neusten Generation bei Peri weltweit im Einsatz ist.
Neue Produkte und Lösungen im Überblick
Peri
Bei Peri dreht sich aktuell alles um das Fassadengerüstsystem Peri Up Easy und die aus einem faserverstärkten Technopolymer konstruierte Leichtschalung Peri Duo. Das Gerüst überzeugt mit geringen Gewichten, einer reduzierten Anzahl von Bauteilen und einfachen Handgriffen für eine weitgehend werkzeuglosen Montage und Demontage. Außerdem verspricht Peri Up Easy hohe Arbeitssicherheit durch das vorlaufend montierte Geländer. Aus einem neuartigen technischen Polymer ist die leichte Universalschalung DUO für Wände, Decken, Säulen und Fundamente konstruiert. Die Paneele sind besonders leicht und daher auch von Hand einfach auf der Baustelle oder im Gelände zu transportieren. Die Verbindungselemente bestehen aus dem gleichen Technopolymer, die Montage verläuft mit wenigen Handgriffen. Auch weniger erfahrene Anwender können den Umgang mit der Schalung mit geringem Schulungsaufwand schnell erlernen.
Doka
Mit DokaBase hat der heimische Marktführer ein neues Komplettsystem für Bodenplatte, Wand und Deckenrandabschalung entwickelt. Die Besonderheit des neuartigen Systems ist, dass die Außendämmung gleichzeitig auch als Schalung genutzt wird, was sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit auswirkt, da die Abschalung der Bodenplatte und der Decke entfällt. So kann einerseits der Bauablauf beschleunigt und andererseits der Materialbedarf reduziert werden. Die mineralische Beschichtung der DokaBase Paneele sorgt für eine vollflächige Verbindung mit dem Beton und schafft eine hinterlaufsichere Dämmung sowie eine nachweislich bessere Betonstruktur. Ende letzten Jahres erhielt DokaBase das offizielle Gutachten der Zertifizierungsstelle OFI CERT. Damit wird bestätigt, dass bei Errichtung von Stahlbetonwänden mit DokaBase eine Wasserundurchlässigkeit gegen hohen Wasserdruck gegeben ist. Eine zusätzliche Feuchtigkeitsabdichtung ist somit bei normgerechter Ausführung des Bauwerks nicht mehr notwendig.
Ringer
Ringer Gerüste und Schalungen steht kurz vor der Markteinführung einer neuen, einseitig bedienbaren verzinkten Rahmenschalung. »Unsere Schalungstechniker arbeiten seit langem an dieser herausfordernden Neuentwicklung, jetzt stehen wir kurz vor dem Durchbruch. Die ersten Prototypen werden derzeit gebaut, die ersten Baustellen sind bereits in Vorbereitung«, so Geschäftsführer Thomas Ringer. Ringer schafft es damit als einer der ersten Schalungshersteller im mittelständischen Segment, eine serienreife einseitige Schalungslösung anzubieten. Vorteile der einseitig bedienbaren Rahmenschalung sind eine deutliche Zeit- und Kostenreduktion auf der Baustelle.
Meva
Meva bringt jetzt auch in Österreich die Wandschalung Mammut XT auf den Markt, die die ein- und beidseitige Ankerung der Schalelemente ganz ohne An- oder Umbauteile erlaubt und drei verschiedene Ankermethoden einfach per Umstellung der Ankerstelle ermöglicht. Bislang waren maximal zwei Ankermethoden möglich – und diese auch nur per Umbau. Bei den Ankerstäben für die einseitige Ankerung ist die Gelenkflanschmutter integriert, was die Anzahl der benötigten Ankerteile um bis 50 % reduziert. Für die Ankerstäbe gibt es an den Elementen zudem Halter, wo sie vor dem Umsetzen einfach eingesteckt werden und dann am neuen Einsatzort sofort wieder da verfügbar sind, wo sie gebraucht werden. Analog gibt es für das Schalschloss an den größeren Elementen einen Klemmhalter, an dem es für das Umsetzen geparkt wird und wie das Ankerzubehör mit dem Element mitfährt.