Die Digitalisierung umfasst heute alle Bereiche des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. Kaum ein Unternehmen, das nicht schon auf den Zug aufgesprungen ist – nicht immer mit Erfolg. Der Bau & Immobilien Report stellt einige ausgewählte Beispiele gelungener Digitalisierungsmaßnahmen vor, die zeigen, wie weit das Feld und wie groß die Möglichkeiten sind.
Der Prozess der Digitalisierung ist unaufhaltsam. Keine Branche kann sich der Entwicklung verschließen. Dennoch zeigt sich Zukunftsforscher Matthias Horx in einem aktuellen Interview mit Report(+)PLUS überrascht, »wie reduziert und im Grunde defensiv Digitalisierungsstrategien in den Managementetagen geplant werden«. In vielen Fällen gehe es lediglich um Einsparungen und Unternehmen reagieren nur auf aktuelle Entwicklungen, statt das Heft des Handelns in die eigene Hand zu nehmen und zu agieren. »Viele Unternehmen unterliegen der Versuchung, irgendwie auf der digitalen Welle mitzureiten, was zu Me-too-Lösungen verleitet«, sagt auch Christian Schuldt, Autor des Buches »Digitale Erleuchtung«. Was dabei auf der Strecke bleibe, ist die Reflexion und ein echtes Verständnis der »Digitalisierung«, ein Hinterfragen ihrer Auswirkungen auf die eigene Organisation. Vorwürfe, von denen sich viele Vertreter der Bauwirtschaft nicht zur Gänze freisprechen können.
Dass Digitalisierungsmaßnahmen einen unmittelbaren Nutzen für die eigene Organisation sowie für die Kunden und die Beziehung zu den Kunden haben müssen, hat sich noch nicht überall herumgesprochen. Es gibt aber auch in der Baubranche rühmliche Ausnahmen. Beim Schalungsspezialisten Doka etwa wird Digitalisierung »nicht als ein Produkt oder Tool betrachtet, sondern holistisch«, wie der designierte neue Vorsitzende der Geschäftsführung der Doka-Group Jens Günther gegenüber dem Bau & Immobilien Report erklärt. Es gibt heute bei der Doka keinen Prozess mehr, der rein analog abläuft. Um die internen Prozesse des global agierenden Unternehmens zu optimieren, ging etwa bereits 2013 das Intranet »2gether« online. Darüber werden nicht nur alle für das Unternehmen relevanten Informationen verteilt. Es erlaubt auch, dass Projektgruppen in der ganzen Welt an einem gemeinsamen Projekt arbeiten, ohne sich täglich persönlich zu treffen. »2gether hat die Kommunikation entscheidend verändert«, sagt Günther. Es unterstützt effizientes Arbeiten, bündelt Wissen und Informationen und stellt diese jederzeit und für alle zur Verfügung.
Zum Wohle des Kunden
In Sachen Kundennutzen hat Doka schon seit 2012 das Online-Portal myDoka im Einsatz, das schon von über 2.000 Kunden in 15 Ländern genutzt wird. Dabei können Kunden mittels Laptop, Smartphone oder Tablet einfach, schnell und sicher die Projektdaten ihrer Baustellen abrufen und Auswertungen erstellen. Auf myDoka haben User Materialbestände, Lieferbewegungen und Rechnungen tagesaktuell im Blick. Ein digitales Vorzeigeprojekt ist Concremote. ein Sensor, der die Festigkeit und den Aushärtungsgrad des Betons misst und dem Bauleiter und Polier eine digitale Information per Mail oder SMS sendet, sobald der richtige Ausschalmoment gekommen ist..
Bild: »Mit Maßnahmen wie e-billing und e.knauf vereinfachen und modernisieren wir interne und externe Abläufe mit digitalen Maßnahmen«, erklärt Stefan Pointl, Vetriebsleiter Knauf Österreich.
Und für die Optimierung der Interaktion mit den Kunden hat Doka aktuell eine Pilotstudie für den Doka Online-Shop mit ausgewählten Kunden aus Österreich und Deutschland laufen. Der Shop, der im ersten Quartal 2017 live gehen wird, soll Doka-Kunden grenzenloses Shopping von Komponenten und Systemen über das Internet ermöglichen.
Auch bei Xella sollen die neuen digitalen Angebote vor allem einen Mehrwert für die Kunden schaffen. »In Kundeninterviews haben wir erarbeitet, welche Bedürfnisse akut bestehen und welche zukünftigen digitalen Trends die Geschäftsbeziehungen vertiefen können«, erklärt Peter Beneder, Produktmanager Xella Österreich. Damit ergeben sich für die verschiedenen Zielgruppen völlig unterschiedliche digitale Angebote. Private Endkunden wünschen sich einen verständlichen Bauablauf. Bauunternehmer können durch optimierte Wandkonzepte wirtschaftliche Baulösungen anbieten und Architekten wollen immer Zugriff auf die aktuellsten Produktinformationen.
In einem nächsten Schritt will Xella für alle Produkte BIM-Lösungen anbieten. »BIM-ready zu sein und dabei die Geschäftsbeziehungen zu unseren Kunden zu vertiefen, ist Ziel unserer nächsten Schritte eines kundenzentrierten digitalen Angebots«, erklärt Beneder.
Abläufe vereinfachen
Bei Knauf sollen mit aktuellen digitalen Maßnahmen wie e-billing und e.knauf interne und externe Arbeitsabläufe vereinfacht und modernisiert werden. e.knauf etwa ist ein elektronisches Kundeninformations- und Bestellsystem. »Mit dieser Plattform schaffen wir für unsere Kunden die Möglichkeit, unabhängig von unseren Servicezeiten 24 Stunden täglich bequem vom Büro oder auch von unterwegs aus die Bestellungen aus unserem kompletten Produktprogramm zu tätigen.« Auch können Kunden jederzeit den Status ihrer Bestellung sowie Produkt- und Lieferdaten einsehen oder Lieferadressen verwalten. »Damit können Fehler beim Bestellvorgang minimiert und die dadurch entstanden Fehllieferungen eingeschränkt werden«, ist Stefan Pointl, Vetriebsleiter Knauf Österreich, überzeugt. Als nächste Schritte stehen auf der Digitalisierungsagenda bei Knauf ein e-Learning-Tool sowie eine App speziell für Verarbeiterkunden.
Präventive Wartung
Beim Aufzugshersteller Kone denkt man beim Thema Digitalisierung vor allem an den intelligenten Personenfluss in Gebäuden. Damit sich Personen so rasch und sicher wie möglich im Gebäude bewegen können, vernetzt etwa die neue Personenfluss-Intelligenz-Lösung (PFI) die Schlüsselbereiche Zutrittskontrolle, Zielleitsystem Anlagenüberwachung sowie Informations- und Kommunikationssystem. »Das Ergebnis dieser Vernetzung sind weniger überfüllte Kabinen, kürzere Warte- und Fahrzeiten. Weniger unnötige Stopps bedeuten auch eine geringere Abnutzung der Anlage insgesamt«, erklärt Gernot Schöbitz, Managing Director Kone Österreich. Außerdem liefern spezielle Sensoren Daten und Informationen über beginnende Abnutzungen und Abweichungen. Daraus folgt eine »zustandsabhängige Wartung«, die präventive Eingriffe ermöglicht, damit es gar nicht erst zu einer Störung kommt.