Seit 2008 gibt es in der Strabag ein eigene BIM.5D-Abteilung, seit 2015 ist das Thema Chefsache. Was der konsequente Einsatz von BIM.5D in der Praxis bringt, zeigt ein aktuelles Projekt in Dänemark: Dabei konnte die Strabag nachweisen, dass ein Euro, der in BIM.5D investiert wird, sechs Euro an Ersparnis bringt. Denn allein durch die Kollisionsprüfung konnten schon zu Beginn 30.000 potenzielle Probleme identifiziert und beseitigt werden.
Gegenüber der produzierenden Industrie hat die Bauwirtschaft in den letzten Jahrzehnten massiv an Produktivität eingebüßt. Ein Hauptgrund dafür ist laut Konstantinos Kessoudis der durch die fragmentierte Struktur im Bauwesen bedingte Verlust an Information in allen Phasen – vom Vorentwurf bis zum Betrieb. »Die einzelnen Prozesse innerhalb der jeweiligen Phasen sind nicht verbunden«, erklärt Kessoudis. Die Lösung liegt in der Digitalisierung, die Methode dazu ist BIM.
Konsequent ein- und umgesetzt bedeutet das eine »ganzheitliche digitale Arbeitsweise über alle Phasen«. Um diese Vision zu realisieren, hat Kessoudis im Strabag-Konzern 2008 unter dem Namen BIM.5D eine eigene Abteilung gegründet. »Der Zusatz 5D bedeutet, das digitale 3D-Abbild eines Bauwerks mit der Dimension Zeit und den Planungs-, Bau- und Betreiberprozessen, vereinfacht gesagt der Dimension Kosten, zu verbinden und möglichst alle Daten in einem zentralen Bauwerksdatenmodell zu erfassen«, erklärt Kessoudis.
Die Inspiration für das Projekt kommt wenig überraschend aus der Automobilindustrie. Ein gemeinsames Forschungsprojekt mit Daimler brachte den Stein schon in den 90er-Jahren ins Rollen. 2001 erfolgte der offizielle Startschuss für BIM innerhalb der Strabag, bevor 2008 Kessoudis die neue Abteilung aus der Taufe hob. 2015 schließlich folgte die »Managemententscheidung zur beschleunigten Entwicklung und Einführung von BIM.5D bei Strabag«. Damit hat die Strabag auf einen international absehbaren Trend reagiert.
In Finnland ist BIM bei öffentlichen Aufträgen seit 2007 vorgeschrieben, in Norwegen seit 2010 und in den Niederlanden seit 2011. Großbritannien hat heuer nachgezogen, Frankreich wird 2017 folgen, Spanien 2018 und Deutschland 2020. So weit, dass man von einem fixen Termin für eine verpflichtende Einführung sprechen könnte, ist man in Österreich noch nicht. Hierzulande kämpft man mit dem Henne-Ei-Problem und die einzelnen Stakeholder schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Die öffentlichen Auftraggeber wollen BIM erst dann vorschreiben, wenn es weiter verbreitet ist, weite Teile der Wirtschaft erst dann auf BIM setzen, wenn es zwingend verlangt wird.
Das Problem, mit dem sich alle Länder unabhängig von Zeitpunkt der BIM-Einführung herumschlagen müssen, sind die fehlenden Standards. Denn bislang wurde noch keine international allgemeingültige Norm für BIM definiert, und es gibt auch keine Ausprägung von BIM, die man aufgrund ihrer Verbreitung als Quasi-Standard betrachten könnte.
In Theorie und Praxis
Wie ernst es der Strabag damit ist, das Thema BIM.5D voranzutreiben, zeigen ein paar Zahlen: In der BIM.5D-Abteilung arbeiten an den beiden Standorten Stuttgart und Wien mehr als 50 Personen. Alleine zwischen Mai 2015 und September 2016 wurden bei der Strabag 301 Personen in BIM ausgebildet. Es werden völlig neue BIM.5D-Werkzeuge und -Methoden entwickelt und die interne Ausbildung zum BIM-Manager, der die digitale Zusammenarbeit im Projekt definiert und umsetzt, gestartet. Und schließlich wurde im Zeitraum 2011 bis 2016 bereits bei mehr als 600 Projekte BIM.5D zumindest in Teilen angewandt.
Aktuell setzt Strabag BIM.5D etwa beim Bau eines Büro- sowie eines Produktionsgebäudes für Siemens Real Estate in der Schweiz ein. Für den Zuschlag für das 100-Millionen-Euro-Projekt war die BIM-Kompetenz der Strabag ein ausschlaggebender Punkt. Das daraus resultierende Bauwerksdatenmodell, das neben dem 3D-Modell des Objekts auch detaillierte Informationen zu Materialien, Kosten und Ablaufplänen enthält, wird nach der Fertigstellung an Siemens übergeben, damit es im Facility Management weiter eingesetzt werden kann.
Ein weiteres BIM-Vorreiterprojekt ist das BLOX-Multifunktionsgebäude in Dänemark, das 2017 von Züblin fertiggestellt wird. Dort konnten allein durch die Kollisionsprüfung schon zu Beginn 30.000 Probleme identifiziert werden, von denen der Großteil noch im virtuellen Modell gelöst werden konnte. Bei diesem Projekt konnte die Strabag nachweisen, das ein Euro, der in BIM.5D investiert wurde, sechs Euro an Ersparnis brachte.
Die Vorteile von BIM.5D
- In der Planung: Neben der modellbasierten Kalkulation ist die Kollisionsprüfung einer der offensichtlichsten Vorteile in der Planungsphase. Die Kollisionsprüfung zeigt, inwiefern die geometrische Planung überhaupt umsetzbar ist und wo Probleme auftreten könnten.
- In der Realisierung: In der Realisierungsphase steigert BIM.5D durch die digitalen Prozessketten über alle Arbeitsbereiche Effizienz und Transparenz und ist eine große logistische Unterstützung. Zu jeder Zeit ist für jede beteiligte Person eindeutig erkennbar, wie weit das Projekt weshalb fortgeschritten ist und was wie viel kostet.
- Im Betrieb: Das aus BIM.5D resultierende Bauwerksdatenmodell, das neben dem 3D-Modell des Objekts auch detaillierte Informationen zu Materialien, Kosten und Ablaufplänen enthält, kann nach der Fertigstellung zur Optimierung des Facility Managements eingesetzt werden.