Seit September 2015 setzt die Asfinag bei allen Bauausschreibungen über einer Million Euro auf das Bestbieterprinzip. Die Bauwirtschaft scheint das neue System zu akzeptieren, die befürchteten Einsprüche sind ausgeblieben. Jetzt werden die Qualitätskriterien sogar aufgestockt.
Insgesamt 18 Qualitätskriterien – und damit sogar um fünf mehr als die Sozialparter-Initiative »Faire Vergaben« als Initiator des neuen Vergaberechts vorgeschlagen hat – hat die Asfinag definiert. Bei insgesamt 98 Vergabefahren im Umfang von 720 Millionen Euro im letzten Jahr wurden zwei bis sechs dieser Kriterien in die Ausschreibung aufgenommen und abhängig von den Schätzkosten und den Gewerken mit drei bis zehn Prozent gewichtet. Am häufigsten von der Asfinag ausgeschrieben wurden die Kriterien »Gewährleistungsfrist«, »Bauzeitverkürzung« und »Erhöhung der Asphalt- und Betoneinbauqualität«. Die drei am häufigsten angebotenen Kriterien seitens der Bauwirtschaft waren ebenfalls eine »bessere Asphalt- und Betoneinbauqualität«, »Qualifikation des Personals« und »mehr Arbeitssicherheit«. Konkretes Beispiel: Beim Kriterium »Erhöhung Asphalt- und Betoneinbauqualität« ist die Asfinag bereit, ein bis zwei Prozent mehr zu zahlen, wenn die anbietende Firma höhere Qualität bringt. Berechnungen zeigen, dass sich die Asfinag im Gegenzug durch weniger Sanierungsaufwand bis zu vier Prozent Kosten spart. Werden Qualitätskriterien nicht eingehalten, verlangt die Asfinag eine Pönale in der Höhe von 150 % des Preisvorteils.
Die erste Bilanz zeigt, dass das neue System nur in drei Fällen zu einer Neureihung geführt hat und sich der Zweitbilligste durch Qualitätsmerkmale an die Spitze gesetzt und den Zuschlag erhalten hat. Ein Indiz dafür, dass die Qualitätskriterien zu gering gewichtet sind, ist das laut Asfinag Vorstand Alois Schedl aber nicht. »Im Gegenteil. Durch das Bestbieterprinzip haben sich die Angebote generell verbessert. Jene Bieter, die den Preis optimieren, denken verstärkt auch über die Qualität nach.« Die positiven Erfahrungen haben bei der Asfinag dazu geführt, die derzeit 18 Zuschlagskriterien ab 1. Jänner 2017 auf 31 aufzustocken. Schwerpunkte werden die Beschäftigung Älterer und Lehrlinge sowie die verpflichtende Eigenleistung sein. Zwischen 20 % bei Großaufträgen und 50 % bei kleineren Aufträgen muss der Auftragnehmer dann selbst erbringen.
Erfreut über die positiven Erfahrung der Asfinag zeigt sich auch Josef Muchitsch, Sprecher der Initiative »Faire Vergaben«. »Die Einsprüche sind ausgeblieben. Das Bestbieterprinzip mit Zuschlagskriterien rechnet sich und stärkt österreichische Unternehmen.«
Aktuell arbeitet die Sozialpartner-Initiative schon an der nächsten Vergaberechts-Novelle. Dann sollen vor allem die Eignungskriterien wie etwa die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Fokus stehen. Die Asfinag will auch hier wieder eine Vorreiterrolle einnehmen.