Donnerstag, Juli 04, 2024

Der Prozess von der Planung bis zum Betrieb eines Gebäudes weist derzeit wenig Gemeinsamkeit der Ausführenden auf. Architekten und Facility Manager sollten integral zusammenarbeiten.

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"Gewerksdenken" nennt es Karl Friedl, geschäftsführender Gesellschafter von M.O.O.CON und Sprecher des Vorstandes der IG Lebenszyklus Bau – das Denken und Arbeiten in Schienen am Bau. »Wir müssen uns unserer Kompetenz bewusst werden und endlich integral planen.« Friedl spricht damit die nach wie vor bestehende Situation am Bau an, dass Planer und Facility Manager, FM, überwiegend getrennte Wege gehen. Vielfach besteht die Meinung, Architektur ist Architektur und FM ist FM. »Angesichts dieser Scheuklappen wird kein Zusammenhang erkannt«, kritisiert Professor Helmut Floegl, Leiter des Zentrums für Immobilien- und Facility Management an der Donau-Universität Krems und begründet das damit, dass der Architekt »nur« das fertige Werk schuldet. Er hat selten die Chance, Fehler aus der Planung, die sich erst im Betrieb zeigen, zu korrigieren. »In der Planung und Konzeption liegt aber der entscheidende Hebel, v.a. zur Beeinflussung der späteren Folgekosten«, betont Peter Kovacs, Vorstandsvorsitzender-Stv. von Facility Management Austria und Leiter des Objektmanagements der MA 34.

Integration vonnöten

Durch die frühzeitige Einbindung erfahrener Facility Manager in die Planung sowohl von Neu- als auch Umbauten lassen sich teure Fehler und hohe Folgekosten im Betrieb eines Objekts vermeiden, Sicherheitsdienstleistungen wie Alarmservice und Notrufzentrale an das Objekt anpassen. Am ehesten ist dieses Mitarbeiten des Facility Managers laut Professor Floegl bei der Planung und Errichtung von Bürogebäuden etabliert. In Wohngebäuden fehle die Zusammenarbeit zwischen Planern und FM weitgehend. Die Bauherren seien vielfach der Meinung, alles im Griff zu haben. Verbesserungspotenzial sieht Peter Kovacs vor allem bei der grundsätzlichen Konzeption und Planung und er gibt ein Beispiel. »Energieoptimierung ist in aller Munde. Wenn ich in der Planung nicht ausreichend strukturierte Zähler einbaue, ist es schwer, die einzelnen Bereiche zu optimieren, denn die Hauptverbraucher sind kaum zu lokalisieren. Hier muss der FM aktiv werden, er gehört in den Konzeptionsprozess integriert.«

Sicherheit durch Betreiberverantwortung

Moderne Immobilien weisen einen hohen Grad multifunktioneller Haustechnik auf. Für deren Betrieb und Instandhaltung werden im Rahmen der behördlichen Anlagengenehmigungen Auflagen und Vorschriften, Gesetze und Normen vorgegeben. Die 2013 von der FMA herausgegebene Richtlinie Betreiberverantwortung stellt einen umfangreichen Leitfaden für die Aufgaben und Pflichten der Betreiber dar. Die Richtlinie wurde kürzlich von Professor Helmut Floegl von der Donau-Universität Krems aktualisiert. Die überarbeitete Version steht ab 1. Juli 2016 über die Geschäftsstelle der Facility Management Austria zur Verfügung.

Auch Renate Scheidenberger von Baukultur sieht speziell bei größeren Bauvorhaben die Miteinbeziehung von Facility Managern schon in der Planungsphase als überaus wichtig. »Wartungs- und Erhaltungskos­ten stellen einen wesentlichen Kos­tenpunkt dar. In der Planungsphase können sie noch gesteuert werden.« Das Argument der dadurch entstehenden zu hohen Errichtungskosten lässt sie nicht gelten, da bezogen auf die Lebenszyklus- die Errichtungskosten nicht dominant sind. Etwa 80 Prozent der Kosten, die für eine Immobilie über deren gesamten Lebenszyklus auftreten, fallen als Betriebskosten in der Nutzungsphase an – nur 20 Prozent sind Investitionskosten in der Bauphase. »Das wird meines Erachtens noch zu wenig gewichtet«, kritisiert Scheidenberger. Facility Management müsse mit dem Architekten mit mehr Tiefgang besprochen werden. Hier fällt das Schlagwort Building Information Modeling. »Das Thema BIM ist eine Chance, den Planungsprozess integral einzufordern«, zeigt Karl Friedl auf. Im Planungsprozess werden mit BIM alle Elemente, die später für den Betrieb benötigt werden, so aufgesetzt, dass sie auch später genutzt werden können, z.B. die Anlagenkennzeichnung – nach dem Motto BIM2FIM. Das Building Information Modeling verknüpft Entwicklungs- und Betriebs­prozesse.

Mit am Tisch?

Aus dem Verhältnis 80/20 lässt sich die Bedeutung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise klar erkennen. Hermann F. Kolar, Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Business Technologies bei Energiecomfort, fordert die Zusammenarbeit von Architekten und Facility Managern. »Wenn sich der Architekt nur halbherzig mit den Aspekten des Betriebs auseinandersetzt, ist das keine Lösung. Der Facility Manager, der die nächsten 20 bis 30 Jahre den Betrieb verantwortet, muss mitplanen«, ist auch Ingo Linke, Geschäftsführer von WISAG Facility Management und Vorstandsvorsitzender der FMA, überzeugt. Böse Überraschungen bei Betriebskosten ließen sich damit vermeiden.

FMA-Leitfaden

Der neue FMA-Leitfaden »Dokumentation bei Objektübergabe« bildet einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung der Daten- und Dokumentenübergabe von der Errichtungs- in die Betriebsphase. »Er ermöglicht, ab Planungsbeginn die entsprechenden objektspezifischen Datenstrukturen aufzubauen und Zuständigkeiten bzw. Verantwortungen festzulegen, um eine ordnungsgemäße Informationsweitergabe für den Betrieb sicherzustellen«, so Peter Kovacs.

Aber nicht nur im Kostenbereich hilft Facility Management. »In einem unserer Workshops müssen die StudentenInnen ein zeitgeistiges Bürogebäude analysieren und Verbesserungsvorschläge erstellen«, berichtet Professor Helmut Floegl. Als typische Fehler, die aufgezeigt werden, nennt er Mängel beim Zugang, bei der Fassade und im Wohnbereich. »Wenn ich auf ein Gebäude zukomme, muss ich intuitiv wissen, wie ich es betreten kann. Das fehlt bei vielen modernen Gebäuden.« Die Fassade ist laut Floegl oft zu transparent ausgeführt, mit dem Resultat, dass ein »strenger« Windwächter die Jalousie trotz nach wie vor bestehender Sonneneinstrahlung beinhart hinauffahren lässt und am Bildschirm nichts mehr zu erkennen ist. Der Vermeidung von Angsträumen wie dunklen Gängen, Postfächern in Gebäudenischen oder auch mangelhaft beleuchteten, langgezogenen Tiefgaragen werde zu wenig Augenmerk geschenkt. Dabei würde das Mitplanen der sozialen Kontrolle nach dem Motto »Design against Crime« Räume schaffen, in denen man sich gerne aufhält. Diese Sicherheit muss von Anfang an mitgeplant werden. Hier brauche es ebenfalls Facility Manager, die das Know-how haben. Laut Kolar stellt sich aber immer die Frage, wer der Beauftragende ist – Projektentwickler oder Eigennutzer. »Das kann zum Problem werden. Bei einem reinen Verkauf spielen etwa Betriebskosten eine untergeordnete Rolle.«

Zukunft integral

Die Strukturen in den Bauprojekten müssen überdacht werden, Gebäude der Zukunft brauchen einen neuen Teamgeist in der Planung und in der Errichtung. Für Professor Floegl ist das ein Leitmotto – leider ist es noch ein bisschen Wunschdenken. »Viele erkennen zwar, dass eine Veränderung notwendig ist. Diese Stufe ist aber mühsam, da sich die Baupraxis in den Köpfen ändern muss.« Es helfe der Effekt, dass Gebäude immer komplizierter werden. Aber weil jeder auf seinen Vorteil schaut, steht Claim Management auf der Tagesordnung. Baustellen wie der Flughafen Berlin oder Stuttgart 21 zeigen, dass die gegenwärtigen Projektstrukturen versagt haben. Ein gelungenes Beispiel der Integration von FM bildet die thermische Gebäudesimulation, die oft für Energiekosteneinsparung herangezogen wird. Bauprojekte werden unter Kosten- und Zeitdruck errichtet und in Betrieb genommen. Dafür gibt es eine Energie-Grundeinstellung. »Allein mit einigen Parameteränderungen lassen sich allerdings bis zu 20 Prozent der Energiekosten einsparen«, informiert Energieprofi Kolar. Es brauche ein individuelles Eingehen auf das Nutzerverhalten, eine Ausrichtung auf den Kernzweck der Immobilie.

Architektur  FM

Dafür ist hochwertige Dokumentation nötig. »Wenn ein KFZ in die Werkstatt kommt, liegen automatisch alle benötigten Daten vor. Das muss auch für Gebäude gelten«, fordert Karl Friedl. Leider sprechen die verschiedenen Gewerke noch unterschiedliche Sprachen. Diesem Problem stellt sich die IG Lebenszyklus Bau mit ihrem Online-Kurs »Der Weg zum lebenszyklusorientierten Hochbau«. »Wir sind angetreten, die verschiedenen Verantwortungsbereiche im Gebäude, d.h. Planung, Errichtung, Betrieb und Finanzierung gleichwertig anzusprechen und in ein System zu bringen. Im Kurs kommen Architekten, Bauherrenberater, Kaufleute und Vertreter der Bauphase zu Wort«, erläutert Friedl. Der Kurs wurde als Experiment mit der Uni Graz durchgeführt. Aufgrund der starken Nachfrage kündigt Friedl eine Wiederholung an. Die Inhalte stehen auch über eine E-Learning-Plattform bereit. Das Problem der unterschiedlichen Sichtweisen sieht auch die FMA und hat den Leitfaden »Dokumentation bei Objektübergabe« als Beitrag zur Qualitätssicherung der Daten- und Dokumentenübergabe von der Errichtungs- in die Betriebsphase herausgebracht.

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