Die richtige Schutzkleidung macht in vielen Fällen den Unterschied zwischen Unversehrtheit und schweren Verletzungen. Die Hersteller bieten High-Tech-Lösungen und Schutzausrüstung im Dienstleistungssystem. In Zukunft soll die Sicherheitskleidung auch »smart« sein.
Von insgesamt 102.561 Arbeitsunfällen im Jahr 2015 betreffen 18.042 Arbeitsunfälle das Bauwesen. 21 dieser Arbeitsunfälle verliefen laut AUVA tödlich. Die mit Abstand meisten Unfälle während der Arbeitszeit passieren bei den vorbereitenden Baustellenarbeiten, bei der Bauinstallationen und im sonstigen Ausbaugewerbe. Im Schnitt verursacht ein Arbeitsunfall rund 15.000 Euro an betrieblichen und Allgemeinkosten. Die häufigste Unfallursache ist der Verlust der Kontrolle über ein Werkzeug, ein Gerät oder eine Maschine, gefolgt von Stürzen und unkoordinierten Bewegungen. Mit technischen oder organisatorischen Maßnahmen wird versucht, das Unfallrisiko auf Baustellen zu minimieren. Können diese Maßnahmen die Gefahren auf Baustellen nicht restlos beseitigen, kommt die persönliche Schutzausrüstung ins Spiel.
Dabei ist laut Experten vor allem eines wichtig: Sie muss auch getragen werden. Bernd Feketeföldi, kaufmännischer Geschäftsführer beim Textildienstleister MEWA in Österreich, unterstützt Kunden bei der Auswahl von Schutzkleidung und hat dafür eine Checkliste zusammengestellt (siehe Kasten). Das reicht von der Gefährdungsbeurteilung über die Analyse der aktuell verwendeten Kleidung bis zur korrekten Wartung, um die Schutzfunktion langfristig zu erhalten. Deshalb gibt es bei Mewa auch die Möglichkeit, die Produkte im Full Service zu mieten. Das hat den Vorteil, dass nicht nur stets frisch gewaschene Berufskleidung zur Verfügung steht, ohne dass sich die Träger um Waschen, Ausbessern oder Nachkaufen kümmern müssen, auch die Kosten sind laut Feketeföldi besser zu planen.
Reality-Check: Eignet sich die Kleidung?
Schutzkleidung muss am realen Einsatzort geprüft werden. Wie gut schützt die Kleidung wirklich gegen die dort bestehenden Gefährdungen, zum Beispiel gegen eingesetzte Chemikalien und vorhandene Hitzeeinwirkungen? Und nicht zu vergessen: Was sagen die Mitarbeiter beim Tragetest? Die Schutzkleidung sollte von den Mitarbeitern getestet und bewertet werden. Lassen sich alle Bewegungen problemlos ausführen? Bietet die Schutzkleidung den notwendigen Schutz?
Checkliste für Sicherheitskleidung
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»Man soll möglichst auf den ersten Blick erkennen, dass Schutzkleidung getragen wird«, so Bernd Feketeföldi. Diese Haltung beobachtet er sogar in Unternehmen, in denen die gesamte Belegschaft einheitlich eingekleidet ist: »Hier wird trotzdem darauf Wert gelegt, dass Mitarbeiter, die Schweißerschutz tragen, dies durch einen roten Streifen auf der Kleidung symbolisieren.«
Berufs- und Sicherheitskleidung wird vom internationalen Industrieunternehmen bis zum Spezialisten von nebenan gebraucht. Obwohl Frauen am Bau eher selten anzutreffen sind, ist die Nachfrage nach Schutzkleidung groß. Hier braucht es speziell für die weibliche Physiognomie konzipierte Kleidung. Wegen der steigenden Nachfrage wird gerade dieser Bereich ständig weiterentwickelt.
Fokus Langlebigkeit
Hersteller wie Fristads Kansas, europaweiter Marktführer an High-End Arbeitskleidung, legen Wert auf absolute Langlebigkeit. Eine lebenslange Garantie auf Nähte und Reißverschlüsse zeigt das Selbstbewusstsein des Anbieters. Als Vorreiter und Wegbereiter in diesem Segment gilt der gesamte skandinavische Raum.
Sogar der gewöhnliche Blaumann wurde in den letzten Jahren gegen die moderne High-Tech-Arbeitshose getauscht. Hochwertigste Textilien, darunter Stoffe, die aus dem Sportbereich kommen, haben Einzug in die Arbeitsbekleidung gehalten. Arbeitshosen müssen heutzutage freizeittauglich sein, werden sie doch viel häufiger auch nach Feierabend getragen. »Unsere Kunden müssen sich in ihrer Arbeitskleidung wohlfühlen, und zwar über Stunden, Tage und Wochen. Deswegen entwickeln wir hochwertige Kleidungsstücke mit speziellen Funktionen, wie Superstretch, wind- und wasserabweisenden Eigenschaften oder auch schnell trocknenden Materialien«, erklärt Elmar Kandolf, Geschäftsführer Fristads Kansas Österreich.
Trend Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit heißt hier hohe Wäschetauglichkeit, was die Lebensdauer der Produkte erheblich erhöht und allen, den Produzenten und Konsumenten, Kosten spart. Dazu wird die Umwelt geschont. Zertifizierungen wie ISO9001- und 14001 oder BSCI- sowie ACCORD- und Öko-Tex gehören zum Standard.
Problem Billigprodukte?
Auch der Markt für Schutzkleidung ist nicht vor Billigprodukten gefeit. Wenn Produkte als Berufskleidung verkauft werden, die den Normen und Zertifizierungen nicht entsprechen, besteht die Gefahr, dass die notwendige Sicherheit der Spezialkleidung nicht gegeben ist.
»Mit der wachsenden Komplexität unserer Arbeitswelt steigen die Anforderungen an Schutzkleidung für eine Zertifizierung. Das bedeutet, um ein europaweit oder weltweit gültiges Zertifikat als Warnschutz-, Hitze- und Flammschutz- oder auch Chemikalienschutzkleidung zu erhalten, müssen Hosen, Jacken und Overalls in Zukunft nicht weniger, sondern immer mehr leisten können«, erläutert Feketeföldi.
Zukunfttrends smart & light textiles
Sicherheitskleidung der Zukunft soll alles können, schützen, komfortabel sein und nach Möglichkeit auch noch gut aussehen. In Österreich spielt das Ländle in der Forschung eine Vorreiterrolle. Das »textile Silicon Valley« in der Vierländerregion Bodensee mit den angeschlossenen Ländern Deutschland, Österreich, der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein haben den Fokus auf Smart Textiles und Faserverbundstoffe für den Leichtbau sowie deren industrielle Automatisierung gelegt.
Vor allem das Forschungsinstitut für Textilchemie und Textilphysik in Dornbirn adressiert neue Produktionstechniken, die für die Herstellung von flexiblen technischen Textilien, Leichtbaustrukturen, textilverstärkten Verbundstoffen, aber auch von Sensoren oder textilen Elektroden wesentlich sind. Es geht um Wachstumsbranchen und Querschnittsthemen der Zukunft.
Vorarlberg verfügt im Umkreis von 30 Kilometern über alle notwendigen textilen Technologien und Unternehmen, um hier weltweit eine Führungsposition für Smart Textiles und Faserverbundwerkstoffe einnehmen zu können.
Googles Smart-Textiles-Projekt
Einen Blick in die fernere Zukunft ermöglicht Jeans-Hersteller Levi‘s, der gemeinsam mit Google aktuell an einer intelligenten Hose arbeitet. Mit dieser »intelligenten« Jeans soll es möglich sein, das Handy zu steuern. Anrufe können beispielsweise per Wischgeste (Streichen über die Hosentasche) entgegengenommen werden, ohne das Handy oder Smartphone aus der Tasche holen zu müssen.
Das kann gerade im Baubereich sehr helfen. Direkt ohne Kabel, Handy oder Funkgerät zu sprechen, ist sicherer und spart Geld und Zeit. »Das erreichen wir, indem wir leitfähige Fäden in den Stoff einarbeiten«, erklärt Emre Karagozler die Funktionsweise der intelligenten Jeans, seines Zeichens Projektleiter bei Google. Die kleinen Fäden sind dabei mit Chips verbunden, welche wiederum die Größe eines Knopfes haben. Die smarten Hosen und allgemein das mit der neuen Technologie behandelte Material kann wie normale Stoffe behandelt, gewaschen und gedehnt werden.
Anwendungsbeispiele in der Zukunft
Eines der größten Probleme bei der Entwicklung der Jeans mit eingearbeiteten Touchscreens war, die Kommunikationschips sowie die Fäden bei der Herstellung der Stoffe nicht zu zerstören.
Im Rahmen der Präsentation des neuen Stoffes konnten Testpersonen per Wisch- und Drückbewegungen auf dem Stoff einen Computer, ein Smartphone oder Lichtschalter und andere Geräte bedienen. Damit sind der weiteren Entwicklung gerade bei Sicherheitskleidung Raum und Tor geöffnet.