Donnerstag, Juli 04, 2024

Das zweijährige Forschungsprojekt »Zukunft Ziegel« an der Bauakademie in Salzburg liefert den wissenschaftlichen Nachweis für die Sommer- und Wintertauglichkeit der einschaligen Ziegelbauweise und bestätigt die Exaktheit des entwickelten Rechenkerns. Jetzt sollen die Ergebnisse in der Normung und der Berechnung des Energieausweises Niederschlag finden.

In der Bauakademie in Salzburg wird viel simuliert. Die ARGE »Nachhaltige BAUTEILaktivierung« hat zwei Jahre lang das Raumklima in einem bauteilaktivierten Simulationsraum auf dem Gelände der Bau­akademie untersucht. 230.000 Euro hat das Forschungsprojekt gekostet und ein für die ARGE durchaus erfreuliches Ergebnis gebracht, nämlich den wissenschaftlichen Nachweis, dass »die Bauteilaktivierung funktioniert«.

Auch die Ziegelbranche forscht und simuliert an der Bauakademie in Salzburg. Zu denselben Projektkosten ist die ARGE ZIEGEL BAU ZUKUNFT im Rahmend es Forschungsprojekts »Zukunft Ziegel« mit zwei Simulationsräumen der Frage nachgegangen, ob Gebäude aus Ziegel ohne zusätzliche Dämmung die heutigen hohen Ansprüche an Behaglichkeit erfüllen können. Den Anstoß für das Projekt lieferten zahlreiche Bauunternehmen. »Die Baumeister sind zusehend unglücklich mit den immer stärkeren Dämmdicken. Da geht es um die schadensfreie Verarbeitung und Fragen der Gewährleistung.

Die Baumeister haben auch Bauchweh, weil viele WDVS-Verarbeiter nicht wirklich lange am Markt sind«, erklärt Gunther Graupner, Leiter des Kompetenzzentrums Bauforschung an der Bauakademie Salzburg. Ursprünglich sollte das Projekt gemeinsam mit dem Verband Österreichischer Ziegelwerke realisiert werden. Aufgrund längerfristig gebundener Budgets wäre es aber zu einer deutlichen Verzögerung des Projektsstarts gekommen. Deshalb hat man sich anderweitig umgesehen und mit dem Ziegelwerk Eder einen Partner gefunden, der sich nicht nur mit Sach- und Dienstleistungen einbrachte, sondern auch 30.000 Euro für das Projekt beisteuerte. »Wir sind gerne eingesprungen, denn als Ziegelhersteller ist es natürlich in unserem ureigensten Interesse, bei einem derartigen Projekt dabei zu sein«, erklärt Thomas Eder.  

Die Simulationsräume

Bei den beiden Simulationsräumen handelt es sich um einfach gestaltete Gebäude, deren massive Böden und Decken aus Beton über Wasserrohrleitungen in ihrem Inneren thermisch aktiviert wurden. Die Wände bestehen aus 50 cm starken Planziegeln mit einem Wärmedämmwert von U = 0,15 W/m²K. Im Vergleich dazu benötigt man bei einer Wanddicke von 25 cm sonst ca. 20 cm zusätzliche Dämmung. Die Wärmezufuhr erfolgt über eine Solaranlage am Dach, die Kühlung durch Erdkollektoren. Bis zu 150 Temperaturfühler pro Simulationsraum zeichneten die Daten rund um die Uhr auf.

Die Ergebnisse

Überraschungen lieferte das Forschungsprojekt keine. »Wir haben dieses Ergebnis natürlich vermutet, weil wir es seit Jahren so wahrnehmen, aber jetzt haben wir auch den wissenschaftlichen Nachweis dafür«, freut sich Eder. Selbst bei sehr niedrigen Außentemperaturen konnte in den Simulationsräumen eine behagliche Raumtemperatur von über 20 Grad gehalten werden. Außerdem konnte nachgewiesen werden, dass Gebäude mit einer einschaligen Hülle aus 50 cm Planziegeln mit einem U-Wert von 0,15 W/m²K um 18 Prozent weniger Energie verbrauchen als im Energieausweis errechnet. »Das liegt daran, dass an sonnigen Wintertagen die Wärme tief in den Ziegel eindringt und dort gespeichert wird«, erklärt Graupner.

Auch in Sachen Sommertauglichkeit schneidet die Ziegelbauweise gut ab.  Wurden die Simulationsräume beschattet und gut gelüftet, blieb die Innentemperatur immer im angenehmen Bereich unter 25 Grad, sogar bei über 35 Grad Außentemperatur und längeren Hitzeperioden. Das traf auch bei der Simulation einer typischen Bürosituation – simuliert wurde die Hitzeentwicklung, als würden  zwei Personen an elektrischen Geräten mit 150 Watt pro Arbeitsplatz arbeiten – zu. »Dieses Ergebnis ist besonders wichtig, denn die Behaglichkeit im Sommer ist ein absolutes Zukunftsthema«, weiß Graupner. Denn um einen Raum elektrisch um ein Grad abzukühlen, braucht es viermal so viel Energie, wie um den Raum um ein Grad zu erwärmen. »Das heißt, mit der gleichen Energie, mit der ein Raum einen Monat lag gekühlt wird, kann er vier Monate geheizt werden«, sagt Graupner.

Ein weiteres für die ARGE erfreuliches Ergebnis: Der für das Projekt entwickelte Rechenkern bildete die Realität nahezu identisch ab. Das heißt, die vorab berechneten Werte und die tatsächlichen Temperaturen waren nahezu ident. Damit kann der Rechenkern in Zukunft für die Planung von Bauprojekten herangezogen werden. Er wird Bauphysiker künftig dabei unterstützen, die optimale Heiz- und Kühlleistung in Ziegelgebäuden schon in der Planungsphase genau zu berechnen.

Energieausweis und Normung

Die nächsten Schritte sind für die ARGE ZIEGEL BAU ZUKUNFT vorgezeichnet. Denn die Ergebnisse sollen auch in der Normung und der Berechnung des Energieausweises Niederschlag finden. »Das geht nur mit fundierten Rechenmodellen«, sagt Graupner. Dafür wurde mit diesem Projekt ein wichtiger Grundstein gelegt. Zudem geht der internationale Trend stark in Richtung dynamische Rechenmodelle. »Das wird auch bei uns kommen. Die Frage ist nur, in welcher Form. Aber wir haben auf jeden Fall einiges an Vorarbeit geleistet«, ist Graupner überzeugt. 

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