Der Fenstermarkt in Österreich ist heiß umkämpft. Die Folge des Wettbewerbs sind zahlreiche Pleiten großer und kleiner Hersteller sowie weitreichende Umstrukturierungen bei namhafte Branchenplayern. Es treten aber auch immer wieder forsche Herausforderer auf den Plan. Ein schwedischer Hersteller will unter die Top 3 am heimischen Fenstermarkt, ein polnischer Dachflächenfensterhersteller dem Platzhirschen Velux das Leben schwer machen.
Die heimischen Fensterhersteller hatten auch schon mal mehr zu lachen. Im Jahr 2014 sanken die Erlöse laut Branchenradar von Kreutzer Fischer und Partner zum zweiten Mal in Folge. Nach minus 2,7 Prozent im Jahr 2013 betrug das Minus im Folgejahr satte fünf Prozent. Für 2015 liegen noch keine endgültigen Zahlen vor, eine Trendumkehr scheint aus heutiger Sicht aber eher unwahrscheinlich. Verantwortlich für den Rückgang ist laut Andreas Kreutzer vor allem das schwache Sanierungsgeschäft. Gegenüber dem Jahr 2013 sank der Austausch von Fenstern um neun Prozent.
Vor allem die privaten Haushalte hielten sich mit Ersatzinvestitionen massiv zurück.
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern erhob der Branchenradar im Bestandsgeschäft sogar einen Rückgang von beinahe zwölf Prozent gegenüber dem Vorjahr. »Zweifelsohne hing die auffallend zurückhaltende Investitionsbereitschaft der privaten Haushalte zu einem großen Teil mit der gefühlten Unsicherheit bezüglich der allgemeinen Wirtschaftslage und den daraus resultierenden persönlichen Konsequenzen zusammen, etwa mit einer drohenden Arbeitslosigkeit oder aber der Notwendigkeit, den Notgroschen aufzustocken«, ist Kreutzer überzeugt. Und auch wenn Kreutzer Förderungen wie dem Sanierungsscheck nur wenig abgewinnen kann, weil sie aus seiner Sicht in erster Linie Mitnahmeeffekte erzeugen, ist davon auszugehen, dass die laufende Reduzierung der Förderaktion den Sanierungsmarkt zumindest nicht ankurbeln wird.
Pleiten und Umstrukturierungen
Das schwierige Marktumfeld hat in den letzten Monaten auch einige Opfer gefordert. Getroffen hat es sowohl große wie auch kleine Firmen. Ende Oktober musste der südsteirische Fensterhersteller PaX Stabil einen Insolvenzantrag stellen. Die Passiva beliefen sich laut KSV auf 13,5 Millionen Euro, denen Aktiva in der Höhe von 7,6 Millionen Euro gegenüberstanden. Einen Monat lebte die Hoffnung der 186 Mitarbeiter, dass Masseverwalter Norbert Scherbaum mit einem neuen Geldgeber die Fortführung des Betriebes sichern können. Ende November war es schließlich traurige Gewissheit, dass die Investorensuche erfolglos geblieben war und der Betrieb endgültig geschlossen werden musste.
Ein ähnliches Schicksal, wenn auch in einer anderen Größenordnung, erlitt die AHSA Fenster- und Türen-Erzeugungsgesellschaft m.b.H. Am 20. Jänner wurde über das steirische Unternehmen am Landesgericht Graz das Konkursverfahren eröffnet. Hier belaufen sich die Passiva auf 1,1 Millionen Euro, die Aktiva auf 176.000 Euro. Die Gründe für die Pleite liegen laut KSV vor allem »im schwierigen Marktumfeld im Bereich Fenster, Wintergärten und Balkonverglasungen«. Betroffen sind 14 Mitarbeiter, eine Fortführung erscheint derzeit unwahrscheinlich. Bei anderen Unternehmen sorgte das turbulente Marktumfeld für eine weitreichende Umstrukturierung.
So gab etwa die langjährige Josko-Chefin Christa Wagner Ende November einen Großanteil ihrer Anteile ab und kündigte an, auch ihre Funktion als CEO zurückzulegen. Seit Anfang des Jahres leitet nun ihr Bruder Johann Scheuringer, bisher für Produktentwicklung und Marketing zuständig, als neuer Mehrheitseigentümer die Geschicke des oberösterreichischen Fensterherstellers. Der Neuausrichtung vorangegangen waren laut Wirtschaftsblatt Differenzen bei der künftigen strategischen Ausrichtung von Josko. Während sich Wagner für eine stärkere Internationalisierung mit einem strategischen Partner aussprach, wollte Scheuringer weiter auf langsames, organisches Wachstum aus eigener Kraft setzen.
»»Entscheidungen über die zukünftige Ausrichtung eines Unternehmens sind immer intuitive Entscheidungen. Man trifft sie so vorausschauend – mit so viel Weitblick – wie möglich. Ich, wir alle, haben uns diese Richtungsentscheidung nicht einfach gemacht und viele Optionen geprüft«, sagt Scheuringer. Der steirische Hersteller Gaulhofer wiederum hat mit der Schweizer AFG Arbonia-Forster-Holding AG einen neuen strategischen Partner an Bord geholt. Der Bauausrüstungskonzern, bereits jetzt Lieferpartner von Gaulhofer, erwirbt 31 Prozent an Gaulhofer. Die Beteiligung erfolgt im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Gaulhofer Gruppe. Am Markt werden die Unternehmen weiterhin eigenständig agieren.
Aggressive Herausforderer
Der schwierigen Marktlage zum Trotz drängen aber auch immer wieder neue Player auf den heimischen Markt. Und zahlreiche internationale Hersteller wollen ihre Aktivitäten in Österreich deutlich ausbauen. So hat sich etwa der polnische Hersteller von Dachflächenfenstern Fakro ein ehrgeiziges Wachstumsprogramm für Österreich verordnet. Schon das Jahr 2015 war mit einem Umsatzplus von 14 Prozent auf 1,6 Millionen Euro für Fakro sehr erfolgreich. 2016 strebt Österreich-Geschäftsführer Carsten Nentwig ein Umsatzwachstum von rund 40 Prozent auf 2,2 bis 2,3 Millionen Euro an. Der Marktanteil soll von aktuell drei Prozent in den nächsten zehn Jahren auf 15 Prozent ausgebaut werden. Das würde dann laut Nentwig in etwa dem Marktanteil entsprechen, den Fakro weltweit am Dachflächenmarkt hält.
Erreichen will Nentwig das sportliche Ziel mit einem Ausbau des Innendienstes und der Vertriebsmannschaft sowie neuen Produkten. »Wir haben eben eine Serie an Design-Flachdachfenstern auf den Markt gebracht, die gleichermaßen architektonisch und energetisch anspruchsvoll ist. Und in wenigen Wochen wird das erste begehbare bodenebene Flachdachfenster Walk On in Österreich erhältlich sein«, glaubt Nentwig, damit der Konkurrenz »einige Schritte voraus zu sein«. Die zeigt sich betont gelassen.
Auf die Frage wie er den forschen Herausforderer abwehren will, antwortet Velux-Geschäftsführer Michael Walter: »Es gibt nichts zum Abwehren. Velux entwickelt den Markt weiter, davon profitiert der ganze Markt.« Entsprechend optimistisch geht Walter in das neue Jahr. Mit einem neuen modularen Oberlichtsystem sollen neue Segmente erschlossen werden. »Die Anfragen von Planern und Architekten zeigen uns, dass diese Innovation am Markt einen großen Erfolg haben wird«, sagt Walter, der für 2016 wieder mit Wachstum rechnet. Neben einem starken und selbstbewussten Marktführer muss sich Herausforderer Fakro auch mit einem veritablen Imageproblem herumschlagen. »Natürlich spüren wir immer noch Vorbehalte gegenüber Produkten Made in Poland.
Das ist ein historisch bedingtes Vorurteil gegenüber Produkten und Dienstleistungen, die aus Staaten des ehemaligen Ostblocks kommen«, sagt Nentwig. Dabei sind diese Vorurteile laut Nentwig längst haltlos. »Die Industrie macht sich die hohe handwerkliche Qualität des Landes längst zunutze. Man muss nur wissen, dass 70 Prozent aller europäischen Holz-Dachflächenfenster in Polen erzeugt werden. Bei diesen Mengen ist klar, dass nicht nur Fakro-Fenster aus Polen kommen, sondern auch ein Großteil der Holz-Dachflächenfenster der anderen großen Hersteller.«
Ehrgeizige Skandinavier
Neben Fakro will auch die schwedische Inwido-Gruppe verstärkt in Österreich Fuß fassen. Mit der Marke Hemmafönster und der Eröffnung eines Schauraums in Wien sind die Schweden im Herbst 2013 in den österreichischen Markt eingetreten. In den ersten beiden Jahren lag der Umsatz bei bescheidenen 1,2 Millionen Euro, 2016 sollen es 2,3 Millionen Euro und 2017bereits 4,5 Millionen Euro sein. Mittel- bis langfristig strebt die Inwido-Gruppe in jedem Markt eine Top-3-Positionierung an. Das soll unter anderem durch Akquisitionen gelingen.
Die Kassen der Schweden sind gut gefüllt. »Es geht aber nicht um Kaufen um jeden Preis, sondern um das geeignete Projekt, das eindeutig zu uns passt. Das Gesamtpaket mit Marke, Eigentümer, Mitarbeiter, Unternehmenskultur, Entwicklungsperspektive und Vertriebsnetze muss stimmen«, erklärt Gernot Kammerhofer, Geschäftsführer der Inwido CE in Wien. Das angestrebte Wachstum soll mit einem klaren Konzept und einem konsequenten Vertriebsaufbau erzeilt werden. »Im Mittelpunkt stehen dabei unsere faire und transparente Preisgestaltung sowie ein klares Konditionenmodell für unsere Vertriebspartner. So müssen wir nicht ständig einen Spagat zwischen Direktvertrieb und Vertriebspartnersystem machen«, sagt Kammerhofer.
Die Differenzierung zum Mitbewerb soll stark über die Art der Kundenansprache, die Beratung und den unkomplizierten Abwicklungsprozess erfolgen. Kammerhofer sieht in Österreich den »wahrscheinlich höchstentwickelten Fenstermarkt« und ortet »Luft nach unten«. Produktinnovationen im Premium-Holz-Alu-Segment seien bereits so ausgereizt, dass sie durch den Kunden oft nicht wirklich nachvollziehbar sind und damit kaum monetär geschätzt werden. »Man braucht den Mut, Dinge und Prozesse auch wieder praktischer und pragmatischer zu sehen. Das entspricht der skandinavischen Denkweise und unserem Leitgedanken – think it swedish, smart and simple!«, ist Kammerhofer überzeugt. Zusätzlich zum Hauptsitz in Wien wurde Anfang des Jahres ein Schauraum in Oberösterreich eröffnet. Derzeit wird die Steiermark aufgebaut, auch nach Bayern und Südtirol hat man die Fühler ausgestreckt. Mittelfristig soll Wien die Inwido-Zentrale für Mitteleuropa werden.
Den umgekehrten Weg geht derzeit die Internorm-Gruppe IFN Holding. Die Übernahme von Dänemarks viertgrößtem Fenster- und Türenhersteller Kastrup im letzten Sommer soll dem heimischen Branchenprimus den Weg nach Skandinavien ebnen. »Die Beteiligung ermöglicht uns den Einstieg in den skandinavischen Markt und den Ausbau unserer Aktivitäten in UK«, erklärt Internorm-Chef Christian Klinger, Miteigentümer des Internationalen Fensternetzwerks IFN. Mit dem Erwerb von Kastrup sind die Expansions- und Investitionsüberlegungen des Internationalen Fensternetzwerks noch nicht abgeschlossen. »Wir sind offen für weitere Akquisitionen«, zeigt sich Klinger angriffslustig.