Seit November ist Ingrid Janker neue Geschäftsführerin von Knauf Österreich. Im Interview spricht sie über Ihre persönlichen Ziele, erklärt, was sie dem Preisargument entgegensetzt, um die Margen zu verbessern, und identifiziert Wachtsumspotenziale.
Wie ist 2015 für Knauf Österreich gelaufen?
Ingrid Janker: 2015 war sicher ein herausforderndes Jahr mit sehr vielen unternehmensinternen Veränderungen. Seit dem zweiten Quartal haben wir eine neue Vertriebsleitung und seit dem vierten Quartal eine neue Geschäftsführung. Aber auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen war 2015 schwierig. Das zeigen auch alle offiziellen Baudaten. Da war zwar 2015 weniger schlecht als 2013 und 2014, aber wir als Trockenbauunternehmen spüren die Entwicklungen immer etwas zeitverzögert.
Was erwarten Sie von 2016?
Janker: Auch 2016 wird noch ein herausforderndes Jahr, aber etwas stabiler. Der Hochbaumarkt erholt sich derzeit ein wenig. Dank politischer Entscheidungen wie der Wohnbauoffensive gehen wir davon aus, dass es in den nächsten Jahren schon spürbar bergauf geht. Wir sehen sehr positiv in die Zukunft.
Unsere Aufgabe wird es sein, aktuelle Trends bedienen zu können und Entwicklungen vorwegzunehmen. Mein erklärtes Ziel ist es, die Innnovationsführerschaft weiter auszubauen.
Neben dem Bund hat auch die Stadt Wien eine zusätzliche Wohnbauoffensive angekündigt. Trotzdem sind viele Branchenvertreter skeptisch, was die Umsetzung anbelangt. Teilen Sie diese Skepsis?
Janker: Es ist unbestritten, dass etwas geschehen muss. Vielleicht ist die Finanzierung noch nicht in allen Details geklärt, aber es wird gebaut werden müssen.
Wien hat auch ein Sofortprogramm angekündigt, mit dem noch heuer 1.000 Wohneinheiten in Holzbauweise errichtet werden sollen. Wird der Holzbau in Zukunft auch im Objektgeschäft an Bedeutung gewinnen?
Janker: Ich denke schon. Der Holzbau wird von Westösterreich kommend auch im Osten vermehrt Fuß fassen. Österreich ist da sicher auch international Vorreiter. Das zeigt sich auch daran, dass 84 Meter hohe Holzhochhäuser genehmigt werden. Das ist schon ein Indiz dafür, dass der Holzbau an Bedeutung gewinnt.
Befürchten Sie, dass es durch die Bundeswohnbauoffensive zu einer Substituierung der Wohnbaufördergelder kommen könnte, um die Landesbudgets zu schonen?
Janker: Natürlich besteht diese Gefahr. Das kann man nicht negieren. Ich hoffe aber schon, dass damit der geplante zusätzliche Wohnraum geschaffen wird. Wir haben auch schon von einigen unserer Verarbeitern das Feedback bekomme, dass der Auftragsstand für 2016 deutlich höher ist und die Projektanfragen mehr werden.
Wie nehmen Sie aktuell die Stimmung bei Ihren Kunden wahr?
Janker: Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben Partner, die die Situation sehr positiv einschätzen, aber auch Partner, die für 2016 negativer planen als wir. Aber wir sehen schon, dass das Volumen im Baubereich im ersten Halbjahr 2016 etwas höher sein wird als im letzten Halbjahr.
Speziell bei Standardlösungen sind die Preise stark unter Druck. Wie kann man den Turnaround schaffen?
Janker: Bei Standardlösungen ist es am wichtigsten, den Kunden gemäß seinen Anforderungen so rasch wie möglich beliefern zu können. Das steht bei Spezial- und Mehrwertlösungen nicht so sehr im Vordergrund. Deshalb gibt es in dieses Bereich auch mehr Innovationen.
Mit diesen Spezial- und Mehrwertlösungen lassen sich bessere Margen erzielen. Aber wie sehr werden diese Produkte am Markt auch tatsächlich nachgefragt?
Janker: Wir sind mit der Nachfrage sehr zufrieden. In unseren Innovationsbereichen können wir ein zweistelliges Wachstum vorweisen. Das ist schon einsehr großer Erfolg. Wichtig sind aber auch kleinere Innovationen. Wir versuchen sehr stark auf die Bedürfnisse unserer Geschäftspartner einzugehen, wie etwa mit dem neuen Schiebetürsystem Knauf Pocket Kit oder dem Baukastensystem Cleaneo Up, mit dem man in der Schallabsorbtion nachrüsten kann.
Die Abkehr vom reinen Produktlieferanten ist in vielen Branchen ein ganz wesentlicher Schritt zu höheren Margen. Wie wichtig ist der Servicegedanke im Trockenbau?
Janker: Das ist für uns als Premiummarke ganz essentiell. Die Erwartungen an uns sind viel höher als an andere. Dadurch dass wir sehr nahe an allen Entscheidungsträgern der einzelnen Bauphasen sind, sehen wir auch, wie wichtig der Service in der Differenzierung zum Mitbewerb ist.
In welchen Bereichen sehen Sie das größte Wachstumspotenzial für Knauf in Österreich?
Janker: Ich erwarte mir einiges von dem im letzten Jahr lancierten Drystar-Paket inklusive einer neuen, deutlich leichteren Aquapanel-Platte. Auch der ganze Bereich Akustik, wo wir heuer einige neue Produkte implementieren werden, bietet einiges Potenzial. Sehr stark fokussieren wir aber auf die Knauf Außenwand. Das Thema Geschwindigkeit wird immer wichtiger, deshalb wird die Vorfertigung in Zukunft eine noch größere Rolle spielen. Deshalb haben wir auch die Partnerschaft mit Häring Nepple für den Vertrieb des Cocoon Stahl-Leichtbausystems vertieft. In der Schweiz konnten wir schon viele Projekte in dieser noch neuen Bauart realisieren, da gibt es in Österreich sicher noch einiges an Potenzial.
Wie wird das Produkt in Österreich angenommen?
Janker: Wir sind im letzten Jahr gestartet und sind zufrieden. Wir haben mehrere Kleinprojekte als Testphase umgesetzt und bereits mehrere Verarbeiterfirmen zertifiziert. Das ist für uns ein eindeutiger Beweis für die hohe Akzeptanz am Markt.
Welches Umsatzvolumen soll diese Kooperation im Jahr 2016 bringen?
Janker: Konkrete Zahlen kann ich nicht nennen. Wir sind zufrieden, wenn wir fünf Projekte umsetzen können. Auch die Größenordnung der Projekte ist nebensächlich. Es geht darum, in dieser Bauart Fuß zu fassen. Aktuell haben wir ein großes Wohnbauprojekt im 15. Bezirk auf Schiene.
Speziell die Bauträger leiden unter einem enormen Preisdruck. Wie stark werden die von Ihnen genannten innovativen, aber höherpreisigen Produkte im Wohnbau nachgefragt?
Janker: Im Wohnbau ist es tatsächlich sehr schwierig. Da zählt wirklich hauptsächlich der Preis. Aber auch hier werden Themen wie Schallschutz wichtiger.
Das Image der Trockenbauwand ist nicht immer das Beste. Ist man auch ein Stück weit froh, dass gerade für diese Standardlösungen der Name eines Mitbewerbers zum Synonym wurde?
Janker: Nein, eigentlich nicht. Nur weil der Mitbewerber zum Synonym wurde, ist es nicht so, dass wir für das Produkt keine Verantwortung übernehmen müssen. Wir sehen es als ein generelles Imageproblem. Gegen das muss man auch ankämpfen und aufklären.
Welche Erfahrungen aus Ihrer Osteuropatätigkeit können Sie in die neue Aufgabe einfließen lassen? Was sind die größten Unterschiede zwischen den Märkten in Bulgarien bzw. Rumänien und Österreich? Welche Gemeinsamkeiten gibt es?
Janker: Der Unterschied ist vor allem die Marktentwicklung selbst. Die Märkte sind in einem ganz anderen Stadium als etwa hier in Österreich. Trockenbau gibt es in diesen Ländern erst seit Anfang der 90er Jahre. Daraus ergibt sich eine ganz andere Marktdurchdringung und eine andere Themensetzung. Auf der anderen Seite sind die Diskussionspunkte aber sehr ähnlich. Der Verarbeiter hat da wie dort dieselben Ansprüche. Wir müssen noch schneller werden und noch einfacher in der Kombination mit anderen Gewerken, um Fehlerquellen zu minimieren.
Welche konkreten Ziele haben Sie sich selbst für Ihre neue Tätigkeit gesteckt?
Janker: Ganz wesentlich ist für mich, die Innovationsführerschaft auszubauen. Damit kann man beim Kunden punkten und das Unternehmen weiterentwickeln. Unsere Muttergesellschaft hat einen stark ausgeprägten Drive in diese Richtung. Für uns geht es darum, noch enger mit diesen Kollegen zusammenzuarbeiten. Wir müssen das, was uns vom Markt vermittelt wird, der Forschungsabteilung vermitteln und dafür sorgen die Ergebnisse wieder am Markt zu positionieren.