Durchwegs gute Entscheidungen für die heimische Bauwirtschaft brachten die letzten Plenartage im Jahr 2015: Die Novelle zum Bundesvergabegesetz wurde ebenso beschlossen wie die Gründung einer Wohnbauinvestitionsbank inklusive Bundeshaftungen über 500 Millionen Euro. Damit ist der Startschuss für die lange angekündigte Wohnbauoffensive gefallen. Und auch das Normengesetz wurde modernisiert und den aktuellen Anforderungen angepasst.
Die Aufgregung war groß, als das Land Tirol am 9. November völlig überraschend für alle Beteiligten im Verfassungsausschuss ein Veto gegen die Novelle des Bundesvergabegesetzes einlegte, die Frustration der Chefverhandler spürbar. Josef Muchitsch, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz und Sprecher der Initiative »Faire Vergaben«, drohte sogar „der Kragen zu platzen«.
»Das Tiroler Veto ist ein Witz und beweist, wie schwierig es ist, in Österreich etwas weiterzubringen. Mit dem Veto werden Arbeitsplätze und regionale Betriebe vernichtet.« Knapp einen Monat später sieht die Sache deutlich besser aus. Am letzten Plenartag hat der Nationalrat der Novelle einhellig zugestimmt. Damit wird das Bestbieterprinzip bei öffentlichen Aufträgen gesetzlich verankert und eine wichtige Maßnahme für einen fairen Wettbewerb und im Kampf gegen Lohn- und Sozialdumping gesetzt.
Diesem Beschluss war hinter den Kulissen ein regelrechter Verhandlungsmarathon vorangegangen.Neben dem Veto aus Tirol sahen sich die Koalitionsparteien plötzlich weiterem Gegenwind, vornehmlich aus den eigenen Reihen, ausgesetzt.
Neben dem Städtebund, der zum wiederholten Male Kritik am Bestbieterprinzip übte, sorgten vor allem die Bauern sowie die Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft vida für Unruhe. Beide wollten kurzfristig noch mit ins Boot. Wie mächtig die Agrarfraktion in der ÖVP immer noch ist, zeigt die Tatsache, dass das Bestbieterbieterprinzip in letzter Minute auch auf die Beschaffung von Lebensmitteln ausgedehnt wurde. Die vida war in ihrer Lobbyingarbeit nicht ganz so erfolgreich, allerdings teilte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer in derselben Parlamentssitzung mit, dass der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts bereits intensiv an der Umsetzung der neuen EU-Vergaberichtlinie arbeitet, die auch eine Ausweitung des Bestbieterprinzips auf den öffentlichen Verkehr vorsieht. Es sei allerdings leichter, einen legistischen Text zu verfassen, als dafür dann auch die erforderlichen Mehrheiten zu bekommen, meinte er.
Endgültig durch ist das neue Vergaberecht trotz dieses wichtigen Meilensteins aber noch nicht. Noch hat jedes einzelne Bundesland ein Vetorecht. Die Bau-Sozialpartner appellieren deshalb an die Ländern, auf ihr Einspruchsrecht zu verzichten, damit das neue Vergaberecht mit 1. März 2016 in Kraft treten kann. »Es geht jetzt darum, das Bestbieterprinzip in der Praxis so rasch wie möglich anzuwenden, denn diese Novelle mit einem verstärkten Bestbieterprinzip rechnet sich für die Steuerzahler, unsere Betrieben und die Beschäftigten von der ersten Sekunde an. Da zählt jeder Tag«, so Muchitsch.
Klares Ja für Wohnbauoffensive
Mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen wurde auch die Wohnbauoffensive beschlossen. Damit sollen bis spätestens 2022 mindestens 30.000 leistbare Wohnungen errichtet und laut Berechnungen der Österreichischen Nationalbank 20.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Erwartet werden Investitionen im Ausmaß von rund 5,75 Milliarden Euro. Größter Zankapfel war bis zuletzt die geplante Wohnbauinvestitionsbank (WBIB), die etwa von den Neos als Parallelstruktur abgelehnt wird.
Die mit Gesellschaftern aus dem Kreis der Wohnbaubanken und Bausparkassen errichtete WBIB soll mit Hilfe einer Bundeshaftung in der Höhe von 500 Millionen Euro – zusätzlich zur Wohnbauförderung der Länder – bis zu 700 Millionen Euro an Mitteln aus der Europäischen Investitionsbank EIB kostengünstig und langfristig an gewerbliche und gemeinnützige Bauträger sowie Gebietskörperschaften vergeben. Finanz-Staatsekretär Harald Mahrer erwartet sich von der WBIB einen Zinsvorteil für 25 Jahre. Zudem werde das Investitionsmodell im Vollausbau eine Erhöhung des BIP um 0,4 Prozentpunkte auslösen. Ebenfalls beschlossen wurde eine Modernisierung des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes, die nun vorhersehbare Wohnkosten und eine umfassende Erhaltungspflicht für die Vermieter sowie mehr Mitbestimmung und Transparenz bringen soll.
Für weite Teile der Opposition greifen diese Maßnahmen zu kurz. Die Grünen freuen sich zwar, dass es endlich mehr Geld für den Wohnbau gibt, sprechen aber von einem »Mini-Paket« und fordern ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Ein Abänderungs-Abtrag zur Einhaltung von Energieeffizienzkriterien wurde aber abgelehnt. Die FPÖ forderte zusätzlich ein Verbot von Spekulationen mit Geldern aus der Wohnbauförderung, konnte sich mit ihrem Antrag sowie mit einer weiteren Initiative betreffend mehr Wettbewerb im gemeinnützigen Wohnbau nicht durchsetzen.
Ende der Normenflut
Auch das leidige Normenthema wurde erfolgreich im Parlament behandelt. Mit dem neuen Gesetz soll Normung künftig nur noch auf Antrag erfolgen, für Streitigkeiten in Normungsangelegenheiten wird eine Schlichtungsstelle eingerichtet. Durch die Normungsarbeit sollen für Normanwender keine zusätzlichen Hürden errichtet werden können, wo bereits eine gesetzliche Regelung besteht. Zudem sieht das Gesetz einen erleichterten Zugang zu Normen und zur Mitarbeit im Normungsinstitut für KMU vor und soll damit mehr Transparenz der Normentstehung sichern. Die Beiträge, die für eine Teilnahme an Normverfahren zu entrichten waren, entfallen künftig. Damit könnten laut gemeinnützigen Wohnbauträgern die Kosten von derzeit durchschnittlich 1.800 Euro/m² auf 1.535 Euro/m² gesenkt werden.