2020 wird mehr als die Hälfte aller Jobs im Office von crossfunktionalen Teams erledigt. Dafür braucht es auch ein Aufbrechen des klassischen Silodenkens in der IT. Die Infrastruktur ist schon vorhanden: Cloud Computing.
Von Karin Legat
Die Cloud befindet sich auf der Erfolgswelle «, urteilt Michael Schramm, Cloudverantwortlicher bei IBM. Bis 2018 erwartet IDC ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 31 % im Public- und 21 % im Private-Cloud-Sektor. Die Cloud ist aus der heutigen IT-Landschaft nicht mehr wegzudenken. »Wenn die Marketingabteilung früher einen Testserver urgierte, war die zulässige Antwort: Die Bereitstellung dauert vier Wochen«, bringt Stefan Trondl, Country Manager von EMC Österreich, ein Beispiel. Die Hardware wurde dann oft selbst gekauft. »Damit entstand eine Schatten-IT-Landschaft. Die IT-Abteilungen haben den Überblick über die vorhandenen Geräte verloren. « Diese Gefahr ist mit der Cloud Geschichte. Bei Bedarf werden Ressourcen rasch über die Cloud bezogen und die IT wird fit und agil.
Business-Cloud
Im privaten Bereich ist die Cloud mit Webmail-Postfächern oder Telefonaten über das Internet längst angekommen. In vielen Unternehmen sind die Wolken dagegen noch verhangen. Nur 59 % der befragten heimischen Unternehmen gaben gegenüber IDC an, Cloud-Services zu nutzen. »IT-Strategien werden oft nur kurzfristig und auf direkt messbare operative Ziele ausgerichtet. Es wird nicht ausreichend überlegt, welche Prozesse aus geschäftlicher Sicht in die Cloud gestellt werden sollten«, kritisiert die Cloud-Branche. Allerdings kommt es dabei sehr auf die Definition von Cloud an. »Ich schätze die Zahl jener, die im Office bereits mit der Public Cloud arbeiten, auf bis zu 90 % – Beispiel Filesharing –, aber vielleicht geschieht das nicht immer mit Wissen des CIOs«, so Roman Radanov, Business Development Executive bei IBM. Es gibt also einen Mangel an Cloud-Bewusstsein. Daher bieten viele IT-Provider Cloud-Workshops an. »Wir sehen drei Zielgruppen«, berichtet Schramm: »IT-Manager, die sich Gedanken über die Infrastruktur und zum Beispiel über die Abdeckung von Spitzen machen. Die zweite Gruppe ist jene der Softwareentwickler. Für die eigene App werden immer mehr Cloud-Services anderer Anbieter verwendet. Fachabteilungen bilden die dritte Gruppe. Abteilungsmanager müssen kurzfristig auf verschiedene Softwarelösungen zugreifen können.« IBM bietet mehr als 100 Softwarelösungen über die Cloud. Thema in den Workshops ist vor allem die Frage: Was bringt mir die Cloud? Michael Schramm blickt auf die letzten Events zurück. »Car2go kann etwa seine Expansion nicht genau vorhersagen, muss aber flexibel sein, etwa wenn ein neuer Standort angelegt oder die Anzahl der Autos verdoppelt wird. Sie brauchen auch ein globales Delivery Model. Diese Agilität erreichen sie nun mit der IBM-Cloud.« Viele KMU sind von saisonalen Abhängigkeiten betroffen. »Es gibt das Weihnachtsgeschäft ebenso wie das Sommerloch. In diesem Fall profitieren Kunden sehr von IaaS«, so Schramm und verweist auf das Strategieconsulting von IBM. »Viele haben schon von der Cloud gehört, wissen aber nicht, wie sie das Projekt realisieren können.« Dazu auch Stefan Trondl: »Der EMC IT Transformation Workshop hilft Kunden bei der strategischen Planung. Gemeinsam mit dem Kunden werden konkrete Schritte für die IT-Transformation entwickelt. Es braucht Cloud-Bewusstsein. In einigen klassischen IT-Abteilungen gibt es noch klassisches Silodenken. Dieses muss aufgebrochen werden, es bedarf abteilungsübergreifender Teams.«
Cloud-Spektrum
Je nach Perspektive ist Cloud Computing ein Infrastrukturthema, Nachfolger von Grid und Utility Computing oder ein weiterentwickeltes SaaS-Modell zur kosteneffizienten Miete von Apps, die nach Bedarf genutzt und bezahlt werden. Ein Überblick von Stefan Trondl: »Die Public Cloud ist das öffentliche Angebot eines frei zugänglichen Providers. Sie kann genutzt werden, etwa wenn kein eigenes Rechenzentrum betrieben wird, als Ausfallsrechenzentrum, für einzelne Workloads oder z.B. zur Spitzenabdeckung. Unternehmensanwendungen für Finanz- und Ressourcenplanung sowie Personal-Management werden dagegen meist in die Private Cloud gelegt.« Hier bildet Sicherheit das zentrale Thema. Entscheidend ist, wie die Daten erreicht werden und in welchem Rechenzentrum sie liegen. Hochsensible Bereiche bilden etwa die Flugsicherung, Patientendaten und Finanzdienstleister. Viele Firmen fordern, dass ihre Datenhaltung im österreichischen, deutschen oder zumindest europäischen Rechtsraum erfolgt. Öffentliche Auftraggeber müssen darauf achten, dass Daten das Land oder die EU nicht verlassen. Private Clouds erfüllen diese Anforderungen. Hybrid Clouds, überwiegend gefragt von Großkonzernen, bilden Mischformen der beiden Ansätze. Bestimmte Services laufen bei öffentlichen Anbietern, datenschutzkritische Anwendungen werden im Unternehmen behalten. EMC sieht Hybrid auch als Brücke zwischen Public und Private. »Workloads müssen zwischen den Clouds verschoben werden können«, so Stefan Trondl. Eine solche Brücke bildet der Cloud-Broker von TSystems. »Wenn zahlreiche Services genutzt werden, etwa von T-Systems, aber auch von Amazon, HP, Cisco Intercloud, Microsoft Azure oder Fujitsu, managt das Portal den Einkauf, die automatische Skalierung und den Transfer«, informiert Alexander Helm, ICT-Manager bei T-Systems. Das Content-Trio der Cloud bilden Iaas, PaaS und SaaS. Virtuelle Infrastrukturressourcen bilden den am schnellsten wachsenden Bereich von Cloud-Computing. Bei Housing 1.0 wird das T-Systems Rechenzentrum physisch quadratmeterweise zur Verfügung gestellt und der Kunde richtet es hard- und softwaremäßig individuell ein. Housing 2.0 arbeitet mit virtuellen Servern. Bei PaaS, Platform-as-a-Service, liegt die gesamte Software-Entwicklungsplattform in der Cloud. Eine PaaS-Lösung ist Bluemix von IBM. Sie bietet Entwicklern cloudbasierte Dienste und APIs in einer integrierten Plattform, um Apps für mobile Geräte, das Internet der Dinge, Big-Data-Analytics-Anwendungen und Ähnliches zu entwickeln. »Software, die sehr standardisiert ist, zum Beispiel SharePoint, Exchange oder Lync, wird verstärktaus dem Clouddienst Software-as-a-Service genutzt «, berichtet Peter Öhlinger, der die Cloud-Agenden bei T-Systems leitet.
Cloud Computing in Österreich
»Unsere traditionellen Kunden und auch jene Unternehmen, die wir proaktiv ansprechen, kommen aus dem gehobenen Mittelstand «, informiert Alexander Helm. Eine Ausnahme bilden Start-ups. »Wir sind für Start-ups interessant, weil wir ein stabiler Hostingpartner im Hintergrund sind, der einen sicheren 7x24-Service bietet.« Im Mittelstand gibt es allerdings eine Vielzahl an Cloud-Referenzkunden. Hannes Gutmeier, Leiter der Konzern-IT bei der conwert Immobilien Gruppe, erinnert sich an die ersten Schritte in der Wolke: »Um uns voll auf unser Kerngeschäft konzentrieren zu können, haben wir nach einer kostengünstigen und flexiblen Lösung im Finanzbereich gesucht, die unsere Geschäftsprozesse vereinfacht, Hardware-, Support- und Betriebskosten minimiert und IT-Ressourcen entsprechend den operativen Anforderungen rasch zur Verfügung stellt.« Mit mehreren Cloud-Systemen, vom Web-Content-Filter bis zur In-Memory-Technologie, ist conwert nun in der Lage, die Finanz-, Reportingund Konsolidierungsprozesse für seine rund 350 Gesellschaften nahezu in Echtzeit auszuführen. Flexibilität und Agilität zählen auch für Cyberhouse und seine Softwarelösung GastroOrder, ein Bonier- und Kassensystem für Smartphones und Tablets. »Auch kleine Betriebe ohne fixe Infrastruktur wie Heurige oder der lokale Würstelstand brauchen ein System, um Küchenstationen, Tische und Rechnungen zu verwalten«, informiert Geschäftsführer Andreas Stöckl. Für GastroOrder ist keine lokale Software-Installation und keine proprietäre Hardware notwendig. »Benötigt werden nur ein Browser auf dem hausinternen PC beziehungsweise Tablet und die handelsüblichen Smartphones für das Servierpersonal. Wir nutzen die T-Systems- Cloud für GastroOrder seit März 2014 – Cloud war für uns Neuland – und sind sehr zufrieden.«
Bessere Ergebnisse
Cloud-Lob kommt auch von Stefan Illwitzer, Partner und Verantwortlicher für Business Intelligence & Performance bei Pitagora. »Wir haben uns darauf spezialisiert, Unternehmen im Performance Management und in BI zu unterstützen. Die Cloud-Lösung, die wir seit 2010 anbieten, ermöglicht unseren Kunden Wettbewerbsvorteile. Fixe Kosten werden zu variablen. Abschreibungen entfallen, denn IT-Investments über die Cloud bilden sich nicht im Betriebsvermögen ab. Saisonal aufgestellte Betriebe können die benötigten Ressourcen skalieren.« Die Qualität der IT-Dienstleistungen ist auch Neudoerfler Office Systems als burgenländischem Leitbetrieb sehr wichtig. »Wir setzen seit Anfang Jänner die SaaS-Lösung für Mobile-Device-Management aus der IBM Cloud produktiv ein. Im ersten Schritt verwenden wir die Basis MDM-Funktionalität für das reine Device-Management«, informiert Jörg Weis, Leiter IT & Prozessmanagement bei Neudoerfler. »In Phase zwei wollen wir die weiteren Möglichkeiten des MaaS 360 Services von IBM für unser Business evaluieren. « Sehr positiv bewertet er die flotte Abwicklung. »Für die komplette Projektumsetzung bis zum Start des Rollouts benötigten wir lediglich zwei Manntage. Danach konnten wir das Basis-MDMModul bereits produktiv einsetzen.« Für Neudoerfler brachte die Cloud neben zentralisierter Konfiguration und Rollout vor allem eine Entlastung der IT-Ressourcen. T-Systems berichtet von einem anderen Cloud-Projekt. »Einige unserer Kunden nutzen unsere Infrastruktur als Basis für eigene Software«, berichtet Peter Öhlinger. Ein Beispiel ist Fabasoft. »Die Infrastruktur wird physisch bei uns gehostet. Fabasoft legt seine Software drauf und verkauft das Projekt dann als Fabasoft-Cloud.« Das ist für beide Seiten von Vorteil. »Fabasoft wirbt mit unserer hohen Sicherheit. Das ist Werbung für uns und für sie selbst ein Verkaufsargument.« Auf die Sicherheit von T-Systems setzt auch ThyssenKrupp und hat rund 80.000 Computerarbeitsplätze und 10.000 Serversysteme in die Cloud verlegt. »Unser Ziel ist es, konzernweit eine integrierte IT-Landschaft zu schaffen, die die globale Zusammenarbeit einfacher und effizienter macht, aber auch die unterschiedlichen IT-Bedürfnisse der Konzernsparten bedient«, so CIO Klaus-Hardy Mühleck.