Durch Mobilität und Flexibilität schaffen moderne Arbeitsplatzkonzepte auch neue Distanzen in Unternehmensorganisationen. Um diese zu überbrücken, sollte das Büro nicht mehr als Raum, sondern als Kommunikationswerkzeug gesehen werden, meint Michael Raberger, Geschäftsführer Ricoh.
(+) Plus: Wie verändern sich Arbeitsorte in den Büros? Warum ist dies für Ricoh ein Thema?
Michael Raberger: Wir beschäftigen uns bei Ricoh seit gut drei Jahren intensiv mit die sem Thema. Wir sehen, dass es für uns selbst – als Unternehmen mit knapp 300 Mitarbeitern – immer schwieriger wird, die richtigen Mitarbeiter für die Zukunft zu rekrutieren. Also wollen auch wir als attraktiver Arbeit geber auftreten und Mitarbeitern Freiraum in der Gestaltung ihrer Arbeitsumgebung geben. Und wir wollen in unserer Rolle als Technologiedienstleister das leben, was wir verkaufen. Die neue Welt des Arbeitens hat aber auch einen wirtschaftlichen Aspekt. Wir haben erkannt, dass wir durchschnittlich nur 40 bis 45 % unserer Bürofläche tatsächlich nutzen. In einem Transformationsprojekt, das sich »Living Office 2020« nennt, haben wir an unserem Standort in Ungarn die Bürofläche um 54 % reduziert und gleichzeitig auf offene, geteilte Arbeitsflächen gesetzt. Gleichzeitig haben wir den Mitarbeitern die Möglichkeit geboten, neben fixen Tagen im Büro ihre Arbeit auch von unterwegs oder von zu Hause aus zu erledigen. Auch unsere acht Niederlassungen in Österreich sollen bis 2016/2017 in das Living-Office-Konzept ein gebunden sein. Das wird nicht immer, aber in vielen Fällen auch zu einer Verkleinerung der Büroflächen führen. Und das wirkt sich sofort auf die Betriebskosten aus. Einsparungen in der Fläche sind aber nur ein Aspekt. Das alleine führt noch nicht zur Steigerung von Produktivität oder Kreativität, die ebenfalls Faktoren für die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens sind. Die neue Arbeitswelt hat auch in diesen Bereichen das Potenzial, verbessernd zu wirken. Hier braucht es dann Technologien, um Arbeit zu flexibilisieren und zu mobilisieren.
(+) Plus: Was sind die Herausforderungen? Worauf sollten Unternehmen bei der Einführung von Technologie achten?
Raberger: Bislang wurde den Menschen Technologie einfach vorgesetzt – in der Annahme, sie sei selbsterklärend. Technik wird daran gemessen, logisch und fehlerfrei zu sein. Gerade Technologieunternehmen haben da oft einen maschinenorientierten Blick. Ich schließe da auch uns nicht aus. Wir sollten daher viel mehr die Menschen befähigen, Technologie nur in einem für sie nützlichen Ausmaß zu verwenden. Das ist ein Paradigmenwechsel. Demografische Entwicklungen, wirtschaftlicher Druck und der technologische Wandel bringen Unternehmen an ihre Grenzen. Ein Großteil der Managerinnen und Manager in Europa steht vor der Herausforderung, diese Herausforderungen zu bewältigen. Die neue Welt des Arbeitens ist eine der Antworten darauf. Das bedeutet aber auch, dass Unternehmen übermorgen ganz anders aussehen werden. Das ist für Führungskräfte eine gewaltige Herausforderung. Sie waren es gewohnt, dass sie nur ins Nachbarzimmer gehen müssen, um einen Auftrag zu erteilen. Jetzt ist dieser Mitarbeiter plötzlich nicht mehr persönlich im Büro, sondern nur über Technologie erreichbar. Gleichzeitig soll ein Manager seine Mitarbeiter auch durchs Geschäftsjahr coachen. All die neuen Arbeitsmittel und IT-Lösungen ermöglichen Flexibilität und Distanz in Organisationen. Gleichzeitig steht damit aber die soziale Nähe am Prüfstein, die ja auch notwendig ist, um als Unternehmen produktiv und kreativ zu bleiben. Ein gemeinsames Büro ist weiterhin für soziale Bindung und den zwischenmenschlichen Austausch wichtig.
(+) Plus: Wie lautet hier die Antwort? Was ist für ein funktionierendes Sozialleben im Unternehmen prinzipiell nötig?
Raberger: Ich glaube nicht, dass es hier ein einziges Erfolgsrezept gibt. Auf jeden Fall wichtig sind Begegnungszonen, die von den Menschen angenommen werden. Oft geht es dabei um so banale Dinge wie die Zahl der Kaffeemaschinen, die in einem Bürogebäude zu Verfügung stehen. Erhöhe ich das Angebot, steigt theoretisch die Produktivität des Einzelnen, da der Weg zum Kaffee und wieder zurück zum Arbeitsplatz kurz ist. Verringere ich die Zahl, indem sich Mitarbeiter mehrerer Stockwerke eine Kaffeemaschine teilen, ist die Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Treffens auf Kollegen, die weiter entfernt sitzen, oder nur an bestimmten Tagen im Büro sind, höher. Das begünstigt wieder die Kreativität in der Gruppe. Ich denke, dass die Dimension Raum eine große Rolle spielt und man gerade hier viel falsch machen kann. Wir hatten Entwicklungen vom Einzelraum ins Großraumbüro und wieder zurück – oder Mischformen. Wirklich geändert haben diese Raumkonzepte die Unternehmen nicht. Im Gegenteil: Der Mensch hat ein spezielles Bedürfnis nach Vertraulichkeit und Reizkontrolle. Wenn Sie ein modernes Großraumbüro hernehmen, indem auf zehn Meter langen Werkbänken die Menschen wie Legebatterien aneinandergereiht sitzen – da läuft vieles falsch. Sobald das Büro aber nicht als Arbeitsort, sondern als Kommunikationstool gesehen wird, bekommt diese Aufgabe einen anderen Spin. Es werden dann Fragen gestellt, die vorher nicht aufgekommen wären. Zum Beispiel: Was ist das Ziel dieses Kommunikationswerkzeugs? Wollen wir produktiver oder wollen wir kreativer werden? Geht es um Durchsatz, um mehr Transaktionen, oder darum, Neues zu entwickeln? Findet Kreativität bei Einzelpersonen oder in der Gruppe statt? Brauche ich produktive Gruppenarbeit, sind die Anforderungen anders als bei produktiver Einzelarbeit. All diese Überlegungen benötigen abgestimmte Raumkonzepte und Technologien. Ricoh hat dazu vier unterschiedliche Designangebote definiert, die wir mit Beratung und unseren Produkten unterstützen.