Freitag, Februar 07, 2025

Wer seine IT nach ITIL führen möchte, braucht eine aktive IT-Steuerung und vor allem IT-gestützte Prozesse. Offene Tools können dabei helfen. Neu: Download von Whitepaper möglich.

Die Mitarbeiter einer IT-Abteilung in einem Unternehmen eines IT-Dienstleisters dürften den folgenden Fall kennen: Ein etwas größerer Kunde ruft am späten Nachmittag bei seinem Dienstleister an. Schon seine Stimmlage verrät, dass ein wichtiger IT-Service ausgefallen ist. Sofort steht die IT-Leitung bei demjenigen Administrator auf dem Plan, der den Fehler begangen hat, noch nicht in den Feierabend zu gehen. Im Verhältnis 2:1 wird jetzt auf ihn eingeredet, ein Systemausfall ist der Grund für den Ärger des Kunden. Der Druck, der jetzt auf dem Administrator lastet, eine Lösung zu finden, verhält sich proportional zur Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen. Jetzt wäre ein Leitfaden zur Wiederherstellung des Systems hilfreich, ein Testsystem auch. Nachdem der Admin stundenlang am System herumgeschraubt hat, ist es drei Uhr nachts, immerhin steht jetzt keiner mehr hinter ihm. Dafür fordert die Müdigkeit ihren Tribut, ihm unterlaufen einige Fehler. Was für ein Tag! Dabei war es nicht mal er, der die Meldung über den ausgefallenen IT-Service vom Kunden entgegennahm. Aber es hilft nichts, sich zu beschweren, wahrscheinlich ist die Anforderung zur Einrichtung eines entsprechenden Checks wieder mal irgendwo in der Abteilung versackt.

Wer nur an ITIL denkt, denkt zu  kurz
Reflexartig wird sich jetzt mancher denken: Da muss man mal ITIL einführen! Aber ITIL (IT Infrastructure Library) alleine schützt vor solchen Situationen nicht. Das Niederschreiben von Prozessen bedeutet nämlich nicht, dass sie auch gelebt werden. Oft wird ITIL nur zur Absicherung eingeführt und verfolgt wenig praktischen Bezug. ISO-Zertifizierungen bekommt man damit auf jeden Fall – einen stabilen IT-Betrieb nicht zwangsläufig. ITIL ist eine Bibliothek von Best Practices, also Empfehlungen, wie man mit seinen IT-Prozessen idealerweise umgehen sollte. Aber eine Prozessbeschreibung ist aufwändig. Und wir alle wissen, dass viel Text deshalb aufgeschrieben wird, weil man nicht alles behalten kann.

IT-Steuerung braucht integrierte Prozesse
Was der Administrator unseres Beispiels braucht, ist IT-Steuerung. Um IT aktiv zu steuern, benötigen Sie IT-gestützte Prozesse. Aber was heißt das eigentlich? “Tools einführen” ist out. Man implementiert Arbeitsvorgänge, die über miteinander integrierte Applikationen gestützt werden. Die Werkzeuge folgen dem Prozess und nicht die Prozesse dem Werkzeug. Das bedeutet, dass IT-Mitarbeiter keine ITIL-Handbücher mehr lesen müssen, weil sie aus der entsprechenden Vorgehensweise nicht mehr ausbrechen können. Die Tools geben nämlich die Arbeitsvorgänge vor. Natürlich setzt dieser Ansatz eine hohe Flexibilität der jeweiligen Applikationen voraus. Offene Lösungen verfügen über standardisierte Technologien und Schnittstellen, viele davon kommen aus dem Open Source-Bereich. Das macht die eingesetzten Tools flexibel und erhöht die Chance einer IT-Steuerung, weil Prozesse aufgrund der erleichterten Integration viel schneller definiert und automatisiert werden können.

Integrierbar und flexibel: offene Lösungen
Kehren wir noch einmal zu unserem Beispiel zurück: Wie können offene Lösungen in diesem konkreten Fall helfen? Nehmen wir an, das Unternehmen hat ein zentrales Monitoring-System im Einsatz mit Schnittstellen zu anderen Systemen und Applikationen. Es registriert eine hohe Antwortzeit eines SAP-Dienstes und meldet diese über eine Schnittstelle an das Ticketsystem. Das funktioniert deshalb so gut, weil neben Monitoring und Ticketing auch eine CMDB (Configuration Management Database) vorhanden ist. Hier sind die Servicebäume gepflegt und werden dadurch automatisiert mit den Host- und Service-Abhängigkeiten des Überwachungssystems abgeglichen. Der Helpdesk-Mitarbeiter sieht das Ticket und wird aktiv. Nach einem Blick auf die Monitoring-Dashboards grenzt er den Fehler ein. Durch die zentrale Servicedokumentation mit entsprechenden Wiederherstellungsplänen kann der 1st Level Support eine Workorder an das Provisioning-Team stellen. Das passiert über das im Ticketsystem integrierte Changemanagement. Das Provisioning-Team bringt eine neue virtuelle Maschine aus, die einen Teil der Last des problematischen Dienstes übernimmt. Im Hintergrund wird die neue VM direkt ins Monitoring eingebracht. Gleichzeitig wird im Servicemanagement eine Aufgabe angelegt, dass ein Wiederherstellungsplan angelegt werden muss. Der Admin wird zweimal daran erinnert, bis sein Manager diese Info erhält.

Dabei handelt es sich um kein Wunschdenken. Viele Unternehmen haben derartige Lösungen bereits im Einsatz und sind ITIL schon sehr nahe. Ohne IT-Steuerung geht es aber nicht, und das ist dann Aufgabe derjenigen, die die Prozesse festlegen, und nicht der Personen, die für den Tool-Einkauf zuständig sind. ITIL ist wiederum ohne Lösungen mit offener Architektur nur schwer zu erreichen. Es kommt also auf den Dreiklang IT-Steuerung, technologische Offenheit und Maßnahmen zur Umsetzung von ITIL an.

Über den Autor
Steffen Rieger schreibt als Experte zu den Themen IT-Servicemanagement, Systemmanagement, Cloud und Storage. Seit über 15 Jahren im Infrastruktur- und Servicemanagementbereich tätig leitet er momentan den Bereich Infrastructure & Operations beim Beratungshaus it-novum.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...
Nicole Mayer
12. Oktober 2024
Wir feiern 2025 das 30-jährige Bestehen des Staatspreises Unternehmensqualität. In diesen drei Jahrzehnten haben wir gemeinsam Erfolge gefeiert, Mut bewiesen und Begeisterung geteilt. Unser Ziel ist e...

Log in or Sign up