In der Podiumsreihe des Report trafen am 22. Oktober Experten aus der Energiewirtschaft und IT-Branche zu einer spannenden Diskussion mit Publikumsbeteiligung zusammen. Fazit: Smart zu sein ist keine Aufgabe nur der Technik, sondern ein Appell an die Anwender.
Intelligente Stromzähler und smarte Netze bringen neue Herausforderungen, Chancen und Geschäftsmodelle für Energieversorger, Gewerbe und Haushalte. Was sind die Erwartungen an das Stromnetz der Zukunft? Was können die neuen Stromzähler? Welche Erfahrungen gibt es dazu bereits in Österreich und international? Am 22. Oktober diskutierten dazu im Festsaal der Wiener Netze Reinhard Brehmer, Geschäftsführer Wiener Netze, Stefan Santer, Energie-Control Austria, Andreas Bentz, Executive Consultant Energy Solutions T-Systems, Hans Greiner, Regional Sales Manager Enterprise Cisco, und Christian Schober, Geschäftsführer Kapsch Smart Energy. Moderation: Martin Szelgrad, Chefredakteur Energie Report und Telekommunikations & IT Report.
Report: Herr Brehmer, Sie sehen das Thema kritisch – wie sieht der aktuelle Plan für einen Smart-Meter-Rollout in Wien aus?
Reinhard Brehmer, Wiener Netze: Wir waren mit 1. Oktober bereit zu starten, haben nun aber das Vergabeverfahren auf unbestimmte Zeit verschoben. Auch andere Netzbetreiber, darunter auch der zweitgrößte in Österreich (Anm. d. Red.: EVN), sind diesem Beispiel gefolgt. Aktuell müssen noch einige Punkte mit der E-Control geklärt werden. Es gibt dazu auch eine offene Gesprächsbereitschaft. Überhaupt führen die Netzbetreiber eine breite Diskussion, in der gerade Betreiber unterschiedlicher Größen auch unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema vertreten. So werden in Oberösterreich bereits Smart Meter in sechsstelliger Zahl ausgerollt – auch wenn es von den Betreibern selbst noch große Bedenken hinsichtlich der Funktionalität der Geräte gibt. Es gibt aus meiner Sicht aber wichtige Punkte, darunter nötige Änderungen des Eichrechts, die zuerst gelöst werden müssen, um einen flächendeckenden Rollout wirtschaftlich sinnvoll beginnen zu können. Auch bringt die jüngst hinzugekommene Opt-out-Möglichkeit für die Haushalte enorme Unsicherheit für die Betreiber – auch wenn das vom Regulator ebenso wie vom Wirtschaftsministerium nicht so gesehen wird. Dabei wollen die Behörden den Netzbetreibern die Verantwortung und Entscheidung übergeben, wie mit Smart-Meter-Verweigerungen umzugehen ist – besonders auch dann, wenn das Abdeckungsziel von 95 % unterschritten wird. Da können mitunter skurrile Situationen entstehen, wenn jemand die Wohnung wechselt und statt dem neuen installierten Smart-Meter wieder einen alten Ferrariszähler haben will. Muss dieser Zähler dann wieder abgebaut werden? Was passiert, wenn der modernere Zähler als Relaisstation für die Gerätekommunikation fungiert? Bei all diesen Unsicherheiten ist eine Netzplanung nicht einmal ansatzweise möglich.
Auch schießen einzelne Erfordernisse, die in den Verordnungen enthalten sind, deutlich übers Ziel hinaus. So ist unserer Meinung nach die Übertragung von Viertelstundenwerten absoluter Unsinn. Selbst in den USA, einem Land, in dem zehnmal so viel Strom pro Haushalt verbraucht wird, kommen die Netzbetreiber mit Stundenwerten aus. Für uns bedeutet die Entscheidung über die Intervallgröße, ob wir zusätzlich 120 Millionen Datensätze täglich verarbeiten müssen. Von den unzähligen IT-Systemen dahinter, die zur Speicherung und Auswertung notwendig sind, rede ich noch gar nicht. Auch wird es nicht ausreichend sein, wenn die Zähler den Verbrauch in Kilowattstunden gemessen angeben. Die Nutzer werden wissen wollen, was sie für den Strom genau zahlen – die Daten müssen also mit weiteren Informationen angereichert werden. Dabei ist in der Smart-Meter-Verordnung die Anzeige von aktuellen Werten gar nicht vorgesehen – der Verbrauch des Vortages muss bis 12 Uhr Mittags am Folgetag abrufbar sein. Wie soll man da auf den Verbrauch einzelner Geräte schließen können? Vergleichbar wäre dies mit einer Verbrauchsanzeige im Auto, die erst einen Tag später angibt, dass der Fahrer aufs Gas gestiegen ist.
Report: Welche Erfahrungen haben Sie zur Akzeptanz von intelligenten Stromzählern bereits sammeln können?
Reinhard Brehmer: Für uns war ein wesentlicher Punkt – und das ist auch der Grund, warum wir mit unserem Pilotprojekt in Wien und Umgebung relativ spät begonnen haben –, zuerst die Kunden ausreichend zu informieren und ins Boot zu holen. Dies beginnt bei einer mehrfachen und wiederholten Kommunikation rund um Smart Meter und endet bei den Apps, die von Profis nutzerfreundlich gestaltet worden sind. Wir bemerken, dass die Menschen an diesem Thema interessiert sind. Wir haben in unserem Umfeld ein Erstinteresse in der Größenordnung von acht bis 15 Prozent festgestellt. Das entspricht in etwa dem amerikanischen Durchschnitt – wobei zu erwähnen ist, dass in den USA ganz klar Transparenz und Energieeffizienz die Treiber für ein Umrüsten auf die neuen Zähler sind. In Österreich gehen wir im besten Fall von Energieeinsparungen von vier bis fünf Prozent aus. Eines ist freilich auch uns bewusst: Smart Meter werden kommen und uns Möglichkeiten bieten, von denen wir heute noch keine Ahnung haben – so wie Alexander Bell bei der Erfindung des Telefons auch nicht ans iPhone gedacht hatte. Man sollte dennoch noch die Erfahrungen und Erkenntnisse der vergangenen Jahre in die Gesetzgebung neu einfließen lassen.
Report: Welche Effekte erwarten Sie mit dem flächendeckenden Einsatz von intelligenten Stromzählern in Österreich?
Stefan Santer, Energie-Control: Wir beschäftigen uns schon viele Jahre mit dem Thema. Die Notwendigkeit des Einsatzes von intelligenten Stromzählern ist gemäß einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2009 ja schon lange bekannt. Die EU-Kommission hat entsprechende Empfehlungen zu den Funktionalitäten abgegeben, die von heimischen Verordnungen nahezu eins zu eins übernommen wurden. Ich kann darin aber keine übertriebenen Anforderungen erkennen. Zwar ist Österreich in manchen Dingen sicherlich schon weiter als andere Länder, letztlich befinden wir uns alle aber auf dem gleichen Weg. Europaweit werden im Nutzen der Smart Meter vor allem Vorteile auf Kundenseite gesehen. Bis dato haben die Haushalte eine Jahresabrechnung bekommen, worin der Verbrauch in vielen Fällen nicht einmal abgelesen worden war. Die neuen Stromzähler bieten nun endlich transparente und nachvollziehbare Verbrauchsinformationen. Die Energiewirtschaft ist wohl eine der letzten Branchen, in denen die meisten Nutzer ihren Verbrauch und Kosten nicht kennen. Auch bei einem Wechsel des Stromlieferanten oder bei Tarifänderungen wird es damit eine klare rechnerische Abgrenzung geben können. Bei einem Umzug sind die Zähler dann auch aus der Ferne aktivierbar – ein deutlicher Komfortgewinn. Auch auf Netzbetreiberseite sind die neuen Technologien für den künftigen Smart Grid und bei der Einbindung erneuerbarer Energien interessant. Der Smart Meter ist ein Teil davon und kann ein Datenlieferant in einem neuen Energiesystem sein. Sowohl die Netzbetreiber als auch die Kunden werden damit das Verbrauchsverhalten und generell das Netz besser verstehen und kennenlernen. Auch werden damit künftig neue Produkte und Services, wie etwa neue Tarifmodelle, erstmals technisch ermöglicht.
Report: Ist das Ziel der Bundesregierung, bis 2019 95 Prozent der Haushalte mit Smart Metern zu versorgen, realistisch erreichbar?
Santer: Rechtlich gesehen stellt sich diese Frage gar nicht, da es bereits eine Verordnung dazu gibt. Es sind jedoch durchaus noch Punkte offen, die für Unsicherheit sorgen könnten. Dort wird man möglicherweise nachschärfen müssen. Vieles anderes ist aber inzwischen geklärt – so etwa Datenschutzfragen, zu denen in den vergangenen Monaten intensiv mit der Branche diskutiert worden ist. Heute haben wir strikte und genaue Regeln, wie mit den Daten umgegangen werden muss. Per Gesetz darf der Netzbetreiber nur bei der Zustimmung des Kunden die 15-Minuten-Werte auslesen und sammeln. Gibt es diese Zustimmung nicht, verbleiben die Daten im Zähler und werden wieder gelöscht. Das ist datenschutzrechtlich sehr wichtig und ein Ankerpunkt des ganzen Systems.
Report: Für die Netzbetreiber gestaltet sich durch die Opt-out-Möglichkeit das Smart-Meter-System aber wesentlich komplexer.
Santer: Möglicherweise ja, doch ist dies eben per Gesetz definiert. Prinzipiell kann der Kunde seinen Wunsch, wenn er keinen Smart Meter haben will, beim Netzbetreiber deponieren. Es liegt aber in der Verantwortung des Betreibers, darüber zu entscheiden. Einzig fix ist, dass 95 Prozent der Haushalte erreicht werden müssen. Wir sollten dabei nicht vergessen, dass der Stromzähler im Eigentum des Netzbetreibers ist und immer schon die Betreiber entschieden haben, welche Messeinrichtungen eingesetzt werden. Der Smart Meter ist der erste Schritt in eine intelligente Energiezukunft. Wir wünschen uns jedenfalls, dass alle Beteiligten positiv an dieses Thema herangehen und die Vorteile sehen.
Report: T-Systems hat in Deutschland bereits an großen Stresstests und Smart-Meter-Projekten teilgenommen. Was waren Ihre Erfahrungen dazu?
Andreas Bentz, T-Systems: Nun, der eigentlich größte Stresstest ist auch in Deutschland das Warten auf einheitliche Rahmenparameter für die Smart-Meter-Kommunikation. Die Diskussionen hatten sich in den vergangenen Monaten vor allem darum gedreht, wie die Daten im Zähler vor Manipulation geschützt werden können. Logistisch sind die Rollouts kein Problem. Einige Pilotprojekte haben gezeigt, dass wir bereits gut vorbereitet in den Startlöchern sind – das größte davon mit 100.000 Zählern der RWE in Mühlheim, weitere Trials mit 10.000 Geräten oder ein paar tausend Smart-Metern wie etwa in der T-City in Friedrichshafen.
Wie groß das Interesse bei den Endkunden sein wird, wenn die Zähler dann vielleicht etwas kosten und nicht wie in den Pilotprojekten gratis sind, wage ich nicht zu sagen. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass dann die Zahl jener, die damit ihren Stromverbrauch aktiv managen wollen, sehr begrenzt bleibt. Laut Studien sind nicht mehr als 20 Prozent der Kunden überhaupt an diesem Thema interessiert. Wir können diese Zahl aus eigener Erfahrung bestätigen.
Generell ist das Thema Energieeffizenz eher kein großer Treiber für das Umrüsten der Haushalte. Gerade an diesen ersten Smart-Meter-Umsetzungen haben viele mitgemacht, die bereits auch auf Energiesparlampen umgestellt haben und nun auf LED-Lampen setzen. Hier sind die Hebeleffekte bei Einsparungseffekten überhaupt sehr gering.
Für die Netzbetreiber erwarten wir zweifelsfrei Effekte und Hebel, die auch das Geschäft der durch die Marktliberalsierung separat gegliederten Energieversorgungsunternehmen betreffen. Hier können unter Beachtung der regulatorischen Rahmenbedingungen künftig neue Services und Produkte geschaffen werden. Auch werden die Smart-Metering-Daten zur Verbesserung der Prozesse in den Netzen nützlich sein. Dass dann der eine oder andere neue Dienst oder eine Effizienzsteigerungen auch bezahlt werden – diese Bereitschaft muss sich im Markt erst entwickeln. Ich gehe sogar so weit, dass dazu nicht nur 15-Minuten-Werte, sondern Echtzeitdaten nötig sein werden – für eine neue Prognosequalität beim Reagieren auf Netzlasten durch Erneuerbare Energien oder Bedarf an Ausgleichsenergie.
Was können wir als Telekommunikationsunternehmen nun tun? Die Energieversorger kennen Zählerfernauslese zwar bereits von ihren Industriekunden. Bei einem landesweiten Rollout sprechen wir aber von Millionen Zählern, die ständig vernetzt sind. Da ist nicht nur eine einzelne Kommunikationstechnologie, sondern es sind viele Lösungen nötig. In diesem Kommunikationsmix müssen die unterschiedlichen Geräte und Protokolle interoperabel miteinander arbeiten, auf Basis offener Standards, und für alle leistbar sein. Die Technik dazu hat sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt. Vor gar nicht langer Zeit wurde die Idee, Millionen Geräte über Mobilfunk zu vernetzen, noch als Zukunftsmusik abgetan. Heute ist ein Vertrag für Machine-to-machine-Kommunikation für unter 1 Euro pro SIM-Karte erhältlich. Damit werden Services in der Wirtschaft möglich, die vor kurzem noch als unerfüllbarer Wunsch galten. Und auch das Zurückgreifen auf Infrastrukturen Dritter – so werden in Smart-Meter-Projekten ja generell die Telekommunikationsnetze verschiedener Betreiber genutzt – ist eine Grundvoraussetzung für diese neue Art der Maschinenkommunikation. Dies geht bis zu Managed Services, die es Netzbetreibern endlich ermöglichen, wieder auf die strategischen Aufgaben im Netz zu fokussieren. Wir haben aus den vielen Diskussionen, die wir geführt haben, auch gelernt, weniger über Technik, sondern über Funktionalitäten und Nutzen zu sprechen. Wie dann die Lösungen, die Effizienz bringen und Kosten einsparen können, technisch umgesetzt werden, dafür gibt es passende, offene Standards.
Report: Was bietet Cisco für die Stromnetze und den Smart-Metering-Bereich? Welche Erwartungen haben Sie überhaupt, was den Bedarf vernetzter Geräte betrifft?
Hans Greiner, Cisco: Wir sind als Netzwerkhersteller aus der IT-Branche bekannt und erwarten ein Zusammenwachsen von Kommunikations- und Informationstechnologie nun auch in den Energienetzen. Unsere Position dazu ist klar: Wir wollen die Dinge verbinden – sowohl Smart Meter als auch all die anderen Geräte und Gegenstände, die in Zukunft vernetzt sein werden. Wenn wir die Welt heute betrachten, so sind vielleicht ein Prozent der Dinge weltweit vernetzt. In Summe sind aktuell ungefähr zwölf Milliarden Menschen und Geräte miteinander verbunden. Für das Jahr 2020 wird statistisch erwartet, dass es bereits 50 Milliarden Dinge weltweit sein werden. Ich hoffe, dass auch viele Smart Meter zu diesem Ökosystem gehören werden – ebenso wie Haushaltsgeräte, Autos und was auch immer noch dazu erfunden wird. Ein Argument dieser Vernetzung ist der sorgsamere Umgang mit unseren Ressourcen und ein nachhaltigeres Wirtschaften mit Energie. Prognosen zufolge wird die Menschheit im selben Zeitraum 40 Prozent mehr Energie verbrauchen. Als Europäer und Österreicher hoffe ich, dass wir mit unserem Energieangebot nachhaltig umgehen und dieses Wachstum intelligent vorantreiben können. Hier müssen wir alle – Anwender, E-Wirtschaft, Regulierung ebenso wie IT-Unternehmen – gemeinsam agieren und hart daran arbeiten. Nur dann wird auch etwas Gutes dabei herauskommen.
Report: Demnach sind Smart Meter ein freundlicher erster Schritt in die weltweite Vernetzung, die Positives gerade beim Thema Energieeffizienz bringt?
Greiner: Richtig. Schauen Sie sich nur einmal die Trends auf der Consumer Electronics Messe in Berlin an – in fünf Jahren werden sie kein Haushaltsgerät mehr ohne WLAN-Anschluss kaufen. Was da alles dann noch kommen wird, ist heute schwer vorstellbar. Als das iPhone vorgestellt wurde, haben manche den Zweck eines solchen Geräts offen hinterfragt. Mittlerweile sind Geräte dieser Art mit ihren Apps und der ständigen Vernetzung und Erreichbarkeit nicht mehr aus dem Leben vieler wegzudenken.
Ich möchte hier auch eine Lanze für die österreichische Stromwirtschaft brechen. Ich bin beruflich öfter in Kalifornien und bekomme die dortigen Verhältnisse der Strominfrastruktur sowohl in den Netzen als auch bei Installationen in Hotels mit. Glauben Sie mir: Wir können auf unseren europäischen und insbesondere den österreichischen Standard stolz sein. Wir sollten nun auch die Chance eines nächsten Schritts nutzen, qualitativ mehr aus dieser Infrastruktur zu machen. Als Konsument würde ich auch meine Stromrechnung genauer lesen, wenn dort die Informationen übersichtlicher und transparenter dargestellt werden. Vielleicht werden künftig auch positive sowie negative Verbrauchsentwicklungen auf den Rechnungen grafisch dargestellt? Ich denke, hier werden die Unternehmen sehr schnell einen Nutzen für die Endkunden generieren können.
Report: Abgesehen davon, dass die Smart-Meter-Rollouts attraktive Projekte für die Wirtschaft darstellen – was macht Österreich bei diesem Thema besonders?
Christian Schober, Kapsch Smart Energy: Wir haben uns in Österreich viel Zeit für einheitliche Regelungen gelassen, die sich als sehr ambitioniert und teilweise weit über die Standards anderer Länder gehend erwiesen haben. Diese Verzögerung ist etwas schade, da die heimische Wirtschaft gerade in Energieeffizienzfragen eine sehr hohe Glaubwürdigkeit auch im Ausland hat und man diese Expertise in Energieangelegenheiten weiter nutzen sollte. Viele der Regelungen sind absolut sinnvoll. Bei manchen spüren wir aber einen gewissen Anachronismus in den Gesetzen. So gibt es in den meisten Ländern die Vorgabe, dass am Display des Smart Meter alle verrechenbaren Daten angezeigt werden müssen. Das ist auch gut so, ähnlich der Zapfsäule an der Tankstelle, die anzeigt, was wirklich verrechnet wird. Dann aber muss in Österreich auch das erhobene 15-Minuten-Lastprofil direkt am Display angezeigt werden. Das alleine ist schon eine große Hürde für viele Zählerhersteller und eher ungewöhnlich. Und Österreich geht noch einen Schritt weiter und verlangt Zählerdisplays, die aus Datenschutzgründen – die Rückschlüsse, die aus dem Lastprofil entstehen, fallen in den Bereich personenbezogene Daten – auch aus der Ferne deaktivierbar sind. Diese Anforderung klingt vielleicht technisch banal, ist aber für die Zähleranbietern, die in langen Zeiträumen Geräte für den internationalen Markt entwickeln und in sehr großen Stückzahlen produzieren, eine weitere Hürde. Wir bieten unsere Lösungen herstellerunabhängig an und haben aufgrund dieser strengen Kriterien derzeit zwei Zähler im Portfolio. Es gibt vielleicht eine weitere Handvoll Zähler, die überhaupt in Österreich eingesetzt werden könnten. Schließlich wurden einschlägige Regelungen im Eichgesetz immer noch nicht abgeändert, die einfache Softwareupdates von Zählern ermöglichen – ohne diese daraufhin jedesmal neu eichen zu müssen.
Report: Kapsch hat ja bereits einige SM-Projekte in Österreich laufen, die die herausfordernden rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen erfüllen. Wie sind da die Erfahrungen?
Schober: Ich würde es mit den Worten eines ehemaligen Bundeskanzlers sagen: Es ist sehr kompliziert. Tatsächlich entsteht mit dem Smart Meter und der Kommunikation zur Trafostation und zur Netzzentrale eine sehr große Bandbreite an Aufgaben, die gemeinsam mit unseren Kunden, den Netzbetreibern, gelöst werden müssen. Dies geht bis in den Softwarebereich im Datenmanagement, in die Validierung und künftige Verarbeitung und Übergabe an Drittsysteme. Es ist eine Fülle an Themen, die man nicht einzeln herauspicken kann und ganzheitlich umsetzen muss. Unsere Erfahrungen sind dennoch sehr gut. Wir haben den Vorteil, dass wir gemeinsam mit den Netzbetreibern viele der Pilotprojekte in Österreich realisieren durften. Unsere Kunden sind eigentlich hervorragend auf die Datenmengen vorbereitet. Teilweise haben wir es in Projekten mit 15 bis 20 IT-Experten der Netzbetreiber zu tun, für Bereiche wie Security, Netzwerke, Zählermodelle und Datenbanken. Die Lösungen werden in der Regel auch noch externen Security-Audits unterzogen.
Jetzt geht es darum, diesen Puzzlestein dem Smart Grid hinzuzufügen – als Basis für künftige Möglichkeiten. Die Energieversorger werden mit diesen Daten sehr viel anfangen können, und auch neue Tarife anbieten. Nötig ist aber sicherlich noch eine Änderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen, um den Netzbetreibern Investitionssicherheit zu ermöglichen.
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