Armin Pehlivan im Interview: Der Geschäftsführer der Beckhoff Automation GmbH über langfristige Auswirkungen der Krise, neue Wachstumstreiber und die Märkte der Zukunft.
(+) plus: Der Automatisierungsbranche ist es viele Jahre richtig gut gegangen. Mit der Wirtschaftskrise musste aber auch Ihre Branche einen kräftigen Rückgang verkraften. Wie geht es der Branche heute?
Armin Pehlivan:
Wir beobachten weltweit, dass die Wirtschaft bis auf ganz wenige Länder branchenübergreifend wieder kräftig in Schwung gekommen ist. Der weltweite Maschinenbau findet zu seiner vormaligen Stärke zurück. Der US-amerikanische Markt wächst kräftig, mit derzeit 45 Prozent. Der chinesische Markt expandiert weithin noch stärker. Insbesondere in der chinesischen Windkraftindustrie erlebt Beckhoff eine überaus positive und dynamische Entwicklung, zumal wir stark in der chinesischen Windkraftindustrie vertreten sind und dieser Wirtschaftsbereich in China enorm wächst. Generell gehören aus unserer Sicht die alternativen Energien weltweit zu den aktuellen Wachstumstreibern, die in unserem Unternehmen mittlerweile über zehn Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen.
(+) plus: Wie ist Beckhoff Automation durch die Krise gekommen?
Pehlivan: Die weltweite Finanzkrise hat Beckhoff Automation getroffen. Im Geschäftsjahr 2009 verzeichneten wir einen Umsatzrückgang von 15 Prozent. Seit dem zweiten Quartal im vergangenen Jahr 2010 sehen wir eine Erholung weltweit. Insgesamt verzeichnen wir für das Jahr 2010 eine Umsatzsteigerung von mehr als 45 Prozent auf 340 Millionen Euro. Damit erlebt Beckhoff das größte Wachstum in der Unternehmensgeschichte seit 1987. Auch in Österreich verzeichnen wir eine positive Entwicklung für 2010. Mit einer Umsatzsteigerung von rund 22 Prozent erreichten wir das Umsatzniveau unseres Geschäftsjahres 2008.
(+) plus: Welche langfristigen, strukturellen Veränderungen hat die Krise mit sich gebracht?
Pehlivan: Beckhoff ist in der glücklichen Lage, gute und technologisch zukunftssichere Produkte herzustellen, die vom Markt akzeptiert und genügend honoriert werden. Da unsere Gewinne zum größten Teil im Unternehmen bleiben, sind wir gut abgesichert durch die Krise gegangen. Auch in der Krise haben wir weiter in den personellen Ausbau des Vertriebsnetzes und in Forschung, Entwicklung und Produktion investiert. Beispielsweise wurden Vertriebsgesellschaften in Israel, Singapur, Malaysia und Japan gegründet.
Heute verfügt das Unternehmen somit über ein weltweites Vertriebsnetz mit aktuell 28 Tochtergesellschaften. Zudem erforderte das starke Wachstum den Ausbau der Produktion mit neuen Produktionshallen und Fertigungsmaschinen sowie die fortlaufende Einstellung neuer Mitarbeiter. Beckhoff hat somit weltweit die Anzahl der Beschäftigten in 2010 um 24 Prozent auf 1.674 Mitarbeiter gesteigert.
(+) plus: Ein stetig wachsender Zweig Ihrer Branche ist die Gebäudeautomation. Welche aktuellen Trends lassen sich erkennen?
Pehlivan: Als Spezialist für Softwarelösungen im Bereich Gebäude- und Mediensteuerung bauen wir unser Know-how im Bereich der Gebäude- und Home-Automatisierung stetig aus. Die Anforderungen an die Intelligenz eines Gebäudes sind in den letzten Jahren stetig gestiegen, wobei die Energieeffizienz sowie ein guter »Return of Investment« noch immer im Vordergrund stehen. Ein wichtiges Zukunftsthema ist daher die Steuerung und Regelung im Passivhausbereich. Die PC-basierte Steuerungstechnik von Beckhoff ermöglicht schon heute eine Gebäudeautomation der Energie-Effizienzklasse A. Ein weiterer Trend ist die Integration aller Gewerke in eine All-in-One-Steuerung. Die Beckhoff-Automatisierungssoftware TwinCAT und das Busklemmensystem für die Anbindung der Datenpunkte bietet hierzu die Basis.
(+) plus: Wie sind Ihre Erwartungen an 2011?
Pehlivan: Infolge der aktuellen Gegebenheiten sind wir für 2011 gleichermaßen weiterhin optimistisch. Für Beckhoff Österreich erwarten wir eine kontinuierliche angepasste Steigerung des Umsatzes für das Jahr 2011.
Weil unsere Technologie weltweit Akzeptanz findet, gehen wir davon aus, dass wir noch weitere Marktanteile hinzugewinnen können. Realisieren wollen wir das durch den Ausbau unserer Produktlinien und durch neue Technologien, die neue Märkte definieren und öffnen werden.