Die IT-Branche betont gemeinsam mit Weiterbildungsstellen einmal mehr die Notwendigkeit von IT-Fitness am Arbeitsmarkt. Dies gelte nicht für Techniker alleine, sondern betreffe so gut wie jeden Job.
Die europäischen Arbeitsmärkte befinden sich im Umbruch: die globale Wirtschaftskrise, der technologische Wandel aber auch die Überalterung der Bevölkerung stellen neue Herausforderungen an die Wirtschaft. Untersuchungen haben ergeben, dass künftig neue und höhere Arbeitsqualifikationen erforderlich sind, um den rapiden Veränderungen der Arbeitsmärkte gewachsen zu sein. Nicht nur die Arbeitsplätze selbst werden sich ändern, auch der Bedarf nach bestimmten Kompetenzen muss sich verstärkt an die Anforderungen von morgen anpassen.
Gerade die Bedeutung von IT-Kenntnissen wird auf dem europäischen Arbeitsmarkt weiter zunehmen: Eine Untersuchung von IDC ergab, dass in neun von zehn Berufen zukünftig PC-Wissen benötigt wird. Fazit: Weniger als zehn Prozent aller Jobs werden 2014 ohne IT-Kompetenzen auskommen. IT-Fähigkeiten sind schon heute eine Grundvoraussetzung im Berufsleben. Bedingt durch den steigenden Einsatz von Informationstechnologien in Unternehmen wird ihr Stellenwert auch in Zukunft an Bedeutung gewinnen.
Es sind nicht nur Klassiker wie das Berufsbild der Mechatroniker, die in Österreich dringend gesucht werden. Rudolf Hundstorfer, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, weiß um die Bandbreite der geforderten IT-Fitness am Arbeitsmarkt. „Begeben Sie sich einmal ins Expedit des Schokoladeherstellers Zotter – es ist unglaublich, wie viel IT dort zu finden ist“, betont der Minister anlässlich eines Podiumgesprächs im Rahmen einer IT-Fitness-Initiative der Branche. Gemeinsam mit Partnern aus Wirtschaft und Politik testet Microsoft seit März die IT-Kenntnisse von Menschen in Österreich. Ziel ist es, das Qualifizierungsniveau zu erhöhen und fit im Umgang mit PC und Internet zu machen. „IT-Kenntnisse sind somit Schlüsselqualifikationen und ein wichtiger Faktor für den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit auch die Zukunftsfähigkeit Österreichs“, erklärt Microsoft-Geschäftsführerin Petra Jenner. Der Fitness-Test ist zwar kein ECDL (European Computer Driving Licence), doch haben bis dato rund 26.000 User damit ihre IT-Kenntnisse getestet. Interesse scheint also vorhanden zu sein.
Die Initiative ist in das europäische Programm „Skills for Employability“ eingebettet, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Beschäftigungschancen der EU-Bürger mit passenden Schulungsangeboten zu erhöhen. Nach dem Start im Frühjahr konnte Jenner auch das Arbeitsmarktservice Wien und die Plattform Seniorkom als Partner gewinnen. „Denn IT beeinflusst alle Schichten unserer Gesellschaft“, folgert sie. „Wir dürfen das Thema in den Köpfen der Leute halten.“
Orientierungsmaßnahmen
Besonders wichtig erscheint die Gleichstellung von Frauen und Männern, wenn es um IT-Fähigkeiten geht: In Europa klafft im IT-Sektor eine Qualifikationslücke zwischen Frauen und Männern, die immer größer wird. Nur jeder vierte Computer- und Information Systems Manager ist eine Frau, im Bereich Computer Hardware Technologie sind lediglich 9,8 Prozent Frauen tätig. Akademische Positionen im Bereich IT-Engineering und -Technologien sind überhaupt nur zu 5,8 Prozent von Frauen besetzt. Angesichts der wichtigen strategischen Rolle von IKT im globalen Wettbewerb und in der Wissensgesellschaft, ist diese Entwicklung kontraproduktiv. Das mangelnde Interesse von Frauen an IKT wird sich auch auf zukünftige Generationen negativ auswirken. Denn Frauen beeinflussen durch Vorbildwirkung ihre Kinder im Umgang mit IT.
Laut einer Studie verfügen Mädchen zwischen 15 und 18 Jahren zwar über genauso gute IKT-Kenntnisse wie Burschen, ziehen aber einen Beruf im IKT-Bereich meist nicht in Erwägung. Gründe dafür sind, dass die Berufswahl der Mädchen noch immer vom traditionellen Rollenbild der Frau geprägt ist und in der breiten Gesellschaft technische Berufe eher Männern zugeschrieben werden. Darüber hinaus wissen Eltern, Lehrer und Schüler zu wenig über das umfassende Berufsfeld der IKT Bescheid. Das möchte auch das AMS ändern: „Mit der Initiative ‚IT’s your Chance‘ wollen wir Personen erreichen, die Interesse am oder bereits Erfahrungen im IT-Bereich haben“ umreißt Inge Friehs, Vizechefin des AMS Wien, die Zielgruppe. Das Arbeitsmarktservice Wien fördert gemeinsam mit der bit Gruppe die 750 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit einer Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhalts und übernimmt bis zu 40 Prozent der Ausbildungskosten. Die restlichen 60 Prozent werden von den ausbildenden Betrieben beigesteuert. „IT-Ausbildung ist ein erwarteter Zusatz, zu einer Basisqualifikation in Unternehmen geworden“, so Friehs. Vom Lagermitarbeiter bis zum Raketenforscher – überall sind IT-Kenntnisse notwendig. Monika Elsik, stellvertretende Institutsleiterin WIFI Österreich, schlägt in die gleiche Bresche. Für Sie ist das lebenslange Lernen, die ständige Weiterbildung gerade in der EDV enorm wichtig. Elsiks Rechnung zur allgemeinen Halbwertszeit des Wissens: Schulwissen ist generell nach 20 Jahren veraltet, Hochschulwissen nach 10 Jahren, Fachbereiswissen nach 5 Jahren und Technologiekenntnisse nach bereits 3 Jahren. Das dicke Ende dieser degressiven Kurve: EDV-Wissen gilt schon nach nur 1 Jahr als überholt.
Ausbildung für Junge
Die Zusammenarbeit der Aus- und Weiterbildungseinrichtungen mit der Wirtschaft bezeichnen Friehs und Elsik als essentiell. Ein Beispiel für eine solche Kooperation betrifft allerdings eine humanitäre Initiative, das Flüchtlingsprojekt lobby.16. lobby.16 setzt sich für das Recht junger Flüchtlinge auf Bildung und Ausbildung ein und will dazu beitragen, dass junge Flüchtlinge gemäß ihren Fähigkeiten und Begabungen gefördert werden und Selbstbewusstsein und Vertrauen in sich und ins Leben entwickeln können. Am 11. Mai fiel der Startschuss bei dem IKT-Dienstleister T-Systems für einen gesponserten EDV-Grundkurs. Die Teilnehmer waren zehn Burschen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren und kommen aus Afghanistan, Angola, Somalia und dem Kosovo. In 60 Unterrichtseinheiten lernten die Kursteilnehmer Computer-Grundkenntnisse. Drei von ihnen wurden mittlerweile als Lehrlinge bei T-Mobile aufgenommen, berichtet T-Systems-Sprecherin Sigrid Moser-Sailer.
Fitte Gemeinden gesucht
„Auch wenn bereits tausende Österreicher und Österreicherinnen den Online-Einstufungstest der Initiative als Möglichkeit genutzt haben, um ihre IT-Fähigkeiten zu überprüfen, haben wir unser Ziel noch lange nicht erreicht“ betont Jenner. „Berufliche Qualifizierung ist ein wichtiges zukünftiges Thema für Wirtschaft und Politik gleichermaßen. Wir stehen mit unserer IT-Fitness-Initiative erst am Anfang.“ Als Anreiz für Österreichs Gemeinden startet Microsoft mit einem Wettbewerb zur IT-fittesten Stadt oder Gemeinde: Dabei wird nicht nur das IT-Wissen getestet, gleichzeitig gibt man auch durch die Eingabe der Postleitzahl seine Stimme für die Stadt oder Gemeinde ab. Bis Ende Jänner 2011 hat jeder Bürger und jede Bürgerin die Chance den eigenen Bezirk oder die eigene Heimatstadt zur IT-fittesten Stadt zu machen sowie Auszeichnung und Titel zu holen.