Sonntag, Dezember 22, 2024
Die größte Änderung in der Arbeitswelt: Der Arbeitsort verliert an Bedeutung.Eine Studie von Microsoft zeigt auf, wie sich unsere Arbeitswelt ändern wird. Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) nimmt dabei zwei Rollen ein: Sie ist Auslöser dieser Veränderung – und zugleich Lösung.

Alles verändert sich. Was für die Wirtschaft generell gilt, hat auch auf der Ebene zwischen Unternehmen und Mitarbeiter Relevanz. Bestehende Strukturen lösen sich zunehmend auf. Traditionelle Dienstverhältnisse weichen immer öfter flexiblen Modellen. So hat sich die Teilzeitquote in den letzten 20 Jahren auf etwa 25 % verdreifacht. Über 1 Mio. angestellte Österreicher arbeiten heute nicht in Vollzeitverträgen.

Doch nicht nur die Dienstverhältnisse verändern sich, auch der grundlegende Bezug zum Unternehmen. Die so oft zitierte Flexibilisierung der Arbeit ist längst Realität, sie äußert sich in sehr unterschiedlichen Modellen, in denen Unternehmen Arbeitskraft einkaufen: Vom herkömmlichen Angestelltenverhältnis über kurzfristig engagierte Projektmitarbeiter, Personalleasing, externe Berater und Dienstleister bis zur Ausgliederung einzelner Unternehmensbereiche reicht das Spektrum. Nicht zuletzt reflektiert ein nicht zu vernachlässigender Teil der seit Jahren steigenden Zahl der Ein-Personen-Unternehmen dies: 225.000 sind es aktuell in Österreich – vielfach im Umfeld größerer Betriebe angesiedelt. Und Mitarbeiter sind oft keine Fix-Angestellten mehr, sondern Freelancer in der einen oder anderen Form. Aus informationstechnologischer Sicht stellt sich Microsoft in dem Whitepaper zum Thema »Das neue Arbeiten« die Schlüsselfrage, wie in einem solchen Umfeld Produktivitäts- und Kommunikationswerkzeuge zur Verfügung gestellt werden können. »Jedenfalls müssen Teamwork- und Collaboration-Szenarien dynamisch abbildbar und hochgradig flexibel sein, damit sie keine Barriere für neue Arbeitsstrukturen darstellen, sondern eine wesentliche Unterstützung«, heißt es in der Studie.

Michael Bartz ist Leiter des Geschäftsbereichs Information Worker bei Microsoft.Der Ort verliert an Bedeutung
Die aktuell im Arbeitsprozess stehende Generation sei vielleicht die letzte, die Arbeit als zeitlich räumliches Konzept begreift, Stechuhren und Arbeitszeitaufzeichnungen kennt und mit »In-die-Arbeit-Fahren« den Weg ins Büro meint. Dass Arbeit nach Anwesenheitszeit beurteilt wird, ist kein zukunftsträchtiges Konzept, will Micosoft beobachten können. Vielmehr würde bereits heute in vielen Unternehmen, künftig wohl in allen, Arbeit nach Ergebnissen beurteilt werden, »und auch Dienstverträge werden wohl über kurz oder lang dieser Ausrichtung folgen«. Das sei nicht nur eine Forderung von Unternehmen, die stets nach flexiblen Arbeitsformen suchen, um Kundennachfrage mit Personalstandsangebot in Einklang zu bringen. Dies sei zunehmend auch eine Forderung der Mitarbeiter, die familiengerechte Arbeitsformen suchen; die, anstatt täglich bis 17 Uhr im Büro zu sein, lieber um 15 Uhr zu Hause sind, um ihre Kinder zu sehen und dann um 20 Uhr nochmals von zu Hause weiterarbeiten.

»Immer öfter wird man in einer Vielzahl von Rollen, Aufgaben und Jobs buchstäblich von irgendwo arbeiten können. Das wird nicht immer das vielzitierte Arbeiten auf der Alm oder aus dem Kaffeehaus heraus sein, aber es wird völlig selbstverständlich sein, dass sich Arbeitszeit und Freizeit – und damit auch die Orte der Arbeit – dynamisch die Hand geben.«

Als Beispiel nennt Microsoft-Autor Michael Bartz, Leiter Geschäftsbereich Information Worker bei Microsoft Österreich, die US-Fluglinie JetBlue. Während Callcenter meist in großen Gebäuden in Bürozentren untergebracht sind oder ohnehin vollständig offshore betrieben werden, arbeiten die 700 Callcenter Agents der Fluglinie seit 2004 von zu Hause aus, ohne zentrales Büro. Dass auch andernorts von diesen Arbeitsformen Gebrauch gemacht wird, zeigt der Anteil der Unternehmen, die Telearbeit anbieten, der von 4 % (2000) auf 18,5 % (2006) gestiegen ist. Prognose 2020: 81 %, so Bartz. Doch auch unabhängig von Teleworking-Szenarien steht fest, dass mobiles Arbeiten sich längst durchgesetzt hat. Die Anzahl der mobilen Arbeitskräfte in Westeuropa ist 2009 um 6 % gestiegen und beträgt nun 129,5 Mio Menschen.

Andere Arbeitsweisen

Dass sich die Arbeitsstile der einzelnen Generationen deutlich voneinander unterscheiden, darf als gesichert angenommen werden. Dabei muss man gar nicht die beiden extremen Enden des Altersspektrums bemühen – schon innerhalb der sogenannten »Millennials« zeichnen sich entsprechende Unterschiede ab: Während 23- bis 27-Jährige noch fast sieben Stunden pro Woche mit dem Verfassen und Bearbeiten von E-Mails verbringen, wenden 19- bis 23-Jährige nur noch vier Stunden dafür auf. Im Gegenzug steigt die Verwendung sozialer Medien. Speziell jüngere Arbeitnehmer sind aus ihrem Privatleben eine Fülle sozialer Medien gewohnt und erwarten, im Unternehmen vergleichbare Arbeitsinstrumente vorzufinden. Wenn es über Facebook leichter ist, ein Meeting abzustimmen, als über das firmeninterne Collaboration-Tool, man in XING schneller einen Kontakt findet als im Intranet-Adress-Verzeichnis, oder wenn in einem bestimmten Projekt die Techniken des Social-Bookmarking Produktivität und Dynamik im Team anheben, dann kann man davon ausgehen, dass die Instrumente der sozialen Medien auch im Unternehmenseinsatz verwendet werden. Dies unterstreichen aktuelle Untersuchungen, nach denen 86 % aller Arbeitskräfte inoffizielle (nicht unterstützte) Werkzeuge verwenden, um ihre Produktivität zu steigern.

Für die IT bedeutet dies vor allem einen gestiegenen Integrationsaufwand zwischen unterschiedlichen Systemen, die Notwendigkeit offener Schnittstellen für den transparenten Austausch auch über Systemgrenzen hinweg und eine spezielle Sensibilisierung für auftretende Sicherheitsproblematiken. Es gilt nun, darauf zu fokussieren, dass neben der Produktivitätssteigerung des Einzelnen vor allem Teamwork-, Collaboration- und Communication-Szenarien abgedeckt werden. Die neuen Instrumente des Wissensmanagements müssen in der Lage sein, die Gratwanderung zwischen fokussiertem Arbeiten und »Multi-Sourcing« gewinnbringend zu unterstützen.

Zweifel beseitigen
Auch bei grundsätzlicher Akzeptanz der dargestellten Veränderungsprozesse ist eine erfolgreiche Umsetzung eines »Future of Work«-Projektes keineswegs von vornherein selbstverständlich. Beispielsweise ist eine der Sorgen, die Führungskräfte gegenüber der Einführung von sozialen Netzwerken im Unternehmen haben, dass jene Mitarbeiter, die bloggen, Wikis befüllen oder sonstige Collaboration-Tools verwenden, »zu wenig Zeit für ihren echten Job aufwenden«. »Aber was ist der Job eines Information Workers, wenn nicht, Wissen aufzubereiten und zu teilen?«, fragt Microsoft.

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