Sonntag, Dezember 22, 2024

Thomas Schmutzer, HMP: 'Viele wollen mit Unified Communications Bestehendes besser abbilden, überlegen sich aber nichts Neues.'Zuerst kam IP-Telefonie, dann das mobile Büro und Videokonferenzen. Unsere Kommunikation wird bunt und vereinheitlicht. Doch müssen Unified-Communications-Lösungen richtig umgesetzt werden.

»Nach den neuesten Ansätzen geht es nicht darum, wie schnell abgehoben wird, sondern wie schnell ein Kundenanliegen erledigt wird«, erklärt Thomas Schmutzer. Der Geschäftsführer des Wiener Kommunikationsberaters HMP ist seit den Anfängen der IP-Telefonie in der Branche tätig. Vor wenigen Jahren galt es lediglich, den Unternehmenskunden das Verlegen und den Betrieb der Telefonverkabelung möglichst kostengünstig umzusetzen. In Neubauten, bei Umsiedlungen oder der Anbindung von entfernten Standorten an die Firmenzentrale war die neue Konvergenz besonders gefragt. Dank IP-Telefonie, IP-Telefonanlagen und kompatibler Endgeräte durften die Mitarbeiter nach Lust und Laune über die Datenleitung kommunizieren. Der Nimbus der geringen Sprachqualität war nach dem Ausmerzen der üblichen Kinderkrankheiten schnell abgelegt: IP-Telefonie ist schließlich nicht gleich Internet-Telefonie. Auch die teuren IP-Telefone müssen nicht immer sein: So manch Softphone am Computer hat den Knochen am Schreibtisch ersetzt – zum Leidwesen der Nutzer. Doch die können jetzt spielend leicht aus ihrer Kontaktverwaltung oder aus Webseiten direkt Teilnehmer anwählen. Die Ausprägungen des oftmals regelrechten Konvergenz-Hypes sind unterschiedlich. Was bleibt, ist ein fix eingeschlagener Weg in Richtung vereinheitlichter Kommunikation: Unified Communications, kurz UC.

Alles ist möglich

Unified Communications, das heißt: alle denkbaren Kommunikationsarten – E-Mail, Telefonie, Sprach- und Fax­nachrichten, Kurznachrichten, Chats, Statusmeldungen – vereint und jederzeit im eigenen Posteingang. Daran angeschlossen: Anwendungen am Computer, auf dem Telefon-Display, am Handy, Handheld und im Fahrzeug. In die Breite kommunizieren können damit folgende Teilnehmer: die Betriebskantine mit einer Umfrage zu Menüwünschen. Der Portier mit einem Hinweis auf eine Sperre der Tiefgarage. Die Customer-Relationship-Management-Software mit der Aufforderung zur Kontaktaufnahme mit dem Kunden XY. Oder die Kollegin auf ihrer Geschäftsreise nach Stockholm mit einem beeindruckenden Video zu a) einem Vortrag, b) einer Schiffsrundfahrt oder c) dem Wartebereich im Flughafen Arlanda. Wird in Ihrem Unternehmen viel gereist, dann wurde vermutlich schon über den Einsatz von Videokonferenzlösungen nachgedacht. Auch hier konnten die Verständigungsschwierigkeiten, wie sie bei den ersten Lösungen noch auftraten, ausgeräumt werden. Dank Breitbandleitungen, High-Definition-fähigen Bildschirmen und reisemüden Anwendern ist heute die Freude berechtigt, zur wöchentlichen Vertriebssitzung mit der internationalen Kollegenschaft einfach ins Nebenzimmer zu gehen – dort steht das Videokonferenz-Set. Es ist wesentlich teurer als ein simples Notebook mit Webcam, aber es vermittelt Authentizität. Mit den neuen Lösungen entsteht der Eindruck, den Gesprächspartnern in natura gegenüber zu sitzen. Doch zugegeben: Eine Konferenzlösung im Nebenzimmer hat wenig mit Unified Communications zu tun. Diese ist dann gegeben, wenn die Nutzer Applikationen einfach per Tastendruck am Notebook starten könnten.

Alles ist eins
Das Geschäft mit dem vereinfachenden Mischmasch, der seinen Nutzern Effizienz und Übersicht bringt, ist ein milliardenschwerer Markt in Europa. Analysten wie etwa Forrester ist klar, warum Unternehmen gerade jetzt in Kommunikationstechnologien investieren sollten. Durchschnittlich prasseln auf einen Nutzer täglich mehr als 100 Nachrichten über sieben unterschiedliche Informationskanäle ein. Zusätzlich geistert in der Kommunikationsumgebung eine Vielzahl an Applikationen herum. Mit der Vereinheitlichung der Kanäle kann folglich die Produktivität der Mitarbeiter gesteigert werden. Und auch Kosten werden damit gesenkt, und zwar um bis zu 30 Prozent, heißt es. Je besser man sich versteht, desto besser das Ergebnis«, weiß auch Robert Ludwig, Unified-Communications-Experte bei dem IKT-Integrator NextiraOne. »Das gilt für die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens, im Gespräch mit Partnern oder Lieferanten und vor allem für die Kommunikation mit den Kunden.« Für Ludwig ist eine Veränderungen der Organisationsstrukturen in Unternehmen für neues Kommunikationsverhalten wesentlich. Die Entwicklung geht von der traditionellen hierarchischen Linienorganisation über die heute übliche Matrixorganisation hin zu einer künftigen Organisation in flexiblen Teams. In den Matrixorganisationen ist durch die interne und externe Verflechtung mit Unternehmenspartnern (Stichwort Outsourcing) der Kommunikationsbedarf bereits gestiegen. In Zukunft wird man sich, je nach aktuellem Bedarf, verstärkt externer Leistungen bedienen – unabhängig davon wo diese Leistung erhältlich ist. Um hier die Zusammenarbeit zu maximieren, bedarf es neuer Kommunikationsmethoden.

... bis zur Transformation
HMP-Mann Schmutzer sieht den eigentlichen Reiz bei UC-Projekten in einer »High-Level-Integration« von neuen Kommunikationsmitteln und Prozessen, wie er betont. Werden im Zuge einer Implementierung Geschäftsprozesse auseinandergenommen, hinterfragt und auf eine völlig neue Art wieder zusammengesetzt, sprechen die Experten von einer wirklichen Veränderung, einem wirklichen Vorteil. Schmutzer sieht drei Stufen möglicher UC-Integrationen. Die erste Stufe, die simple Erweiterung um zusätzliche Applikationen oder Kommunikationsmittel, ist trivial. »Online zu sehen, ob mein Kollege gerade am Arbeitsplatz ist, ist lieb. Aber damit verdient ein Unternehmen noch nichts«, meint der Experte augenzwinkernd. In einem zweiten Schritt gehe es aber um die tatsächliche  Beschleunigung von Geschäftsprozessen. Wenn etwa die Kollegin vom Business Consulting ad hoc zu einem Kundenmeeting geschaltet werden kann, kann möglicherweise ein Vertrag schneller abgeschlossen werden: Die »time to cash« wurde verkürzt. Letztlich ist aber die dritte Stufe, der in der Lösungsintegration tiefste Schritt, am erfolgreichsten. Mit etwas Mut und Wille zur Innovation wird mit einer sogenannten »Business Transformation« völlig Neues geschaffen.

Das Credo lautet: Wer mit seinen Lösungen neuen Kundennutzen schafft, wer besser als die Konkurrenz seine Kunden serviciert, gewinnt Aufträge, Vertrauen und Leidenschaft.

Hier geht es zu Teil 2 der Serie »Unified Communications« im Report.

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