Raus aus der Starre in Europa, fordert der Deutsche-Telekom-Boss Tim Höttges. Ins Tun kommen die Menschen mit der Digitalisierung und leistungsfähigen Netzen.
Das »X« in »Digital X« steht für das Vielfache. Auf der Digitalisierungsmesse der Deutschen Telekom, die Ende September wie jedes Jahr die halbe Stadt Köln erfasst hast, wurde ein bunter Strauß an Anwendungen für die Wirtschaft demonstriert. Was Selbstständige, KMU und Großunternehmen einen soll: Rechenpower, Software sowie starke Telekommunikationsnetze liefern ihnen unzählige neue Möglichkeiten.
Timotheus Höttges, CEO der Deutschen Telekom, geht die aktuelle Stimmung in Deutschland nahe, »die Diskussionen, die Konflikte, die Polarisierung der Gesellschaft.« Er appelliert bei seiner Eröffnungsrede, frei nach Ghandi: »Sei der Wandel.« Wir stünden nicht im Stau, wir seien der Stau, weshalb Höttges empfiehlt, »alles daran zu setzen, die Dinge besser zu machen.«
Und er liefert einen persönlichen Vergleich mit dem Golfspiel: Bei einem Handicap von 9 komme er eigentlich auf jedem Platz gut über die Runden. Warum sollte er also etwas verändern? Freilich will der Manager trotzdem besser werden. Das bedeute, seine grundlegende Technik, seinen Schwung und vieles andere ändern zu müssen. Und damit werde er eine Zeit lang schlechter, bis sich das Handicap dann doch bessere, und das nachhaltig.
Warum soll die Gesellschaft in Deutschland den Schwung ändern? Man sei halbwegs gut unterwegs, könne als Wirtschaftsstandort aber definitiv besser werden, auch wenn man das eine oder andere Risiko eingehe und Diskussionen zur Leistungsfähigkeit erlaube.
Die Deutsche Telekom ist die globale Marke Nummer eins in der Telekommunikation, sagt der Manager selbstbewusst. 6,6 Millionen Glasfaseranschlüsse wurden vom Incumbent in Deutschland allein in den letzten zwei Jahren versorgt. 55 Milliarden Euro Handlungsspielraum für Investitionen, gestützt durch die Profite aus dem USA-Geschäft, machen enorme Investitionen in Europa möglich. Mit 135 Milliarden Euro Marktwert, gemessen an der Zahl aller Aktien, übertreffe die Telekom jeden anderen Telekommunikationsbetreiber in der alten Welt. Trotzdem müsse sich der Konzern kontinuierlich verändern und transformieren.
Mit den Assets des Anbieters – das gesammelte Know-how und eine Kundengröße von 300 Millionen – soll vor allem der Hebel KI neue Chancen bieten. Und die Deutschen legen einen zwei Milliarden Euro starken »Tech Fund« auf, um Technologiepartner ans Unternehmen zu binden. »Wir wollen uns nicht mit anderen Telekombetreibern messen, sondern mit den großen Internetkonzernen« gibt Höttges vor. Letztere würden ein Riesengeschäft mit Daten machen – auf Netzen, die für die Konzerne faktisch kostenlos zur Verfügung stehen. Mit jährlich 30 bis 50 Prozent mehr Datenverkehr in den Netzen kommen laufend Investitionen auf die Betreiber zu – trotz »Bürokratie und Überregulierung in Europa«.
Bild: Tim Höttges, Deutsche Telekom, fordert Menschen und Unternehmen auf, zu investieren, die Veränderung zu wagen und Risiko einzugehen.
Treibende Themen
Im September waren mehr als 300 Partner bei der Digital X vertreten, darunter auch österreichische KI-Expert*innen von thinkers.ai. Sie arbeiten mit KI, um manuelle Recherchen abzuschaffen. Das Team rund im Isabell Claus sieht zahlreiche Anwendungsgebiete, in denen der Vorteil der massenhaften Datenverarbeitung, Informationszusammenfassung und -darstellung auf Knopfdruck von Unternehmen genutzt und damit Wettbewerbsvorsprung geschaffen wird.
Die 50.000 Besucher erlebten Innovationen nahe am Menschen: Der KI-Avatar »Judy« hatte auf Fragen zur Veranstaltung die passenden Antworten. Roboter »Butty« sammelte autonom Zigarettenstummel ein. Tanzend inszenierte sich der humanoide Roboter »NAO«. Die Zukunft der mobilen Arbeit präsentierte ein AR-Laptop, der mithilfe einer Brille eine 100-Zoll-AR-Oberfläche direkt vor die Augen der Benutzer*innen projiziert. Auch die Gesundheitsbranche spürt zunehmend den Einfluss der künstlichen Intelligenz: die Menschen konnten sehen, wie Gesundheits-Checks automatisiert durchgeführt und analysiert werden. Klaus Werner, Geschäftsführer Geschäftskunden, forderte die Besucher*innen auf, ins Tun zu kommen. »Wenn jeder Gast im Schnitt 20 weitere Personen erreicht, dann haben wir schon zwei Millionen Hände für die Digitalisierung.«
Hintergrund: Was Unternehmen bewegt
Diese Entwicklungen werden das Gefüge in der Wirtschaft auf Dauer verändern, wurde auf der Digital X festgemacht:
1. Vernetzung
Der Megatrend Connected Business verändert nachhaltig die Arbeitswelt, Prozesse und Geschäftsmodelle. Unternehmen verbinden sich digital mit Plattformen und Ökosystemen, mit Partnern und Kunden. Sie vernetzen ihre Produkte, Geräte, Fahrzeuge und Maschinen. Warum? Um Daten zu gewinnen, schlankere Prozesse zu ermöglichen sowie bessere Produkte und Services zu entwickeln.
2. Sicherheit
Cyberkriminelle entwickeln ständig neue Methoden, um Schwachstellen auszunutzen und Schaden anzurichten. Gut, dass die IT-Branche Strategien und Techniken zur Verfügung stellt, mit denen sich Betriebe schützen können. Gefragt sind Systeme, die Infrastrukturen in klassischer IT und in Produktionsumgebungen wie dem Shopfloor vor unautorisiertem Zugriff abschirmen, sowie ausgeklügelte Datenverschlüsselung und manipulationssichere Benutzerauthentifizierung.
3. Arbeitsplatz
Wie wird sich der Einsatz von KI auf die Arbeitswelt auswirken? Und welches Maß an Flexibilität erwarten die Generationen Z und Alpha von ihren Arbeitgebern? Unternehmen, die es richtig machen, setzen auf digitale Lösungen, um ihren Mitarbeitenden mehr Freiraum für Kreativität zu schenken.
4. Nachhaltigkeit
Gesetzgebungen wie die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) oder das Lieferkettenthema verpflichten Unternehmen sukzessive, ihr Geschäft nach den ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) auszurichten. Ein nachhaltiges Wirtschaften bietet Unternehmen aber auch Chancen. Wer sein Geschäft ESG-konform aufstellt, verschafft sich dadurch einen Wettbewerbsvorteil.