Rettung ist Vertrauenssache
Wenn Sie Daten verloren haben, muss es zumeist schnell gehen, um die Daten zu retten. Und da passiert es dann oft wie in der alten Geschichte mit dem Glas Wasser in der Wüste – die Not des Durstigen, respektive des betroffenen Kunden, wird ausgenutzt. Dieser Vorwurf wird immer wieder im Zusammenhang mit Datenrettung laut. Was verbirgt sich jedoch tatsächlich dahinter? Und wie lassen sich seriöse Datenretter von schwarzen Schafen unterscheiden?
»Auch wenn Datenrettung viel mit Vertrauen zu tun hat, so ist blindes Vertrauen doch ein schlechter Ratgeber«, warnt Nicolas Ehrschwendner, Geschäftsführer des Datenrettungsspezialisten Attingo. Er rät zur Beachtung einiger wichtiger Merkmale, die seriöse von unseriösen Datenrettern unterscheiden:
Was leider nichts aussagt
Angaben auf der Homepage über Größe des Unternehmens, Anzahl der Standorte, Reinraumlabore, 24h-Service, Datenschutzversprechen oder Erfahrung im Markt: Dies alles sind zwar wichtige und notwendige Punkte, im Zweifel sind diese allerdings für einen Außenstehenden nur schwer nachvollziehbar; insbesondere, da nicht immer alles, was auf der Homepage steht oder an Firmengebäuden abgebildet ist, der Wahrheit entspricht.
Was viel aussagt:
1. Berichte in Fachzeitschriften und Internetforen
Bei großen, unabhängigen Fachzeitschriften werden immer wieder Datenrettungsunternehmen unter die Lupe genommen. Internetforen bieten vorab wichtige Anhaltspunkte. Interessierte finden dort Beiträge und Erfahrungsberichte von betroffenen Personen, die eine Datenrettung in Anspruch genommen haben. Sollte ein Datenrettungsunternehmen mehrfach negativ auffallen, dann ist dies ein erstes Alarmsignal. Prüfen Sie bei Möglichkeit aber auch die Unabhängigkeit solcher Foren.
2. Festpreise oder Individualpreise
Jeder Datenrettungsfall ist individuell. Aus diesem Grund ist es zweifelhaft, wenn die Datenrettung zu einem Fixbetrag angeboten wird. Die Gefahr: Sie zahlen entweder zu viel, oder der Preis ist zu niedrig. Die Folge: Ab einem bestimmten Punkt wird die Datenrettung nicht weiter durchgeführt, mit der Begründung, dass eine Wiederherstellung der Daten angeblich unmöglich ist. Der wahre Grund ist jedoch meist, dass die Kosten der Datenrettung den Festpreis übersteigen und der Datenretter Verlust machen würde. Seriöse Datenretter geben Preisspannen an, in welchen sich ein Fall bewegen kann. Sie nennen meist ein Best- und Worst-Case-Szenario.
3. Preiskalkulation pauschal nach Datenvolumen
Der tatsächliche Aufwand für eine Datenrettung summiert sich aus dem zeitlichen Aufwand der Techniker zur Reparatur der Festplatte im Reinraum, die benötigten Ersatzteile und die Dringlichkeit für den Kunden, die benötigten Daten wieder zu erhalten (Wochenenddienste). Wenn der Schaden in der Folge behoben ist und die Rohdaten ausgelesen werden können, dann ist das Auslesen der Daten ein Vorgang, der passiv im Hintergrund abläuft. Nach Datenvolumen, also nach Gigabyte abzurechnen, ist daher keine seriöse Kennzahl für die Preisgestaltung, da der Aufwand für das Auslesen meist nur zu einem sehr geringen Teil mit der Kapazität der Festplatte zu tun hat. Also: Egal, ob bei einer Festplatte mit einem beliebigen Schaden X der Kunde alle Daten benötigt oder nur eine Datei – die Reparatur ist immer gleich aufwendig.
4. Kostenlose oder kostenpflichtige Diagnose
Einige Datenretter bieten eine kostenlose Analyse an. Kontrollieren Sie in diesem Fall genau die Leistung, die in diesem Rahmen erbracht werden soll. In der Regel werden die Kosten der Datenrettung nach Begutachtung des Datenträgers durch die Techniker und Ingenieure geschätzt und danach wird dem Kunden ein Angebot unterbreitet. Allerdings hat zu diesem Zeitpunkt noch keine Datenrettung stattgefunden. Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen: Wann muss ich verbindlich was bezahlen? Was muss ich bezahlen, wenn meine Daten nicht gerettet werden können?
Was wären die Vorteile einer professionellen, kostenpflichtigen Diagnose? Folgende Gründe sprechen dafür: Die Datenrettung wird bereits komplett während der Diagnose durchgeführt. Der Kunde erhält eine Dateiliste mit den Daten, die rekonstruierbar sind. Das Angebot wird nach dem tatsächlich entstandenen Aufwand kalkuliert. Der Kunde hat auch noch die Möglichkeit, das Angebot abzulehnen, wenn das Preis-Leistungsverhältnis in seinen Augen nicht passt oder die Daten nicht mehr benötigt werden.
5. Behandlung der Anfrage und Diagnoseberichte
Werden Sie als Kunde vom Call-Center oftmals weiterverbunden und müssen alles erneut erklären oder ist der erste Ansprechpartner technisch versiert und wird auch Ihr Ansprechpartner bleiben? Nach Abschluss einer Diagnose sollten Sie als Kunde einen Diagnosebericht erhalten. In diesem sollte der physikalische und logische (sofern die Datenrettung möglich war) Status des Datenträgers beschrieben werden, sowie das Volumen der Daten, die rettbar sind. Seriöse Anbieter übermitteln dem Kunden Listen aller geretteten und gegebenenfalls defekten Dateien. Klären Sie daher vor Auftragserteilung, ob Ihr Datenretter diese Diagnoseberichte anbietet.
6. Firmensitz und Gerichtsstand des Datenretters
Der Gerichtsstand sollte im Inland und nicht im Ausland sein. Rechtsgrundlagen können in anderen Ländern – auch in europäischen – mitunter völlig unterschiedlich sein. Zudem ist es sehr schwierig, im Ausland eine Klage anzustreben (andere Rechtslage, Sprache, Kosten). Viele Firmen scheinen auf den ersten Blick ihren Sitz im Inland zu haben, jedoch stellt sich später heraus, dass dieser irgendwo auf der Welt ist. Man erkennt das zum Beispiel, wenn man die Adresse des vermeintlichen Firmensitzes in Google eingibt und auf einer Seite von virtuellen Office-Anbietern landet.
Außerdem sollten Sie sichergehen, dass der Datenretter tatsächlich die Dienstleistung zu 100 Prozent selbst erbringt und nicht an einen anderen Subunternehmer weitergibt. Lassen Sie sich die Zusicherung dieser Thematik und auch den Schutz Ihrer Daten durch AGBs oder schriftlich vom Datenretter geben. Seriöse Datenretter haben inländische Bankverbindungen – achten Sie auf ein vollständiges Impressum.
Mancher Anbieter von Datenrettungsservices verspricht zwar viel, hält aber nicht die angekündigte Servicequalität. Das kann mitunter über den Erfolg einer Datenrettung entscheiden.