Copilot für Microsoft 365 kombiniert die Leistungsfähigkeit von KI mit den Daten von Unternehmen – im täglichen Arbeitsfluss der Office-Welt.
In einer Zeit, in der unsere Arbeit von digitalen Tools geprägt ist, verspricht Microsoft Copilot ein echter Game-Changer zu werden. Als automatischer Assistent bietet das Werkzeug eine Fülle von Funktionen, die den Arbeitsalltag erleichtern und die Produktivität steigern sollen. Der Ausdruck Copilot hat sich regelrecht zu einem Gattungsbegriff des digitalen Assistenten entwickelt. »SAP CoPilot«, der »Einstein Copilot« von Salesforce, Microsoft mit »GitHub Copilot« für die Softwareentwicklung und »Copilot für Microsoft 365« – auch für Marina Scherz stehen die Copiloten symbolhaft für die unterstützende Arbeit durch Technik. »Der Mensch bleibt weiterhin der Pilot in seiner Arbeit. Die KI unterstützt wie eine Praktikantin oder ein Assistent, und sie ist auch Sparringpartner«, erwartet Scherz, die Themen wie Change Management & Workplace Advisory bei Avanade leitet.
Warum Unternehmen auf Copilot für Microsoft 365, auf dieses neue Tool für die Microsoft-Office-Welt setzen? Es ist eine Mischung aus Neugier auf technologische Innovation, die Möglichkeiten einer Steigerung der Produktivität aber auch Qualität am Arbeitsplatz und dem Druck des Markts – die Sorge, der Konkurrenz hinterherzuhinken –, zählt Scherz auf. »Wir hören von unseren Kunden, dass diese noch nie so schnell ein Projekt genehmigt bekommen haben, wie es aktuell der Fall ist«, beschreibt sie einen »Business Demand«, der derzeit überall zu spüren ist. Mit Postings auf Social Media zum Thema positionieren sich die Unternehmen als attraktive Arbeitgeber. Seit Jahrzehnten hat kein IT-Tool für so viel Interesse in der Arbeitswelt gesorgt. Die Beraterin bei dem IT-Dienstleister empfiehlt, sich früh genug mit den Möglichkeiten und Chancen auseinanderzusetzen – und »Prompting« zu üben, das Formulieren von Aufgaben an die KI.
Bild: Marina Scherz, Workplace Advisory bei Avanade: »So viel Interesse an einem Tool für den Arbeitslatz hat es noch nie gegeben.«
Einer Studie von Microsoft zufolge verbringen Büroarbeitskräfte 57 % ihrer Arbeitszeit mit Kommunikationsaufgaben, und 43 % ihrer Zeit mit dem Erstellen von Content. Microsoft möchte mit dem KI-Assistenten zunächst bei sich wiederholenden Arbeitsschritten wie Zusammenfassungen, Dokumentation, dem Strukturieren von Inhalten und Aufsetzen von Dokumenten wie etwa Präsentationen in Word, Excel, PowerPoint und OneNote ansetzen. Der Hersteller liefert ein Nutzenversprechen: 28 Euro Lizenzkosten pro User und Monat sollen sich für Unternehmen auch in einem »Return on Investment« auszahlen. Aus diesem Grund ist eine Begleitung in der Einführung des Werkzeugs in Unternehmen wichtig, mit Schulungen etwa zum Prompting in den unterschiedlichen Arbeitssituationen und dem Eingehen auf die persönliche Situation der Beschäftigen mit ihren Erwartungen und mitunter auch Ängsten. Wichtig dabei ist auch die Erstellung von »Use Cases« für praktische Anwendungsbereiche in Organisationen. Für Firmen essenziell sei zudem eine auf den Copilot zugeschnittene Cloud-Ablage von Dateien und Dokumenten. Das macht eine datenschutzkonforme Nutzung nach europäischem Recht möglich, sowie eine rollenbasierte Nutzung mit der Abgrenzung zu Dokumenten, auf die der Assistent nicht zugreifen soll. Es ist ein für den Einsatz in Unternehmen taugliches Gegenstück zu öffentlich zugängigen LLM-Services (»Large Language Model«), bei denen oft nicht klar ist, wie Ergebnisse zustande kommen und mitunter urheberrechtliche Diskussionen entflammen.
Feedback-Kultur nötig
Mit dem Ausprobieren und der Erfahrung werden die Formulierungen von Aufgabenstellungen an die KI mit der Zeit besser, die Ergebnisse präziser. Wichtig dabei, so die Expertin, ist das Feedback, dass dem Microsoft Copilot gegeben wird. Mit »Daumen nach oben« oder »nach unten« wird das Modell laufend trainiert. Die KI lässt sich nicht entmutigen – eine Aufforderung, 50 Marketing-Slogans zu erstellen oder das Umschreiben eines Absatzes in zehn verschiedenen Stilen wird ohne Murren erledigt. »Die User können nach Volumen fragen, anstatt auf eine einzige perfekte Antwort zu zielen«, erklärt Marina Scherz. Mittlerweile ist das Microsoft-Tool in deutscher Sprache ebenso firm, lediglich bei Dialekten steht es noch am Beginn der Lernkurve. Teilweise noch unerschlossenes Potenzial sieht diese Expertin in einer tiefgehenden Integration der Anwendungen untereinander.
Die Workplace-Beraterin nutzt den Copilot selbst im Edge-Browser, die Daten holt sich das Werkzeug aus der Microsoft-365-Wolke eines Unternehmens oder – sofern es ausdrücklich gewünscht wird – aus dem privaten Fundus der Userin. In den Office-Programmen, wie dem neuen Outlook, ist Copilot via Menübutton integriert und taucht beim Formulieren einer neuen Nachricht direkt im E-Mail-Fenster auf. Auch einfache Fragen nach den richtigen Formeln bei korrekter Beschreibung einer Aufgabe in Excel und das Erstellen von Grafiken beherrscht der Assistent. »Sie müssen so mit dem Copilot kommunizieren, wie sie mit einem Kollegen sprechen würden«, rät Scherz tatsächlich auch zur Freundlichkeit gegenüber der Maschine. Die Expertin platziert regelmäßig »bitte« und »danke« in ihren Prompts. Es ist ein Ausdruck ihrer positive Einstellung gegenüber einem neuen Superassistenten, der noch viel zu lernen hat.
Beispiele für den Nutzen
KI versetzt jede und jeden in die Rolle einer Managerin oder eines Managers – mit Copilot als Superassistenten.
1. »Schreib mir einen Entwurf zu diesem Thema«, »Kürze diese Arbeit auf vier Absätze«, »Reichere diesen Text mit Daten oder Informationen zu xy an«. In der Microsoft-Word-Umgebung zeigt sich der Copilot aktuell von seiner besten Seite. Textstile können automatisiert verändert werden, beispielsweise um diese formeller oder humorvoller, oder in einer anderen Sprache zu gestalten.
2. »Erstelle eine Präsentation mit 15 Folien im Steampunk-Stil«, »Fasse die Inhalte dieses Dokuments in einem Slide zusammen«. »Mach mir aus diesem Word-Dokument eine Präsentation«. Der Microsoft Copilot nimmt nicht nur das Kreieren von Slides mit Illustrationen oder Graphen ab, sondern hilft auch bei der schnellen Übersicht bei ausufernden Dokumentengrößen – indem die Quintessenz einer Präsentation knackig zusammengefasst wird.
3. »Welche Aufgaben sind für mich aus diesem Meeting entstanden?«, »Welche Themen sind für das nächste Gespräch mit meiner Projektleitung wichtig?« Der Copilot eignet sich für die Transkription von Microsoft Teams-Besprechungen, für die Erstellung von Protokollen und das Erfassen von Aktionen, die weiterverfolgt werden müssen.
4. »Welche Themen kommen heute im meiner Mailbox vor?«, »Welche Nachrichten betreffen mich persönlich – und was wird konkret von mir erwartet?« Mit den richtigen Fragestellungen wird eine Übersicht und die Priorisierung des Nachrichtenverlaufs erleichtert. In der Ergebnisliste wird auf die Quellen, beispielsweise ein konkretes Mail, referenziert – auch um »Halluzinationen« auszuschließen.
5. »Ich brauche ein Angebot mit folgenden Bedingungen und Inhalten für den Kunden x.« »Schreibe ein Konzept und strukturiere mir einen Workshop zum Thema y, das sich an diese Zielgruppe richtet.« Wiederholende ebenso wie neue Inhalte lassen sich einfach und schnell mit Copilot am Office-Arbeitsplatz erstellen.
Aus der Praxis gesprochen
Bild: Der IT-Dienstleister Bechtle hat den Einsatz von Copilot für Microsoft 365 für 5.000 Mitarbeitende in 14 Ländern gestartet. Wir haben mit Gerhard Göschl, IT-Business Architect Bechtle Austria, über seine persönliche Erfahrung mit dem Einsatz des KI-Assistenten gesprochen.
Welchen Nutzen liefert Microsoft Copilot im Arbeitsalltag konkret?
Gerhard Göschl: Copilot für Microsoft 365 ist direkt in Anwendungen wie Word, Excel, PowerPoint, Outlook und Teams integriert, was ihn auch so einzigartig macht. Durch die Eingaben von natürlicher Sprache unterstützt Copilot bei der Bearbeitung von Routinetätigkeiten bis hin zu Vorschlägen für komplexe Aufgaben wie zum Beispiel das Erstellen eines Strategiepapiers. Der Assistent kann Textvorschläge erarbeiten, Tabellen erstellen und auswerten, ansprechende Präsentationen gestalten oder auch E-Mail-Antworten vorschlagen. Die Software referenziert auch auf bereits erstellte Dokumente. Sie kann auf Wunsch Informationen aus E-Mails, Besprechungsaufzeichnungen, Chats und aus dem Internet liefern – bei Erfüllung aller Datenschutz- und IT-Sicherheits-Anforderungen in Unternehmen.
Wo nutzen Sie Microsoft Copilot auch selbst?
Göschl: Konkret etwa für die Bearbeitung von Anfragen – ich überprüfe die Antworten, passe sie an und ergänze sie. Texte sind damit schneller und einfacher fertiggestellt. Eine weitere Nutzung ist im Rahmen meiner regelmäßigen Teams-Besprechungen. Am Ende der Besprechung werden automatisch Notizen zum Meeting erstellt und Folgeaufgaben formuliert – eine extrem wertvolle Hilfe. Knapp eine Viertelstunde nach einer Besprechung kann ich das Besprechungsprotokoll mit den jeweiligen To-Dos ausschicken. Gleichzeitig bin ich in Meetings voll präsent, ohne mittippen zu müssen. Und kommt man einmal später zu einer Besprechung, bietet der Copilot die Zusammenfassung der schon besprochenen Themen an.
Auf einen Blick: Das ist Microsoft Copilot
Microsoft Copilot ist eine Assistentenfunktion mit künstlicher Intelligenz für Microsoft-365-Anwendungen und -Dienste, Windows 11 und die Suchmaschine Bing. Die Nutzung von Copilot für Microsoft 365 ist ab Mitte 2023 für eine eingeschränkte Zahl an Unternehmen auch in Österreich offen gestanden (»Early Access Program«) – zunächst mit einer Mindestbestellmenge von 300 Arbeitsplatzlizenzen. Heute steht die Nutzung allen Unternehmen und Privatnutzer*innen standardmäßig für 28 Euro pro Monat und User offen, mit Großunternehmen handelt Microsoft in der Regel individuelle Preismodelle aus. Copilot nutzt das Sprachmodell GPT-4 von OpenAI in Kombination mit Microsoft Graph, der technischen Schnittstelle für die Verknüpfung von Anwendungen und Daten in Microsoft-Umgebungen. Im Browser Microsoft Edge wird Copilot in der Seitenleiste platziert.
Tipps für dem Umgang mit Microsoft Copilot in Unternehmen
1. Abgrenzen. Das Werkzeug funktionieren so gut, wie die Datenbasis und Struktur von Dokumenten dahinter aussieht. Auf welche Inhalte in meinem Unternehmen soll der Copilot Zugriff haben? Was muss aus Datenschutz- oder Sicherheitsgründen ausgeschlossen werden? Auf Unternehmen zugeschnittene KI-Modelle wie Microsoft Copilot lassen eine Feinabstimmung zu, die auch verschiedene Nutzerrollen und Zugriffsrechte berücksichtigt.
2. Lernkurve. »Prompting« ist wie Gehen lernen – das will fleißig geübt werden. Die Formulierungen von Aufgabenstellungen an die KI werden mit der Zeit besser, die Ergebnisse präziser – vorausgesetzt, Copilot und Anwender*in trainieren gemeinsam und lernen voneinander. Eine Prompt-Kultur kann von Anwendung zu Anwendung verschieden sein. Passt ein Ergebnis nicht, sollte der User den Grund dafür erklären. Nur so kann sich die KI verbessern. Dazu sind auch Räume fürs Experimentieren wichtig.
3. Beispiel. Sobald in Organisationen gut funktionierende Beispiele für Prompts und Anwendungsfälle entdeckt werden, lohnt sich das Anlegen von »Use Cases« und der Aufbau einer »Prompting Library« für alle. Beispiele dazu: »Dieser Prompt hat für die Zusammenfassung von Mails in Outlook immer funktioniert« oder »Das hat mir die besten Präsentationen erstellt.«