Samstag, Mai 11, 2024

Mit mehr als 24.000 fehlenden Mitarbeiter*innen bleibt der IT-Fachkräftemangel in Österreich weiterhin bestehen, Tendenz steigend. Das schadet der Wettbewerbsfähigkeit der gesamten heimischen Wirtschaft. Schuld ist unter anderem die hohe Dropout-Quote an den Hochschulen.

Titelbild (v.l.n.r.): Norbert Wohlgemuth (Kärntner Institut für Höhere Studien), Alfred Harl (Obmann Fachverband UBIT), Maria Pernegger (CoderDojo Steyr/MediaAffairs) und Martin Zandonella (Obmann-Stv. Fachverband UBIT) bei der Präsentation des IKT-Statusreport 2022 am 02. März 2023. (Credit: FV UBIT/LIEB.ICH Productions)

Für den Fachverband Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) liegt eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel in der Bildung. Fachverbandsobmann Alfred Harl meint: „Der aktuelle IKT-Statusreport zeigt eindeutig, dass hier ein Umdenken stattfinden muss, wie neue Fachkräfte für den IT-Standort Österreich gewonnen und bestehende im Job gehalten werden können.“ Seit Jahren brechen immer mehr Studierende ihre IT-Ausbildung ab. Die Dropout-Quoten an Österreichs Hochschulen liegen im Durchschnitt bei rund 38 Prozent - und an einzelnen Institutionen sogar noch über der 50-Prozent-Marke.

Der Nachwuchs wird knapp

„Seit Jahren beobachten wir eine besorgniserregend hohe Dropout-Quote an den Universitäten und Fachhochschulen im IKT-Bereich. Die Studierenden, die abbrechen, sind genau die IT-Expert:innen, die den Unternehmen am Ende fehlen“, erläutert Martin Zandonella, Obmann-Stellvertreter des Fachverbands UBIT. „Die tertiäre Ausbildung im IKT-Bereich muss umgestaltet werden, damit die Abbruch-Quoten sinken.“

Laut IKT-Statusreport 2022 belegten rund 18.000 Studierende im Wintersemester 2021/22 Plätze in IKT-Studien. Zwar nahmen die Dropout-Quoten in den Informatikstudien leicht ab, bleiben aber dennoch hoch. In den Masterstudien zur Informatik liegt die Dropout-Quote mit 48 Prozent noch deutlich über der Dropout-Quote der Bachelorstudien - das aber lässt sich zumindest teilweise auf sogenannte ‚Jobouts‘, also Studierende, die das Studium abbrechen, um direkt in einen Job zu wechseln, zurückführen. Die Dropout-Quote der Bachelorstudien belaufen sich an den Universitäten auf 40 Prozent, das entspricht 4.300 Student*innen - verlorenen Fachkräften. „Die Dropouts bei den Bachelorstudien sind daher besonders schmerzhaft“, sagt Zandonella.

Der Report enthält auch einen Vergleich mit ausgewählten OECD-Staaten: So betrug im Jahr 2020 der Anteil von IKT-Studien am Studienvolumen im gesamten tertiären Bereich unter 16 betrachteten Staaten 4,5 Prozent. Diese Anteile reichen von rund 2 Prozent in der Türkei bis zu 8 Prozent in Israel und knapp 10 Prozent in Finnland und Estland. Österreich liegt mit 5 Prozent im Mittelfeld. „Diese Zahlen zeigen die Herausforderungen, vor denen Österreich steht, um zu den IT-Spitzenreitern aufzuschließen“, meint Studienleiter Norbert Wohlgemuth vom Kärntner Institut für Höhere Studien (KIHS).

Wege zu mehr Qualifikationen: Quereinsteiger und frühe Bildung

Die fehlenden Stellenbesetzungen resultieren gemäß aktueller Daten in einem jährlichen Wertschöpfungsverlust von 4,2 Milliarden Euro. Unternehmen können ihre offenen IT-Positionen nur noch durchschnittlich zu 75 Prozent besetzen.  „Bildung und eine hohe Qualifikation sind das Grundfundament für eine Karriere im IT-Sektor. Genau deswegen ist es nun Zeit, diese zu reformieren, um Dropout-Quoten zu drücken“, fordert Zandonella. „Es müssen rasch alternative Wege in die IT gefördert und beworben werden.“ Dazu zählen laut Obmann-Stellvertreter etwa andere Einstiegsmöglichkeiten in die IT-Branche, wie die IT-Lehre oder die Duale Akademie für Maturant*innen und Studienabbrecher*innen. „Ein Fokus muss zudem weiter am Ausbau der informatischen Grundbildung ab der Volksschule liegen, einhergehend mit einer Reform der Berufsberatung in der Sekundarstufe“, meint Zandonella.

Wichtig sei es, sowohl kurzfristige als auch langfristige Anreize zu schaffen, meint Maria Pernegger, Initiatorin des CoderDojo Steyr: „Kinder lernen spielerisch, und sie brauchen den Zugang zu Technik und IT in einem jungen Alter. Es braucht bereits in der Elementarpädagogik institutionelle Angebote, die diesen Umgang fördern.“ Von solchen Angeboten gibt es allerdings aktuell zu wenige.

Eine Erhöhung des Frauenanteiles bei IKT-Studienabschlüssen um 10 Prozent könnte nach aktuellem Stand ein Plus von mehr als 1.500 Absolventinnen bringen. Diese potenziellen Absolventinnen müssen jetzt aktiviert werden, unterstreicht Harl. „Angesichts der schon fehlenden Fachkräfte und jener, die in den kommenden fünf Jahren in Pension gehen werden, ist es unabdingbar, alle verfügbaren Potenziale, die der IT-Branche zu Verfügung stehen, zu aktivieren.“

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