Mittwoch, November 20, 2024
Auf dem Infrastruktursymposium Future Business Austria warnten Experten vor einer Schuldenfalle für die Infrastrukturpolitik. Eine koordinierte IKT-Strategie wollen nur wenige erkennen können.

2008 liegt das Potenzial der österreichischen Wirtschaft, das brachliegt, weil sie an die Grenzen einer unzureichend ausgebauten Infrastruktur stößt, aus Sicht der heimischen Manager bereits bei 33,8 Mrd. Euro. »Auf diese Weise reduziert Österreich seine Wertschöpfungs-, Wachstums- und Beschäftigungschancen massiv, während andere Länder sie durch einen zeitgemäßen Ausbau der Infrastruktur nutzen«, verglich Future Business Austria-Initiator David Ungar-Klein auf einem Symposium in Wien Anfang November. Die Sensibilisierung von Entscheidungsträgern in der Wirtschaft für Infrastrukturthemen sei hoch wie nie: Laut einer Umfrage von Meinungsforscher Peter Hajek muss Österreich mit Blick auf die Zukunft vor allem mehr für seine IKT-Infrastruktur tun. Bei IKT steigt der geortete Verbesserungsbedarf, während er in allen anderen Infrastrukturbereichen stagniert oder – im Kontext der Konjunkturbelebungsmaßnahmen – sinkt. So sieht heuer jeder zweite befragte Manager großen Aufholbedarf im IKT-Bereich. Gegenstand sind vor allem Investitionsanreize für ein leistungsfähiges Glasfasernetz in ganz Österreich. Die Bewertung der staatlichen Infrastrukturpolitik durch die befragten Manager fällt sehr kritisch aus: 80 Prozent bezeichnen sie als »Stückwerk«, nur 18 Prozent können eine »koordinierte Politik« erkennen. Eine Infrastruktur-Gesamtstrategie nehmen nur 28 Prozent der Befragten wahr.

Nach Meinung der heimischen Manager führt die expansive Schuldenpolitik Österreichs als Ergebnis von 2008 beschlossenen Wahlgeschenken und 2009 gesetzten Maßnahmen zur Krisenbekämpfung dazu, dass die Infrastrukturpolitik in der Schuldenfalle steckt. 70 Prozent der Befragten befürchten, dass die Infrastrukturinvestitionen der Zukunft unter der Staatsverschuldung leiden werden.


Sager des Monats zum Thema Breitbandausbau

»Wenn sich jedes Jahr das Volumen des Internetverkehrs verdoppelt, müssen neue Ansätze der Nutzung von Breitbandinfrastruktur her«,

sieht Roland Türke, IKT & Breitbandkoordinator, Wiener Stadtwerke Holding AG.

»Die Mutter der Infrastruktur ist die Künette, davon gibt es im städtischen Bereich sicherlich genug. Doch auch in Wien können Leitungen nicht überall problemlos und kostengünstig verlegt werden. Die logistische Herausforderung ist gerade in den Städten enorm«,
stellt Türke klar.

»Je höher der Wettbewerb und je intensiver der Markt von Anbietern umkämpft wird, desto eher ist die Bereitschaft zur Zusammenarbeit«,
berichtet Dietmar Appeltauer, Leiter Zentral- und Osteuropa Nokia Siemens Networks, von Strömungen im Infrastrukturausbau in anderen Ländern.

»Auch in Österreich hat sich durch den zunehmenden Kostendruck in den letzten beiden Jahren diese Bereitschaft sehr geändert«
,
hat Appeltauer beobachtet.

»Für kooperative Ansätze im Breitbandausbau gibt es eine Menge Stolpersteine in Österreich – von der Regulierungsbehörde angefangen über die Bundeswettbewerbsbehörde bis hin zur Kartellbehörde«,
zählt Siegfried Mayrhofer, Finanzvorstand Telekom Austria TA AG, auf.

»Auf den Kapitalmärkten werden stabile und sichere Rahmenbedingungen gefordert. Es gibt zwar viele Absichtserklärungen, aber für einen signifikanten Glasfaserausbau in Österreich müssen all diese Schwierigkeiten gelöst werden«
,
fordert der Experte.

»Wir wären schon glücklich, wenn nicht die Trittbrettfahrer unter den Providern bei künftigen Entscheidungen der Regulierungsbehörde bevorzugt werden«,
wünscht sich Mayrhofer von der Regulierungspolitik in Österreich.

»Es wäre unendlich vorteilhaft, wenn es eine Abstimmung zwischen Regulierungsbehörde und Wettbewerbsbehörde geben könnte. Dies gilt nicht nur für Entscheidungen zum Glasfaserausbau, sondern grundsätzlich«,
sagt der TA-Manager.

»Jenes Unternehmen, das tatsächlich viel Geld für einen Infrastrukturausbau in die Hand nimmt, verdient auch einen Risikozuschlag in der Regulierung«
,
so Mayrhofer.

»Infrastrukturinvestitionen sind Langzeitinvestitionen. Dem gegenüber haben wir das Problem, dass wir ein Kurzzeitministerium sind. Wir haben seit dem Jahr 2000 mittlerweile den sechsten Infrastrukturminister«,
hat Ministerialrat Alfred Stratil, Bereichsleiter Telekom und Post im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, im Laufe der Jahre manchen Beschlusstext wiederholt überarbeitet.

»Es ist stets Regulierung mit Augenmaß gefragt. Regulierungsbehörden neigen ja dazu, einen Regulierungsreflex zu entwickeln
«,
weiß Stratil aus eigener Erfahrung als Postregulator.

»In einer Sparte mit der Notwendigkeit zu langfristigen Planungen und einer politischen Strategie, auf der aufgebaut werden muss, ist das natürlich kontraproduktiv«,

meint ebendieser.

»Ein wesentlicher ungeklärter Punkt in Österreich ist, wie Investitionen in die Infrastruktur zurückverdient werden können«,
fragt sich Erwin Teufner, Technikvorstand Alcatel-Lucent.

»Jede brancheninterne als auch branchenübergreifende Initiative zum Ausbau eines leistungsfähigen Breitbandnetzes ist zu begrüßen und wird von uns aufgegriffen werden«,
verspricht Drei-CEO Berthold Thoma.

»Auf welche Weise jetzt Infrastruktur ausgebaut wird und wer auf welcher Ebene mit wem zusammenarbeitet – das interessiert doch die Kunden nicht. Die wollen einfach, dass Ihre Services laufen und Anwendungen verfügbar sind.«

Ralph Ulmer, Geschäftsführer Deutsche Telekom Value Added Services Austria, hat das Schlusswort.

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