Montag, Juli 01, 2024
"Sehen Wandel in Richtung M-Government"

Wilhelm Petersmann ist seit über fünf Jahren Geschäftsführer von Fujitsu in Österreich, seit 2012 Managing Director bei Fujitsu in der Schweiz. Was sich in diesem halben Jahrzehnt verändert hat, welche neuen Rahmenbedingungen in Österreich geschaffen wurden und welche Schatten und Chancen die Digitalisierung vorauswirft, verrät er im Interview. 

Report: Während Deutschland erst 2020 das Onlinezugangsgesetz etabliert hat, um die analogen Bürgerleistungen ins digitale Zeitalter zu heben, hat Österreich bereits 2004 erste Bestrebungen gezeigt – ist Österreich ein Vorreiter oder hat die Republik dennoch einiges aufzuholen?

Wilhelm Petersmann: In Österreich bildet das E Government-Gesetz die Basis im digitalen Recht, 2004 ist es in Kraft getreten, 2018 wurde es novelliert. Gerade im Bereich E-Government ist Österreich im Vergleich zu den anderen beiden Ländern des DACH-Raumes sehr gut aufgestellt, selbstverständlich ist aber immer Luft nach oben. Es lässt sich auch ein starker Wandel in Richtung M-Government beobachten – E(lectronic)-Government wird zu M(obile)-Government, die Nutzung von diversen Services erfolgt also über das Smartphone. Das ist nicht weiter überraschend, immerhin beträgt laut Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort die Marktdurchdringung von Smartphones in Österreich mittlerweile 94 Prozent.

Report: Der eGovernment Monitor der Initiative D21 zeigt eine Topplatzierung für Österreich in der E-Government-Nutzung im DACH-Vergleich. Wie schafft es Österreich, hier so fortschrittlich zu sein?

Petersmann: Ja, erfreulicherweise belegt Österreich mit 76 Prozent den Platz eins der E-Government-Nutzung in DACH, Deutschland vermeldet im Vergleich dazu 52 Prozent. Hierzulande ist vor allem die elektronische Patientenakte gut entwickelt und weit verbreitet. Fast acht von zehn (79 %) kennen diese und fast ein Drittel (29 %) nutzt sie auch. Wirft man einen Blick zu unseren Nachbarn, so zeigt sich, dass sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz bloß fünf Prozent der Bevölkerung eine elektronische Krankenakte verwenden. Die Corona-Pandemie hat uns deutlich vor Augen geführt, wie wertvoll digitale Gesundheitsservices sind. Österreich hat das tatsächlich früh erkannt, indem niederschwellige Systeme, die einfach zu bedienen sind, etabliert wurden. Ich glaube aber, dass es weiteres Potential gibt, um noch mehr Bürgerinnen und Bürger bei diesem Thema abzuholen. Vieles ist immer noch nicht selbsterklärend und zu kompliziert gedacht – dabei gilt es vor allem, die Wissens- und Alterslücke zu schließen. 

Report: Wird Ihrer Einschätzung nach in Österreich bereits bei Kindern und Jugendlichen Wert auf digitale Bildung gelegt?

Petersmann: Ich finde hier einen Ansatz mit zwei Richtungen wertvoll. Einerseits hat die Regierung die „Digitale Schule“ implementiert, um auf IT-gestützten Unterricht zu setzen und diesen zu finanzieren. Im Lehrplan ist eine Sensibilisierung für digitale Inhalte, den Umgang mit dem Internet und all seinen Vor- und Nachteilen sowie das technische „How-to“ wichtig. So erlernen Kinder und Jugendliche, wie gewisse Rahmenbedingungen in der digitalen Welt funktionieren, an welche Regeln man sich halten muss – Stichwort Social Media – und auch, wie einzelne Programme funktionieren. Denn, und das ist der zweite Punkt, den spielerischen Umgang mit Digitalisierungsfortschritten lernen Kinder und Jugendliche oft nebenbei, in ihrem Alltag. Dafür braucht es zumeist keine Einschulung, das erfolgt über „Learning by doing“ und die Kleinen sehen bei den Großen, welchen Stellenwert Handys, Computer und Tablets einnehmen. Neue Programme, Apps, Anwendungen und Features werden wie selbstverständlich in die tägliche Nutzung integriert. Wichtig ist, auf Gefahren aufmerksam zu machen und auf potenzielle Stolpersteine hinzuweisen. Und natürlich vor allem, junge Menschen für IT zu begeistern. 

Report: Der Fachkräftemangel wird vielen Branchen hierzulande zur Last, top-qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind oft rar. Sehen Sie das auch im IT-Sektor?

Petersmann: Der Mangel an Fachkräften im technischen Bereich ist evident – dort bleiben beispielsweise im Mittelstand circa in jedem vierten Unternehmen Stellen unbesetzt, wie Studien zeigen. Auch die Management-Ebene ist sich hier einig – laut Österreichischem Infrastrukturreport 2021 der Initiative Future Business Austria melden knapp 60 Prozent, dass es nicht genug Fachkräfte im Telekommunikations- und Informationstechnologiebereich gibt. Der Digitalisierungsschub durch die Coronakrise hat auch den Fachkräftemangel im IT-Bereich weiter verschärft. Denn durch den steigenden Bedarf an digitalen Alternativen wurde auch der Ruf nach Personal laut, das diesen tragen und treiben kann. 

Report: Wie wirken Sie dem Fachkräftemangel bei Fujitsu entgegen? 

Petersmann: Wir versuchen, stets aktiv auf die Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen und hören genau zu. Wichtig ist es, Möglichkeiten zu schaffen, um Beruf und Privatleben effektiv zu vereinbaren. Wir setzen gezielt KI, Machine Learning und Robotic Process Automation ein, um grundlegende Prozesse, wie beispielsweise Onboarding-Aktivitäten oder die Automatisierung von Serviceanfragen, zu vereinfachen und unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter so zu entlasten. Mit dem Ansatz, den Mensch in den Mittelpunkt zu stellen, ist Fujitsu gut aufgestellt, um entsprechende Dienstleistungen, Arbeitsumgebungen und Technologien bereitzustellen, die für einen modernen, persönlichen und flexiblen Arbeitsplatz erforderlich sind.

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