Dieter Ferner ist angetreten, das erweiterte Portfolio von NTT Ltd. noch stärker auf dem österreichischen Markt zu positionieren. Der neue Vice President Sales und Marketing im Gespräch mit dem Report.
Report: NTT hat in Österreich mit dem historischen Hintergrund von Dimension Data, vormals NextiraOne und Alcatel e-business, einen Schwerpunkt bei Kommunikations- und Kollaborationslösungen. Mit welchem Ziel sind Sie in diesem Bereich angetreten?
Dieter Ferner: Das Netzwerk- und Telefoniegeschäft ist mit unseren Bestandskunden weiterhin wichtig. Unsere Kundenbasis mit unseren größten Herstellerpartnern Alcatel-Lucent und Cisco ist über alle Sektoren enorm – von Public über Retail bis zum Consumer-Markt. Bei den Themen Intelligent Workplace und Collaboration werden wir als stärkster Technologiedienstleister in Österreich wahrgenommen. Wir wollen dieses Geschäft nicht nur erhalten, sondern weiter ausbauen.
Wir richten uns nach den Kunden und nach dem Bedarf am Markt. Unser Auftrag ist eine gute Umsatzsteigerung und die Erhöhung des Deckungsbeitrages. Das wird uns nicht in einem Preiskampf mit den Hardwareherstellern gelingen, sondern über Mehrwert, den wir mit »High Valued Services« verkaufen. Das heißt: Wir leben unsere Rolle als Lösungsintegrator. Wir bieten Unternehmen die komplette Bandbreite der IT-Themen als unterstützende Werkzeuge an. Der Trend geht von der reinen Telefonie weg, in Richtung Netzwerk, WAN und SD-WAN, Connectivity und in einem weiteren Schwerpunkt Security. Alles, was wir unseren Kunden anbieten – sei es in Workshops, bei Penetration-Test oder als Service – ist »secure by design«. Diesen Anspruch stellen wir auch an die Hersteller, mit denen wir zusammenarbeiten.
Report: Welche weiteren Themen wollen Sie aus dem internationalen Portfolio von NTT nach Österreich bringen?
Ferner: NTT bietet eine weltweite Expertise mit zahlreichen »Centers of Excellence« – mit deutschsprachigen Expertinnen und Experten für unterschiedlichste Technologiethemen, ebenso wie Topleute in allen Zeitzonen für Unternehmen mit der Zentrale in Österreich, die aber über die Grenzen hinaus tätig sind. Die Transformation der Wirtschaft hat auch uns erfasst. »Trusted Advisor« und »Consultative Selling« sind Schlagworte dazu.
Wir verbringen mehr Zeit mit den Kunden, um gemeinsam Probleme zu antizipieren und Lösungen vorzuschlagen – damit dieser wieder einen Mitbewerbsvorteil gegenüber Marktbegleitern bekommt. Im Portfolio sind beispielsweise auch SAP und S/4HANA: Mit dem Unternehmen itelligence in der NTT-Familie haben wir europäische Spezialisten mit Expertise und Ressourcen, die Kunden in diesem Themenfeld betreuen können. NTT Austria ist hier Vertriebsarm und Generalunternehmer bei Projekten und wir haben auch Technologieexperten in Österreich. Bei der Beratung zu SAP-Applikationen und Businessprozesse haben wir den SAP-Berater SCC als Partner.
Report: Welche Themen sehen Sie im Zuge bevorstehender HANA-Migrationen bei vielen Unternehmen kommen?
Ferner: Wenn man ein Standard-ERP-System mit Standardsoftware im Einsatz hat, wird man sich beim Umstieg relativ leicht tun. Nur kenne ich keinen einzigen Kunden, der Standard-SAP einsetzt. Es gibt immer Anpassungen und Adaptierungen, die hinzuprogrammiert worden sind. Genau dieser Umstand kann Schwierigkeiten verursachen. Ich sehe eine Migration auf die neue Plattform eher früher als später sinnvoll – unabhängig davon, welche Deadlines SAP setzt, ob das 2027 oder mit einer verlängerten Gewährleistung 2030 werden wird. Denn irgendwann werden die Personalressourcen am SAP-Markt sehr knapp werden. Der Flaschenhals wird sicherlich gegen Ende dieser Migrationsfrist enger. Wer jetzt gewisse Dinge organisatorisch vorziehen und vorbereiten kann, hat einen Vorteil.
IT-Infrastruktur wird auch im SAP-Umfeld zunehmend hybrid erbracht werden. Wir können Daten und Workloads weiterhin lokal abbilden, haben aber auch internationale Partnerschaften mit Microsoft und Amazon Web Services. So werden sich Unternehmen bei einer HANA-Migration vielleicht entscheiden, mit ihren IT-Prozessen künftig ganz in die Public Cloud oder zumindest hybrid zu gehen. NTT hat die Expertise und bereits die Referenzen dazu.
Report: Wie wird heute eine Telefonanlagenlösung in Unternehmensprozesse eingebunden?
Ferner: Ein aktuelles Beispiel ist eine Partnerschaft, die wir im September mit Red Bull gestartet haben. In dem Programm »Red Bull Basement« wählt das Unternehmen gemeinsam mit Universitäten Innovationsprojekte in 27 Ländern aus. Das Thema ist die positive Veränderung unserer Welt. NTT stellt dazu die Technologieplattform für hybride und virtuelle Events, für Konferenzen und die Zusammenarbeit bereit. Hier kommen unsere Technologielösungen für den intelligenten Arbeitsplatz zum Einsatz, während die Studierenden – die ein wichtiges Marktsegment für Red Bull bilden – in Teams an einer Vielzahl von Themen arbeiten. Das geschieht über mehrere Orte verteilt und international.
Report: In welcher Weise kann IT in weitere Unternehmensprozesse eingebunden werden?
Ferner: Bei der Tour de France sponsern wir die gesamte IT – von der Übertragung bis zum Einsatz von Artificial Intelligence, Augmented Reality und IoT, um die Vitaldaten der Fahrer, die Geschwindigkeit des Rades, Bewegungen im Zahnkranz und vieles mehr zu analysieren. Diese Daten können auch die Beobachter zuhause mit einer App nachverfolgen.
Mit Machine Learning und IoT sind wir auf ähnliche Weise konkret auch in Projekten mit der Automobilindustrie – darunter auch bei Unternehmen in der Steiermark – aktiv. Hier geht es etwa um das Monitoring der Bremsscheiben in Fahrzeugen. Wie abgenützt werden diese zu einem bestimmten Zeitpunkt sein? Gleiches wird bei Maschinen unternommen, um die Planung von Wartungsfenstern zu optimieren und so Stehzeiten und Lagerkosten zu verringern.
In Japan wurde von NTT ein »Smart Stadion« mit 50.000 Zuschauern Größe komplett mit IoT und verschiedensten Messgeräten ausgestattet. Customer Experience bedeutet hier, dass Daten der Fußballspieler am Feld wie beispielsweise Herzfrequenz, Kalorienverbrauch, Schrittanzahl und Ballgeschwindigkeit ebenfalls über eine App zu Verfügung stehen. Das wäre auch für den Tennissport spannend – um vielleicht zu sehen, wie sich der Puls der Spieler von Satz drei auf Satz vier in einem spannenden Match ändert.
Wir können die passenden Produkte am Markt für den jeweiligen Bedarf und Kunden auswählen, ein Solution Architect designt und baut die Lösungen entlang den Prozessen beim Kunden.
Report: Wie ist es NTT vertrieblich in den letzten Monaten ergangen? Sind im Lockdown die Verkäufe für Arbeitsplatzinfrastruktur für die Homeoffices durch die Decke gegangen – oder hatten Unternehmen, die nicht bereits dafür aufgestellt waren, ohnehin größere Probleme?
Ferner: Viele Unternehmen in Österreich waren gut vorbereitet. Trotzdem gab es global massive Umsatzzuwächse bei Plattformherstellern – mit denen wir ebenfalls zusammenarbeiten – wie WebEx oder Microsoft Teams. Unternehmen, die nicht bereits über die Infrastruktur verfügten, mussten kurzfristig investieren. Die Hersteller haben in der Krise aber auch kundenorientiert reagiert und ihre Kollaborationsplattformen für eine gewisse Periode teilweise kostenlos zu Verfügung gestellt. Wir haben sie dabei unterstützt, diese Prozesse möglichst schnell zu integrieren, auch bestehende Technologien anzupassen und auf den neuen Bedarf abzustimmen. Die Herausforderung war auch das Management der Verfügbarkeit der Personalressourcen in unserer eigenen Organisation, da auch wir Mitarbeiter in Kurzarbeit hatten.
Report: Wie es IT-Dienstleistern in der Krise ergangen ist, war auch von der Situation in den Branchen abhängig, in denen die Kunden tätig sind. Welche Branchenschwerpunkte haben Sie bei den Kunden?
Ferner: Wir sind über alle Wirtschaftsbereiche verteilt aktiv. Das beginnt bei produzierenden Unternehmen, geht über Gesundheitsbereich und Public Sector bis zu Organisationen des öffentlichen Bereichs, die international Außenstellen haben. Gerade der Public Sector war bei Dimension Data traditionell stark und das prägt auch unser Geschäft heute, das in diesem Bereich auch heuer stabil war. Hier gibt es Wartungs- und Dienstleistungsverträge längerer Laufzeiten – nicht ein oder zwei Jahre, man spricht eher über sieben oder zehn Jahre.