Experten von epicenter.works, noyb.eu und SBA Research evaluieren die Stopp Corona-App des Roten Kreuzes auf Datensicherheit und Datenschutz. Es wurden keine kritischen Sicherheitslücken gefunden, jedoch einiges Verbesserungspotential bei der Umsetzung des Datenschutzes identifiziert.
Viele empfohlene Verbesserungen wurden bereits vom ÖRK umgesetzt. Innerhalb des bestehenden Systems wurden einige dieser Punkte bereits heute implementiert, andere benötigen langfristige Änderungen - auch durch Apple und Google.
Hintergrund zur Prüfung. Das Österreichische Rote Kreuz (ÖRK) und Accenture GmbH haben den Quellcode der Stopp Corona-App (Version 1.1) epicenter.works, noyb.eu und SBA für eine Analyse zur Verfügung gestellt, um die Software im Hinblick auf IT-Security, Datenschutz und rechtliche Aspekte zu analysieren. Die Analyse erfolgte unentgeltlich.
25 Empfehlungen. Experten von epicenter.works, noyb.eu und SBA Research haben die Applikation sicherheitstechnisch und im Hinblick auf Datenschutz überprüft und ihre Erkenntnisse und 25 Empfehlungen in einem Bericht (PDF) zusammengefasst. Die Ergebnisse wurden in einer Pressekonferenz am 22. April 2020 präsentiert, der vollständige Bericht ist auf den jeweiligen Websites der Organisationen abrufbar (epicenter.works, noyb.eu und sba-research.org).
Accenture (die die App für das ÖRK programmieren) hat bereits zugesagt 16 der Empfehlungen mit einem “Hotfix” heute, drei der Empfehlungen mit der nächsten Version der App und vier Empfehlung in etwa vier Wochen umzusetzen.
Dezentrales Konzept. Die App basiert zwar auf einer dezentralen Speicherung der Daten auf dem eigenen Handy - die Kommunikation zwischen den Telefonen passiert aber noch weitestgehend über zentrale Server, da das relevante Bluetooth-Protokoll zu wenig Daten zwischen den Mobiltelefonen übertragen kann.
Thomas Lohninger, Geschäftsführer epicenter.works: “Inzwischen gibt es mit Konzepten wie DP-3T oder Co-Epi Lösungen, die auch den Großteil der Kommunikation direkt von Handy zu Handy ermöglichen und damit noch datenschutzfreundlicher sind. Wir empfehlen dem ÖRK, sobald das technisch möglich ist, auf dieses Konzept zu wechseln.” Hierzu ist insbesondere auch eine angekündigte technische Umstellung von Apple und Google notwendig, damit die App auch auf iPhones reibungslos funktioniert.
Technische Prüfung. Grundsätzlich bescheinigen die Fachleute der App im Hinblick auf sicherheitstechnische Aspekte und Fragen den Datenschutzes ein gutes Ausgangsniveau, empfehlen jedoch eine Reihe von Nachbesserungen. Christian Kudera, IT-Sicherheitsexperte SBA Research: “In der App war eine Statistikfunktion eingebaut, die den Kontaktaustausch über Bluetooth und den Empfang von Infektionsnachrichten an das Rote Kreuz übermittelt hat. Die Statistikfunktion wurde aufgrund unserer dringenden Empfehlung umgehend entfernt.”
Ein weiteres Problem ist das Offline-Tracking von Geräten. Christian Kudera, IT-Sicherheitsexperte SBA Research: “Es ist für Angreifer möglich, Smartphones über längere Zeiträume an bestimmten Orten wiederzuerkennen und im Extremfall Bewegungsprofile zu erstellen. Uns wurde zugesagt, dass dieses Problem mit einer neuen Version in der Ende nächster Woche behoben wird.” Nutzer*innen können als Zwischenlösung den automatischen Handshake deaktivieren.